a story of mine

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StimmeausdemOff

a story of mine

Beitrag von StimmeausdemOff »

Hallo, liebe Forenmitglieder!

Ich bin 18 Jahre alt und leide seit 9 Jahren an einer Zwangsstörung, die im Laufe der Zeit ein bedenkliches Ausmaß angenommen hat.

Mit 9 Jahren war ich irgendwann aus heiterem Himmel dazu gezwungen, einen selbst formulierten Text in Gedanken so oft zu wiederholen, bis es "richtig" war. Dieser Text hat sich immer mal wieder verändert und bestand daraus, dass ich in einer ganz bestimmten Reihenfolge aufzählen musste, wer meine besten Freunde und Lieblingssänger/innen sind, wie ich mich Menschen gegenüber verhalte (denn dafür hatte ich bestimmte Vorbilder) und worauf ich mich beispielsweise aktuell freuen kann. Irgendwann musste ich auch den Tagesplan in Gedanken ordnungsgemäß abhaken. Wenn ich irgendeinen Fehler gemacht, etwas vertauscht, verwechselt oder vergessen hatte, musste ich von vorne anfangen. Im Unterricht konnte ich deshalb kaum bis gar nicht mehr aufpassen, weshalb meine Noten miserabel waren, und auch in Gesprächen musste ich oft unterbrechen und mein Gegenüber warten lassen, bis ich "fertig" war. Nach kurzer Zeit kamen dann auch die ersten Zwangshandlungen dazu. Diese konzentrieren sich auf Wiederholung und Kontrolle. Ich musste immer wieder überprüfen, ob meine Stifte richtig geschlossen sind, ob der Wasserhahn noch läuft, das Licht noch brennt, der Kühlschrank offen steht, oder elektronische Geräte noch am Laufen sind. Und irgendwann haben sich Gedanken und Handlungen vermischt.

Dann ging es damit los, dass mir innerhalb bestimmter Handlungen negative Gedanken eingefallen sind, die ich damit neutralisieren musste, dass ich eben jene Handlung wiederhole. So oft, bis der Gedanke verschwindet. Und das hat inzwischen ein Ausmaß angenommen, das mir ein normales Leben absolut unmöglich macht. Selbst das bloße Anfassen von Gegenständen muss ich wiederholen, weil die Gedanken nicht aufhören wollen. Und die sind mittlerweile einfach nur noch verstörend, weshalb ich darauf auch ungern näher eingehen möchte, aber ich kann ein abgemildertes Beispiel geben: Wäre ein alter Mann auf der Straße verprügelt worden, würden die Zwangsgedanken sagen, dass mir das gefallen hat und ich mitgemacht hätte, wenn ich früh genug dazu gestoßen wäre. Es sind keine Stimmen, die ich höre, sondern wirklich "nur" Gedanken - aber die sprechen genau das GEGENTEIL von dem aus, was ich fühle, und eben auch immer genau DAS, was mich am allermeisten verletzt.

Ich muss inzwischen wirklich alles wiederholen. Selbst wenn ich mich ins Bett lege, muss ich so oft wieder aufstehen, bis die Gedanken verschwinden. Wenn ich zu Fuß unterwegs bin, muss ich auf bestimmte Stellen am Boden treten; wenn ich einfach nur irgendwo sitze, muss ich alles mögliche doppelt und dreifach berühren und ich kann die Wohnung nicht verlassen, ohne mindestens 10 Mal zu kontrollieren, ob alles aus, zu und fest verschlossen ist. Darüber hinaus habe ich Zahlenzwänge. Beim Händewaschen muss ich immer 24 Mal Seife benutzen, die Klopapierseiten muss ich zählen und selbst wenn ich trinke, darf ich manchmal nur bestimmt oft schlucken. Natürlich gibt es dabei gute und schlechte Zahlen und wenn ich mich verzählt habe, muss ich von vorne beginnen. Wie immer.

Auch soziale Netzwerke kann ich nur sehr eingeschränkt nutzen. Wenn ich beispielsweise ein Foto auf Instagram posten will und meine Gedanken kommen, muss ich sofort abbrechen und von vorne beginnen. Deshalb poste ich so gut wie nichts außer stories, weil die von selbst wieder verschwinden und dann ist es mir egal.

Ich war letztes Jahr für 8 Wochen in der Schön Klinik Roseneck und sie konnten mir tatsächlich so weit helfen, dass ich nahezu zwangsfrei war. Allerdings ist alles zurück gekommen, als ich wieder ein paar Wochen Zuhause war. Allgemein habe ich das Gefühl, die Zwänge sind doppelt so schlimm geworden, seitdem ich versucht habe, gegen sie anzukämpfen.

Nichtsdestotrotz werde ich im Spätsommer/Herbst wieder in die Roseneck gehen. Ich habe auch noch zahlreiche andere Diagnosen, möchte aber jetzt nicht den Rahmen sprengen und erstmal eure Reaktionen lesen.

Es ist jedenfalls schön, einen Platz zu haben, an dem man definitiv nicht alleine ist. :-)
Miranda_L

Re: a story of mine

Beitrag von Miranda_L »

Hallo StimmeausdemOff,

bei mir hat es auch schon im Grundschulalter angefangen. Allerdings damit, dass ich auf der Schultoilette die Papierhandtücher nicht in den Mülleimer werfen konnte und immer in die Hosentaschen gestopft habe.
Ob ich davor schon irgendwelche Zwangsgedanken hatte, kann ich nicht sagen. Ich kann auch nicht mehr sagen, was der Grund für dieses Papierhandtuchritual war.
Ich kann mich aber auch an Bodenfliesen erinnern, auf die ich nicht, oder nur in einem Muster treten durfte, ans Zählen, wenn Gegenstände berührt werden, usw...
Bei mir hat es oft mit magischem Denken zusammengehangen. Die gedachte Konsequenz für das Nichtausführen der Handlungen war dann meistens, dass ich, oder jemand anderes krank würde, sich schwer verletzen würde, oder gar sterben würde.

Bis vor 'Kurzem' hatte ich die Zwänge so weit in den Hintergrund gedrängt, dass sie mich eigentlich kaum mehr beeinflussten.
Nach einem Trauma in einer sehr stressigen Zeit und dadurch bedingten Zusatzstress, haben sie eich aber nach und nach wieder in den Vordergrund gedrängt und zwängen mich nun sehr stark ein.

Hattest du nach dem Klinikaufenthalt eine Phase mit viel Stress?

Jedenfalls ist es doch erstmal gut, dass du die Zwänge schonmal zurückdrängen konntest. Immerhin hast du die Erfahrung gemacht, dass es möglich ist.
Ich wünsche dir die nötige Kraft, um sie ein zweites Mal in ihre Schranken zu verweisen.
StimmeausdemOff

Re: a story of mine

Beitrag von StimmeausdemOff »

Magisches Denken hat mich auch lange Zeit begleitet, aber inzwischen konzentrieren sich die Gedanken auf dieses widerliche "gefällt dir doch", wenn es um besonders schreckliche Dinge geht.

Eigentlich stehe ich durch meine Erkrankungen immer mehr oder weniger unter Stress, aber nach dem Klinikaufenthalt ging es mir eigentlich sehr gut.

Vielleicht waren acht Wochen nicht genug. Die Zwänge waren zwar so gut wie verschwunden, aber ich hatte meinen Fokus den gesamten Aufenthalt über immer auf die Entlassung gelegt. Deshalb habe ich mir für die nächste Therapie vorgenommen, so lange zu bleiben wie möglich.
wölfin32

Re: a story of mine

Beitrag von wölfin32 »

Hallo,

du sprichst mir aus der Seele auch ich kenne diese Gedankenkarussele..ich muss mir auch bestimmte Situationen vorstellen und diese in Gedanken so oft wiederholen bis es passt.Und auch mein Gehirn denkt exakt das Gegenteil von dem was cih eigentlich denken will oder sollte wenn man es logisch sieht.Bei mir dreht es sich auch um sehr aggressive Gedanken gegenüber geliebten oder wichtigen Menschen.Sie kommen mir einfach in den Kopf.Oft hunderte pro MInute.Wie ein Gewittersturm in meinem Kopf.Da komme ich mit dem Neutralisieren nicht mehr nach.Ein normaler Tagesablauf-bei mir unmöglich.Es ist einfach die Hölle und zum Verzweifeln.Aber wie ich sehe,bin ich nicht die Einzige mit dem Problem und ein Austausch tut gut.Was nicht heißt,dass ich mich freue,dass irgendwer hier im Forum mit diesem Mist zu kämpfen hat.Das würde ich-bis auf einige Ausnahmen,niemandem wünschen.
Wie hilfst du dir in solchen Situationen.Irgendein Tip für mich?Bei mir ist es so schlimm,dass ich fast keinen Hasuhalt mehr machen kann.Essen.Duschen.Immer nur wenn es mein Zwang zulässt.

wölfin
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