[Coronavirus]

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SHG
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in Ruhe..

Beitrag von SHG »

Über „CoV2-kontaminierte Lebensmittelverpackung“ wurde auch in einem Video einer Experten-Runde der IOCDF gesprochen (https://www.youtube.com/watch?v=S5U_TqZpSjg). Reid Wilson meinte dazu in etwa (ab 20:30): Seinetwegen, kann das ein Klient schon machen, dass er den gesamten Einkauf desinfiziert. Wenn es um ein Verhalten geht, das abwägungswürdig ist, sollte der Zwangserkrankte allerdings ganz in Ruhe (also nicht in einer vom Zwang bestimmten Situation) für sich eine (Vernunft-basierte) Entscheidung treffen, wie er sich verhalten wird. Und - ganz wichtig – daran dann auch strikt festhalten. Wenn man dann wieder zum hin-/her-überlegen anfängt, wisse man wohin das führen kann. Diese getroffene Entscheidung gilt dann für den Betroffenen selbst, die anderen müssen das nicht befolgen. Wobei solche Entscheidungen ev. auch gemeinschaftlich wie in der Familie – in Ruhe!, auch abhängig von den Umständen (leben Ältere oder andere Risikogruppen im Haushalt z.B.) zu treffen sind. Jedenfalls zu beachten ist, dies bei möglichst geringem Aufregungs-Level festzulegen (das war so in etwa die eine Ergänzung von der Fam.therapeutin Aureen Wagner.)
Soweit die Theorie…

Ich möchte noch ergänzen. Sollten sich die Umstände ändern, zum Beispiel ich/meine Haut/meine Nerven schaffe/n es einfach so nicht, wie ich mir das vorgenommen habe oder auch äußere Umstände z.B. im Supermarkt wird eine Maskenpflicht eingeführt, sollte man sich erlauben, diese Entscheidung – wieder in Ruhe mit Vernunft – neu zu überdenken.

Ich würde schon sagen, dass man sich möglicherweise über Haltegriffe von Einkaufswägen mit Influenza oder Corona-Viren infizieren kann. (Für HIV/Hepatitis ist das so gut wie ausgeschlossen.) Klar, sollte jeder für sich entscheiden, inwieweit er/sie eine Infektion in Kauf nehmen möchte. Man kann sagen: Eine Infektion ist unwahrscheinlich und dann auch noch ein schwerer/tödlicher Verlauf noch viel unwahrscheinlicher und ein minimalstes Risiko gehe ich ein. Sich anzulernen: Es ist unmöglich, dass etwas passiert - das ist schwer aufrechtzuerhalten - weil es nicht der ganzen Wahrheit entspricht.

Wenn ihr schon eine erfolgreiche Therapie gemacht habt, bedenkt: Wir sind nicht nur anfällig dafür, dass es uns schwer fällt mit diesen Unsicherheiten rund um Corona umzugehen. Wir können in uns auch wieder etwas aufleben lassen, was uns schon mal geholfen hat, mit Ähnlichem fertig zu werden. (So ähnlich funktioniert das ja auch bei einer körperlichen Immunantwort)
Zuletzt geändert von SHG am Mo 6. Apr 2020, 23:57, insgesamt 1-mal geändert.
Anne

Re: [Coronavirus]

Beitrag von Anne »

Hallo Jörg,

Danke für deine Antwort und ja, es war eine kleine Ablenkung das Lesen.

Mir ist es beim Einkauf ebenso ergangen wie Dir. Ich war nach dem Einkauf erst einmal fertig mit den Nerven und völlig aufgelöst. All die "normalen" Menschen, die sich plötzlich wie du sagst "vollkommen hysterisch" verhalten. Aber ich habe mir in den letzen beiden Jahren auch gerade das wieder Einkaufen gehen hart erarbeitet und ich liebe mein Leben und kämpfe weiter dafür. Ich liebe es, mich mit Freunden oder mit meiner Familie zu treffen, zu reisen und auf Konzerte zu gehen und gebe das so schnell nicht auf (auch wenn in der jetztigen Situation ein paar Dinge derzeit nicht möglich sind). Aber es ist schon eigenartig, wenn nun auch der eigene Mann, den sonst so schnell nichts aus dem Konzept bringt, nun auch mit Mundschutz einkaufen geht...
Und auch ich weiß eigentlich, dass das Anfassen des Einkaufswagen unproblematisch ist, sowohl durch die ganzen Expositionen und auch, weil ich das mal studiert habe. Ich habe nach dem Abitur Biologie studiert (mit den Schwerpunkten Biochemie, Genetik, Mikrobiologie und Virologie). Musste aber mein Studium aufgrund des Zwanges kurz vor dem Diplom abbrechen. "Verrückt bei klarem Verstand": so habe ich mich gerade zu Beginn gefühlt und fühle ich mich auch heute noch manchmal so. Genau zu wissen, wie absurd das eigene Verhalten ist und doch gegen die Zwangsgedanken und Ängste nicht anzukommen...

Ich habe von 2008 bis Februar 2018 Paroxetin genommen und im stationären Aufenthalt abgesetzt, weil gerade dieses SSRI mit einem Kinderwunsch nicht vereinbar ist. Seit Juni 2018 nehme ich jetzt Fluoxetin. Welches Antidepressivum nimmt Du?

Über einen weiteren Austausch würde ich mehr freuen.

Liebe Grüße
Anne
maprilia
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Re: [Coronavirus]

Beitrag von maprilia »

Hallo Anne,

eigentlich hatte ich Dir heute eine Antwort verfasst. Allerdings ist mir diese irgendwie verloren gegangen und ich konnte sie auch nicht mehr wieder finden.

Jetzt versuche ich allerdings erstmal zur Nachtruhe zu kommen und deshalb werde ich sehr wahrscheinlich morgen einen neuen Start beginnen.

Ist echt ärgerlich aber leider nicht zu ändern.

Aber schon einmal vorab. Ich nehme tgl. SRTRALIN 150 mg.

Ich möchte dazu aber dann noch etwas ergänzen.

Liebe Grüße, Jörg
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SHG
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Anpassung

Beitrag von SHG »

Ich habe für mein besseres Verständnis vereinfacht fiktive Verläufe der Zwanghaftigkeit / Gelassenheit durch die Pandemie dargestellt und die Grafik ins Avatar-Feld hochgeladen.
Der zeitliche Verlauf geht von links nach rechts. Die Linien stehen für: rosa - ein etwas zu gelassener, gelb - ein etwas zu zwanghafter und blau - ein diesbzgl. gut ausgeglichener Mensch. Nach der halben Zeit beginnt die Pandemie und der grüne („sichere“) Bereich verschiebt sich etwas nach unten, also in Richtung zwanghafter. Der nicht arg aber etwas Zwanghafte wäre jetzt, wenn er so weiter machen würde wie bisher ev. etwas mittiger im grünen Bereich (wie bisher heißt natürlich, was vorsichtig sein betrifft und damit wäre schon gemeint, dass er/sie sich natürlich an die dzt. geltenden Vorsichtsmaßnahmen in entsprechendem Ausmaß jetzt hält!). Wird er noch zwanghafter, ist es eigentlich wieder zu viel. Der zu gelassene müsste vorsichtiger werden, damit er sich nicht noch fahrlässiger verhält u.s.w. (Die Linien könnten sich auch überkreuzen…)
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SHG
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Zusätzliche Zwangsmaßnahmen bei Zwangserkrankung

Beitrag von SHG »

Es gibt Menschen mit Zwängen die Kontaminationsängste beinhalten und die jede Minute ihres bewussten Daseins Angst haben, sich oder andere mit bestimmten Keimen zu infizieren – sie tuen also alles, was ihnen möglich ist (und auch darüber hinaus) um sich und andere vor der Gefahr der Ansteckung zu bewahren. Wenn nun so ein Mensch oder ein Angehöriger positiv auf CoV2 getestet wird, muss dieser in Quarantäne gehen (womöglich auch, obwohl er gar nicht angesteckt ist und auch bei ihm selbst der Virus gar nicht nachgewiesen wurde).
Würden sich die meisten Menschen grundsätzlich so verhalten, wie die Betroffenen, wäre keine Quarantäne notwendig, denn alle würden sich ohnehin so verhalten, dass eine Ansteckung kaum möglich wäre – wahrscheinlich wäre es nicht einmal zu dieser Pandemie gekommen.
Der Betroffene, über den nun eine Quarantäne verhängt wurde, fühlt sich jetzt nicht nur zu den Zwängen, die er sich ohnehin schon immer auferlegt, gezwungen, zusätzlich ist er jetzt auch noch gesetzlich verpflichtet die Quarantänebestimmungen einzuhalten.
Ähnlich, wenn auch nicht in diesem Ausmaß, verhält es sich mit den Ausgangsbeschränkungen der Gesamtbevölkerung.
Wie kann man als Betroffener (eigentlich nun zweifach Betroffener: Zwangsstörung und Infizierter/Angehöriger/in Pandemiegebiet-Lebender) einen Sinn darin sehen? Die Zwangsstörung hat als Nebeneffekt, dass man sich höchstwahrscheinlich tatsächlich unwahrscheinlicher mit dem befürchteten Keim anstecken wird. Sie zieht aber oft sehr schweres Leiden mit sich. Die Zwangserkrankten sollten sich jetzt auch an diese zusätzlichen Zwangsmaßnahmen halten – denn, dass alle anderen nun auch an einer Zwangsstörung leiden sollten, ist wohl keine gute Option.
Allerdings sollten auch die anderen bedenken, ob es nicht vernünftigerweise ein wenig mehr Sorge bedürfte, um Ansteckungsrisiken (von vornherein) zu vermindern. Ich möchte die Diskussion bzgl. Ursachen der Pandemie hier nicht ausbreiten, aber so wie ich das verstehe, haben schon recht unnatürliche, Lebewesen-unwürdige Lebensweisen und zu wenig Sorge um Gesundheit, diese Pandemie und die schweren Folgen zumindest mitverursacht.

Ich schließe mit einem Zitat von der Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk aus einem Text, der auch Achtsamkeits-Freunden gefallen könnte (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 03455.html):
"Ist es nicht so, dass wir zum normalen Lebensrhythmus zurückgekehrt sind? Dass nicht das Virus die Norm verletzt, sondern umgekehrt: dass jene hektische Welt vor dem Virus nicht normal war?"

Mir ist noch eingefallen, was gegen Corona helfen kann:
A – Achtsamkeit
B – Begrenzen (Medienkonsum, Perfektionismus)
C - Calm / beruhigen
D – Distanz physical distancing, nicht social distancing, sich mit und füreinander kümmern kann sehr bereichernd sein. Mit Distanz mal seine eigenen Gedanken/Gefühle beobachten kann auch hilfreich sein, wobei wir wieder bei A sind.
maprilia
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Re: [Coronavirus]

Beitrag von maprilia »

Hallo Anne,

war die letzten Tage mit einer Menge anderer Dinge beschäftigt. Sorry...

Wie geht es Dir im Moment..? Konntest Du Dich etwas stabilisieren..?!

Das hast mir ja geschrieben, dass Dein Freund Sanitäter ist. Ich darf Dir sagen, dass meine Tochter gerade ihr Abitur unter besch. Umständen schreibt!!!

Und gerade am Sonntag hat sie mir mitgeteilt, dass sie eine Zuasage als Sanitäterin bekommen hat. Dieses soziale Jahr fängt sie dann im September an. Somit werde auch ich mit dieser Herausforderung mehr oder weniger konfrontiert werden.

Sie hatte schon mal ein Praktikum im Krankenhaus gemacht und hatte sich dort überwiegend um ältere Mitmenschen kümmern dürfen. Dies hat sie scheinbar inspiriert, in diese Richtung weiter zu machen.

Meine beiden Kinder sind beide sehr sozial eingestellt. Das freut mich riesig, denn im Grunde habe auch ich diese Ader.

Ich habe sie auch auf Corona angesprochen, allerdings hat sie das eher genervt. Nicht wegen evtl. Sorge darum, sondern mehr, weil Papa zu viele Fragen stellt. :-)

Sorgen mache ich mir eigentlich bis jetzt darüber so gut wie keine... Sie fängt gerade Ihr eigenes Leben an und ich möchte sie dabei so gut es geht unterstützen...

Was Deien Feund betrifft, hast Du doch bestimmt versucht, mit Ihm über die Situation zu reden..?!? Ich weiß auch, dass das durchaus noch belastender für einen selber werden kann und man möchte dann doch nicht darüber mit dem Partner reden. Denn in meiner Vergangenheit, hat mich das oft alles andere als beruhigt!!!

Ich weiß, dass ich meine Ängste/Zwänge nur selbst durchbrechen kann. Und ich bin für mich nach wie vor der Meinung, dass ich keinen Mundschutz und Handschuhe tragen werde! Vielleicht wird es ja demnächst so oder so Pflicht in Läden, dann hat sich das aus unserer Sicht sowieso geregelt.

Meine Tochter hat mir letzte Woche erzählt, dass sie mit ihrer Mutter zu Rewe ging und dann sollte sie eien Einkaufswagen holen und dann hat eine Mitarbeiterin erst dern Griff desinfiziert. Da hat meine Tochter nur den Kopf drüber geschüttel und gesagt, es wäre ja sinnvoller, wenn man ihr den Wagen vor der ersten Berührung reinigen würde.
Zusätzlich wurde sie dann höflich darauf hingewiesen, dass sowohl sie als auch ihre Mutter, jeder einen Einkaufswagen führen müsste. Das fand sie dann nur noch lächerlich, da man sich ja sowieso im Markt dann frei zu den Regalen et. bewegt.

Damit meine ich, dass sie relativ gelassen mit der Corona Situation umgeht...

Bei dem Rewe wo ich einkaufen gehe, wurde bis jetzt gar nichts desinfiziert. Man nimmt vor der Tür einen Wagen und da steht niemand der irgendetwas reinigt oder auf irgend etwas hinweist. Selbst die Menschen/Geschäfte etc., gehen höchst unterschiedlich mit den Gegebenheiten um...

Liebe Anne, antworte mir und erzähle gerne, wie es Dir aktuell so geht... Bin daran sehr interessiert...

Bleib dran an allem...

Liebe Grüße Jörg
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SHG
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etwas Ordnung

Beitrag von SHG »

ACHTSAMKEIT
Ich achte auf mich und meine Nächsten und damit auf meine und anderer Lebewesen Gesundheit.
Keine Ausbeuten. Kein Hetzen.
Ich kann auch achtsam meine Hände waschen – und zwar tatsächlich bewusst mal etwas länger, den vorgeschlagenen ca. 20 Sekunden entsprechend, aber dann auch nicht viel öfter, als empfohlen.

BEGRENZUNG
Vorsichtsmaßnahmen sind relativ ungenau definiert und lassen viele Möglichkeiten offen, wie wir nun konkret im Einzelfall handeln. Ich weiß, dass ich dazu neige, diese sehr streng und über das Maß genau einzuhalten. Dies kann zum Bedenken von schier unendlichen Kontaminations-Ketten und Handlungen dagegen führen. Es gilt also nicht nur Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten, sondern zusätzlich überlege ich mir bewusst, in Abstimmung mit meinem gefühlsmäßigen Empfinden, wie ich diese begrenze – so, dass sie für mich gut möglich durchzuführen und auszuhalten sind.

CALMIERUNG
Veränderungen und Ungewissheit können den Stresslevel erhöhen und die Entscheidungsfähigkeit erschweren. Ich werde möglichst in Ruhe entscheiden, wie ich mit der Bedrohung umgehe. Dies gilt auch für Vereinbarungen mit anderen (Familienmitgliedern, Kollegen...). In Stresssituationen mit Zeitdruck, Streit/Konflikt, Müdigkeit, Zwang... werde ich mich an die in Ruhe gefällten Entscheidungen halten. Fällt mir das öfter mal schwer, können diese, wieder in Ruhe geändert werden.

DISTANZ
Körperliche Distanz zu möglicherweise Virus-ausscheidenden bzw. von mir empfangenden Menschen, zu denen ich nicht ohnehin nahen körperlichen Kontakt habe, ist nun notwendig. Damit trage ich Sorge für unsere Gesundheit – das ist nicht unangenehm und erscheint mir verhältnismäßig.
Angst fühlt sich beengend an und ist schädlich, andersrum kann eine räumliche oder zeitliche Auflockerung auch das Gefühl von Enge und damit Angst, reduzieren.
Sich weniger mit den eigenen Gedanken und Gefühlen identifizieren und sich mal auf Distanz zu sich selbst beobachten kann wohltuend sein.

ENTSCHEIDEN
Weniger Zwang und mehr Freiheit zum Entscheiden, das kann auch ganz schön schwer sein.
Zweifel, Schuldgefühle, Verantwortung die damit einhergehen sind nicht unbedingt leicht zu ertragen.

Lieben, Leben, Leiden, Letalität gehört nun mal zum Mensch-sein
Jonna Laura
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Re: [Coronavirus]

Beitrag von Jonna Laura »

SHG schreibt: " denn alle würden sich ohnehin so verhalten, dass eine Ansteckung kaum möglich wär".

Meine Wahrnehmung zeigt ein anderes Bild. Oder eine Ausprägung meines Kontrollzwangs.

Wenn ich spazieren bin, was ich fast täglich tue, um mal raus zu kommen, begegnen mir jedesmal Menschen, die den Abstand von 1,5m nicht einhalten obwohl es möglich ist. Und dort, wo es "nicht möglich ist 1,5m Abstand zu halten" bin immer ich diejenige, die auf die Straße, durch die Matsche, auf dem Randstreifen, oder sonst irgendwie im Zickzack laufe, um den Abstand einzuhalten. Das nervt mich und regt mich innerlich jedesmal auf. Ich versuche dann auch gedanklich gegenzusteuern mit "ist doch nicht so schlimm", "bleib mal gelassen" etc. Doch das fühlt sich zurzeit auch irgendwie verkehrt an. Also ich kenne diese Gefühl von Autofahrer*innen, die mich als Radfahrerin zu knapp überholen. Das ist dasselbe Gefühl. Doch da ist es "ok" mich in Gelassenheit zu üben. In der aktuellen Situation kann Gelassenheit schnell mal zu Infektionen führen. Also mein Problem sind 1. Menschen, die den Abstand nicht halten und 2. Die Tatsache, dass ich unter "normalen Umständen" mit Gelassenheit reagieren könnte, zurzeit jedoch durchaus angebrachten Ärger über potenzielle Gefährdung anderer Menschen empfinde.
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SHG
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Einstimmung

Beitrag von SHG »

Da gebe ich dir recht und ich empfinde auch ähnlich. Ich hoffe, dass sich bald das was in uns und um uns passiert noch besser aufeinander abstimmen. Sollten wir uns zufällig begegnen, ich verspreche dir - ich werde acht geben.
Ulrike
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Re: [Coronavirus]

Beitrag von Ulrike »

Hallo Jona Laura,

Du schriebst: "Wenn ich spazieren bin, was ich fast täglich tue, um mal raus zu kommen, begegnen mir jedesmal Menschen, die den Abstand von 1,5m nicht einhalten obwohl es möglich ist. Und dort, wo es "nicht möglich ist 1,5m Abstand zu halten" bin immer ich diejenige, die auf die Straße, durch die Matsche, auf dem Randstreifen, oder sonst irgendwie im Zickzack laufe, um den Abstand einzuhalten."

Das geht mir genau so. Am Anfang war ich in solchen Situationen oft sehr angespannt und habe mich geärgert. Was natürlich meine Ängste steigerte. Jetzt denke ich so: Mir ist es wichtig, den Abstand und die Regeln einzuhalten. Ich tue das um meinetwillen, weil ich es für mich bedeutsam finde.

Ich nehme auch immer wieder Menschen war, die genervt sind von den Regeln. Viele sehen diese aus verschiedenen Gründen überhaupt nicht ein und fühlen sich von bestimmten Vorgaben sehr gezwungen und in ihrer Autonomie beeinträchtigt . Und manche Menschen haben eben keine oder nur sehr wenig Angst . Häufig weil sie noch sehr jung sind und sich deshalb keine Gedanken machen müssen und auch keiner anderen Risikogruppe angehören. Und dann gibt es Menschen, die sind schon von ihrem Naturell her nicht ängstlich veranlagt.

Ich habe über das Verhalten anderer Menschen keine "Kontrolle". Ich kann nur schauen, dass ich selbst ruhig Grenzen setze. Indem ich zum Beispiel Menschen aus dem Weg gehe, oder sie anspreche, wenn sie zum Beispiel in der Kaufhalle den Sicherheitsabstand nicht einhalten. Dafür brauche ich Mut. Den habe ich oft nicht.

Für mich sind die Regeln im Außen eine Unterstützung, mit der gegenwärtigen Situation zurecht zu kommen. Wenn andere diese Regeln nicht einhalten, dann wirft mich das innerlich ziemlich aus der Bahn.

Heute bei einer meiner Ärtzinnen hatte ich dahingehend folgendes Erlebnis im Warteraum: Eine Mitpatientin, die herein kam, hatte den Schutz nur über dem Mund und nicht über der Nase auf. Sie setzte sich in meine Nähe. Ich habe mich sofort umgesetzt, in die äußerste Ecke des Wartezimmers. Und dann habe ich sie freundlich darauf angesprochen, dass der Schutz auch über die Nase gezogen werden muss. Und sie gefragt, ob sie vielleicht ein gesundheitliches Problem hat, dass sie dies nicht macht.

Sie hat den Schutz dann hochgezogen. Aber sie war wütend und hat eine derbe Bemerkung geäußert (nicht in Bezug auf meine Person). Aber es war derb und ich schreibe das jetzt mal nicht so konkret auf. Ich habe innerlich angefangen zu zittern und mir ist ganz schlecht geworden. Es kam dann noch jemand in das Wartezimmer rein, den sie kannte. Und sie stichelte dann ziemlich offensiv rum zum Thema Mund- Nasenschutz. Eine weitere Frau aus dem Wartezimmer (diese war sehr jung und wirkte sehr entspannt) solidarisierte sich dann auch noch beim Rausgehen mit ihr und sprach ihr gute Wünsche zu, während sie mich völlig ignorierte. Das war für mich eine sehr schwere Situation. Ich wollte bei meiner Ärztin vorsprechen, weil ich Fragen meines gesundheitlichen Risikos mal konkret besprechen wollte. Ohnehin war ich in der Wartezimmersituation schon von der Angst her angetriggert, weil ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren musste.

Dort war ein Fahrgast, der hatte gar keinen Mundschutz. Und dann sind die Sitze so gebaut, dass es keinen verlässlichen Sicherheitsabstand gibt, wenn sich Fahrgäste hinsetzen. Und je mehr die Straßenbahn ins Stadtzentrum rein fährt, um so voller wird sie. Ich halte es dann oft nicht aus, steige aus und laufe erst einmal . Um dann später vielleicht wieder einzusteigen und wieder ein Stück zu fahren. Ich will das Ganze jetzt auch nicht ausweiten.

Ich wollte einfach sagen: Für mich ist es ein Problem, wenn Regeln nicht eingehalten werden, die dem Schutz vor der Übertragung des Viruses dienen und mir ein Halt sind, mit der gegenwärtigen Situation zurecht zu kommen. Und mich stresst es auch sehr, wenn Gegebenheiten so sind, dass Regeln, die aufgetellt wurden, rein objektiv gesehen gar nicht eingehalten werden können ( wie in öffentliche Verkehrsmitteln), auch wenn sich alle darum bemühen und die Regeln einsehen würden.

Viele Grüße sendet Ulrike
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