Kontamination

Sanja
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Kontamination

Beitrag von Sanja »

Hallo, wünsche allen frohe Ostern 😊ich bin neu hier, und habe seit 10 Jahren einen Waschzeug. Meine konkrete Angst bezieht sich aus Rattengift, resultiert aus einen misslungenen Einsatz eines Kammerjägers bei uns Zuchause. Ich habe Angst Sachen anzufassen da ich Angst von kontaminiertem habe. War schon in stationär in Behandlung und ebenso ambulant. Nehme auch Medikamente ein. Gibt es jemanden Gier der ähnliche Erfahrungen gemacht hat?
Anne

Re: Kontamination

Beitrag von Anne »

Hallo liebe Sanja.
Bei mir ist der Waschzwang zum ersten Mal 2008 aufgetreten. Derzeitig geht es mir relativ gut (trotz Corona). War Anfang 2018 das 2. Mal für 2 Monate in stationärer Behandlung und bin seit dem bis heute noch krank geschrieben.
Das mit dem Rattengift kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich habe von 2004 bis 2008 Biologie studiert. Während des Studiums hatte ich mit Mikroorganismen und auch toxischen Substanzen zu tun. Ich hatte auch Angst, alles anzufassen, was in irgendeinem Zusammenhang mit dem Studium stand, weil ich befürchtet habe, die Dinge sind mit giftigen Stoffen verseucht. Und da ich ja alles mit nach Hause genommen habe, hat es sich nach und nach komplett im Haus ausgebreitet. Ich habe 10 Jahre Paroxetin genommen. Seit Mitte 2018 nehme ich nun Fluoxetin.

LG Anne
Sanja
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Re: Kontamination

Beitrag von Sanja »

Hallo Anne,vielen Dank für deine Nachricht 😊 ich bin seit letzten Sommer Krankgeschrieben wg eine andere Sache. Seit Weihnachten gehts mir wieder richtig schlecht, die Ängste und Zwänge haben zugenommen. Ich war 8 Wochen Innenbereichen Tagesklinik in Behandlung, seit 3 Wochen mache ich ambulante Therapie. Bis jetzt sagte jeder Therapeut zu mir das die Ängste und Zwänge für was anderes stehen und das es nur ein Ventil ist für unterdrückte Gefühle ist. Es ist momentan sehr schlimm, ich habe Angst von ganz vielen Sachen, kann kaum meinen Alltag bewältigen, es dreht sich um konkretes anfassen der Gegenstände. Wie äußert es sich bei dir?
Anne

Re: Kontamination

Beitrag von Anne »

Hallo Sanja.

Bei mir hatte es im Dezember 2017 wieder angefangen. Ich hatte gerade einen zweiten Deutschkurs übernommen (habe freiberuflich als Dozentin an der VHS Integrationskurse gegeben) und nebenbei noch eine Fortbildung gemacht. Das war wohl zu viel des Guten... es wurde von Tag zu Tag schlimmer. So schlimm, dass ich gar nicht mehr das Haus alleine verlassen konnte. Ich habe nichts mehr mit den Händen berührt und wenn doch, musste ich mir nach einem bestimmten Ritual die Hände waschen. Ich saß nur auf der Couch und habe nichts gemacht. Alles war für mich verseucht. Nicht mal mein Mann oder meine Familie durfte mich berühren...

Zur Zeit geht es mir gut, aber ich merke wie die derzeitige Situation mir doch etwas zu schaffen.

Anne
Sanja
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Re: Kontamination

Beitrag von Sanja »

Hallo liebe Anne, das hört sich für mich sehr bekannt an. Ich kenne es zu gut. Mein Mann muss sich auch die Hände waschen wenn ich der Meinung bin er hat was angefasst was kontaminiert sein könnte. Ebenso ist es bei meiner Tochter. Das schlimme an der ganzen Sache ist , das mir mein Kopf sagt das da nichts ist, aber das Gefühl signalisiert Gefahr. Ich versuche mich dem entgegen zu setzen, funktioniert aber nicht, da die Gedanken so stark sind. Wie gehts du im Alltag damit um, was hilft dir? Ich weiß Konfrontation wäre das beste, und damit die verbundene Angst auszuhalten, aber ich schaffe das nicht. Wie ist es bei dir? Hast du such konkret Angst von Gift, oder von was anderem?wenn du möchtest kannst du mir ne PN schicken. Lg
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SHG
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Konfrontation

Beitrag von SHG »

Ich will nicht zu pingelig sein, da es aber bei dem was wir uns so überlegen, auch oft nur um Nuancen geht, beschreibe ich Unschärfen aus dem letzten Beitrag, die mir aufgefallen sind. Es könnte helfen, sich seiner selbst bewusster zu werden:
Nicht die Gedanken scheinen so stark zu sein, sondern das Gefühl (das Gefahr signalisiert) erscheint dir unerträglich und dem gibst du nach. Zuerst schreibst du, dass etwas kontaminiert sein könnte, und dann sagt der Kopf, dass da nichts ist. Eine hilfreiche Antwort, die du dir möglicherweise geben könntest, könnte sein: Ich weiß, dass da etwas sein könnte. Das macht in mir ein kaum erträgliches Gefühl. - Und trotzdem gebe ich diesem nicht nach. (z.B. weil mir mein Verstand sagt, dass da nichts von Bedeutung ist) Oder: Ich entscheide mich diesmal dafür, dem Gefühl nachzugeben.
Sanja
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Re: Kontamination

Beitrag von Sanja »

Danke für die Antwort, ich weiß das es sehr schwer ist das alles wörtlich zu beschreiben wie die zwangsgedanken und Abläufe bei mir vorhanden sind. die Gedanken signalisieren mir die Gefahr genau so wie die Gefühle. Ich versuche immer wieder mit rationalen Gedanken dies zu unterbinden. Es gelingt mir jedoch nicht.
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SHG
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gelassen entscheiden

Beitrag von SHG »

Das ist es ja, dass sich Gefühle und Gedanken nicht einfach unter Kontrolle bringen lassen. Das Bekämpfen macht sie oft nur noch wilder und nimmt uns wertvolle Energie. Einfach mal beobachten, sein lassen ev. beschreiben und dabei möglichst wenig bewerten. Das kann sie zwar auch vorerst etwas wilder machen, weil sie ja ihre Wichtigkeit erhalten wollen (wie da manchmal bei Leuten, die meinen uns was aufoktroyieren zu wollen, auch sein kann) - aber wenn sich alles etwas beruhigt hat, fällt es uns vielleicht leichter eine vernünftige Entscheidung zu treffen. Ruhig mal ausprobieren..
Mia
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Re: Kontamination

Beitrag von Mia »

Hoi Sania,

Das kommt mir leider auch seeeehr bekannt vor, was Du schreibst; Dass Du auf dem Sofa sitzt und nichts mehr machst, um nichts mehr anfassen zu müssen. Ich finde es tröstlich, zu wissen, dass man damit nicht alleine ist.
Es ist ein elender Zustand, zum Verrückt werden. Diese Art von Krankheit sieht man einem nicht unbedingt an... Sie ist für mich sehr schambesetzt, wenn ich daran denke, dass mein Umfeld nicht nachvollziehen, verstehen kann, wie behindert man ist, durch den Zwang. Ich denke oft, wenn die oder der wüsste, mit was für Scheissängsten ich mich im Alltag durchschlagen muss und damit meinen Alltag, an sich simple Basics, wie Geschirrspülen, kochen, etc. kaum bewältigen kann
Ich habe auch Kontaminationsängste. Nicht vor Rattengift. Ich kann im Gegensatz zu Dir nicht so klar und genau eruiren, woher meine Kontaminationsängste herrühren.
Sie äussern sich aber sehr ähnlich, wenn nicht gleich wie bei Dir; Angst davor, Dinge, Menschen zu berühren.
Bei mir ist es die Angst vor Dreck, Rückständen, Spuren auf Dingen, Gegenständen, Menschen.
Primär ist es bei mir nicht die Angst vor Erkrankungen, Ansteckungen (wobei Corona jetzt bei mir schon auch «triggert» und sich Angst vor Ansteckung breitmacht) sondern mehr einfach grosse Ekelgfühle, mit denen ich zu kämpfen habe.
Ich bin verheiratet und mein Mann kriegt, wenn er Zuhause ist, ziemlich viel Stress von mir mit, indem ich Ihn leider auch immer wieder anmotze, kritisiere, wie er die Dinge im Haushalt handhabt…..
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass er mich wohl wirklich lieben muss, dass er es mit mir aushält und sich noch nicht getrennt hat….

Ich habe mich über Ostern mit einem auch Zwangsbetroffenen unterhalten, den ich aus einem Klinikaufenthalt vor einigen Jahren kenne.
Er verlässt seit gut 3 Jahren wegen seiner Ängste/Zwänge seine Wohnung nicht mehr- hat aber seit dem Klinikaufenthalt nie mehr psychotherapeutisch Hilfe in Anspruch genommen. Weil er der Meinung ist, das bringe doch nichts….
Ich hingegen gehe schon seit Jahrzenten zur Therapie, mit wechselnden Therapeuten/innen.
Der Kollege fragte mich; Und, hat es Dir etwas gebracht? All die Jahre Therapie? Bin ich dadurch zwangsfrei geworden? Leider nein….. Das hat mich schon nachdenklich gemacht….
Ich denke, er hat Recht; Letztendlich müssen wir selber etwas verändern, wir müssen bereit sein, etwas an unserem Zustand zu verändern. Das kann uns niemand, auch nicht der bester Therapeut abnehmen.
Nichts destotrotz glaube ich, haben meine Therapien all die Jahre nicht nichts gebracht. Doch den durchschlagenden Erfolg, zwangsfrei zu sein, das haben sie nicht geschafft, bewirkt.

Seit Anfang 2020 habe ich nun wieder eine neue Therapeutin. Da diese nun aktuell aber selber für mehrere Wochen krankgeschrieben ist, habe ich einen Vertreter, einen Psychologen. Er fordert mich heraus, so, dass sich spürbar, «etwas bewegt «; Wir reden nicht nur, er hat mit mir auch eine Expo und dabei auch eine Übung gemacht, die ich ich sehr eindrücklich fand.
Die Erfahrung dieser Übung habe ich im Nachhinein aufgeschrieben und wollte Sie hier eigentlich mal im Forum mit Euch teilen. (mach ich noch)

Was mir dieser Psychologe in insgesamt 3 Sitzungen im Kern vermittelt hat:
- Dass Gefühle, Gedanken, Beziehungen und der Tod sich nicht kontrollieren lassen.
Er hat bei meinen ganz konkreten Alltagsängsten von mir «nachgehakt» und mir die Frage gestellt;
Wovor habe ich im Endeffekt Angst? Um was geht es eigentlich?
Nehmen wir ein klassisches Beispiel; ich habe Angst, dass mein Mann mit schmutzigen Fingern die
Kühlschranktür öffnet und damit den Kühlschrank-Griff kontaminiert. Der Therapeut fragte mich
dazu immer weiter; und was dann? was passiert dann? Und dann? Also quasi diese Situation «zu
Ende denken» Dabei wurde mir bewusst, dass ich in so angstbesetzten Alltagssituationen eigentlich
die Situation nie wirklich zu Ende denke.
Ich bin mit dem Therapeuten dann zu dem Schluss gekommen, dass es im Grunde Todesangst ist….
Ja, hört sich extrem an, ist es aber wohl tatsächlich.
Angst, die Kontrolle zu verlieren.
Dass sich Schmutz, Dreck ungehindert ausbreitet in meiner Wohnung, wenn ich die berührten
Dinge/Gegenstände/Möbel von meinem Mann nicht immer wieder nachputze.
Und dann? Was passiert dann? Was ist daran so schlimm?

Es sind die Gedankenketten, das Kopfkino, wie sich der Schmutz, der Dreck immer weiter und
weiter ausbreitet, vermehrt, die mich oft verzweifeln lassen.

Der Therapeut geht davon aus, dass wir Menschen soziale Wesen sind.
Er meint, hinter den Zwängen im Alltag, steht im Grunde die Angst vor dem Ausgegrenzt sein, vor dem Verlassen werden, und somit, … letztlich vor dem Tod. Es geht für uns also im Grunde um Leben und Tod, in so alltäglichen Zwangssituationen, - in denen unser Verstand zwar oft (bei mir aber auch nicht immer) einsieht, dass unsere Angst übertrieben ist, das Gefühl der Bedrohung aber so gross ist, dass dieses «Überhand» hat.
Der Therapeut versuchte mir unser seit Jahrhunderten in den Genen angelegtes «Alarmsystem» klarzumachen, welches sich bemerkbar macht, sobald wir uns gefühlsmässig in Gefahr wähnen.
Dass es zur Behandlung und Heilung von Zwängen, wie ja allgemein bekannt, -keinen Weg an Exposition, also sich der angstauslösenden Situation zu stellen, vorbeiführt. Was bedeutet, die ganzen, unangenehmen Gefühle, Gedanken, Impule zuzulassen, OHNE darauf mit Zwangsritualen zu reagieren.
Weil das einzige, was wir tatsächlich beeinflussen und aktiv ändern können, sind nicht die Gedanken und Gefühle, sondern unser VERHALTEN auf diese.
Als Hilfe, Orientierung in der Behandlung der Zwänge, durch die Expositionen, dient in dieser neuen Therapiepraxis, in die ich seit Januar 2020 gehe, der Behandlungsansatz von ACT (Azeptanz & Comittment-Therapie).
Da kann es helfen, durch die Expos zu kommen, wenn man weiss, wofür man das tut; all die unangenehmen Gefühle zuzulassen….

Wenn man sich vorher bewusst überlegt, welche Werte einem in den verschiedenen Lebensbereichen; Partnerschaft, Arbeit, Familie, etc. wichtig sind.

Daran bin ich momentan gerade; mir dessen bewusst/er zu werden, um daraus kleinere & grössere Ziele im Alltag zu definieren, die ich dann mit Hilfe vom Therapeuten umsetzen kann.
Ich muss sagen, ich finde das gar nicht so einfach, mir solche Ziele zu setzen, denn es funkt mir immer wieder der Zwang dazwischen, der mir sagt, weismachen will, ich solle auf Ihn hören und alles dafür tun, um die unangenehmen Gefühle mittels Zwangshandungen oder Vemeidungsverhalten (z.B. auf dem Sofa sitzen und nichts mehr machen ...

Liebe Grüsse, Mia)
Sanja
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Registriert: So 12. Apr 2020, 11:46

Re: Kontamination

Beitrag von Sanja »

Hallo liebe Mia, ich kann das ganze so verstehen und nachvollziehen was du geschrieben hast. Mir haben mehrere Therapeuten schon gesagt das die Angst die ich habe für etwas ein Ventil ist, bzw. Ausdruck der unterdrückten negativen Gefühle. Unabhängig von der Erfahrung mit denn Kammerjäger wären sie bei was anderen ausgebrochen. Wie gehst du im Alltag damit um. Sende mir bitte eine PN. Lg Sanja
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