Sexuelle Zwangsgedanken

Dackelita
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Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von Dackelita »

Hallo Ihr Lieben,

Danke für Eure Anworten, Billy28 und Phyto.
Wie es so ist, ich schaffe es zeitlich gerade noch nicht wirklich in Ruhe zu antworten und hoffe, dass ich in den kommenden Tagen gut dazu komme. Möchte mir dafür Zeit nehmen.
Ihr habt mir sehr geholfen, es hat gut getan Euer alle Beiträge zu lesen und ich verstehe Euch gut, ja. Danke für Eure sehr offenen Worte!

Euch alles Gute,

Dackelita
Phyto
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Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von Phyto »

Hallo Billy28,

Keine Sorge. Ich habe deinen Beitrag schon richtig verstanden und finde ihn auch sehr hilfreich.
Meinen Beitrag habe ich abends nur noch hochgeladen und ab ins Bett. Ich hab den schon am Sonntag geschrieben.
Deshalb bin ich auf deinen Bericht nicht eingegangen.

Du beschreibst interessant die „gesunden“ Gedanken/Gefühle.
Die Gefühlswelt aus Angst,Panik usw. zum Thema Bi- oder Homosexualität von Dackelita und mir ist da im Gegensatz. Eben die Zwangserkrankung, die man auch daran offen erkennt.

Danke und viele Grüße!
Dackelita
Beiträge: 16
Registriert: Sa 18. Apr 2020, 10:41

Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von Dackelita »

Hallo Vimi (ich gehe mal in der Reihenfolge Eurer Beiträge vor),

vielen lieben Dank für Deine offenen Worte. Das ist toll zu lesen, dass Du es geschafft hast, dass die ZG-Feuer am Ende doch ausbrennen, und sich nicht zu einem endlosen Feuer weiterentwickeln.

Zu a) „Zwängler wären gute Horrorbuchautoren“: Über mangelnde Kreativität können wir uns wahrscheinlich alle nicht beklagen. Die hat glücklicherweise aber oft auch etwas Gutes (wenn es nicht um Horrobücher geht) :o)
Zu b): Ja, leider habe ich das auch schon erlebt, dass nach Absetzen meines Medikaments nach ein paar Monaten die Zwänge langsam wieder aufkamen. Ich sehe das Medikament als Krücke, um mich an die VT zu trauen, vor der ich großen Respekt habe! Das Ziel ist es, den Großteil des weiteren Lebens im Idealfall keine SSRI-Medikamente zu benötigen. Dass der Weg dazu oft eine VT bedeutet, das zeigt Dein Beispiel, dass es Dir wieder wesentlich besser oder sogar gut geht, Du wieder ‚lebensfähig‘ bist. Leider muss man sich dabei seinen größten Ängsten stellen, eigentlich keine schöne Aussicht, aber wohl einer der wenigen Wege raus aus dem Zwang.
Deine Erklärung über den Stress- und Botenstoff-Kreislauf war sehr hilfreich, das hatte ich bisher noch nicht gelesen. Das was mir immer wieder gesagt wurde war, dass Stabilisieren das A und O ist. Also auch den Stress da wo es geht zu reduzieren. Aber dass es den Botenstoffwechsel weiter negativ beeinflusst, das war neu für mich und was Du geschrieben hast sehr schlüssig.
Ich nehme das mit auf meinen weiteren Weg, und hoffe auch in nicht all zu ferner Zukunft stabiler zu sein und bei aufkommendem Stress auf die Signale meiner Psyche zu hören. Dir alles Gute und vielleicht melde ich mich nochmal.

Liebe Grüße

Dackelita
Dackelita
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Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von Dackelita »

Hallo Ulrike,

vielen lieben Dank für Deinen Beitrag und die Erklärung zu dem inferenzbasierten Ansatz, den ich bisher nicht kannte. Ich habe ihn gegoogelt und werde ihn noch ein paar mal lesen müssen, aufgrund der vielen Fremdwörter. Aber es tat gut zu lesen, dass ein Beispiel einer Mutter genannt wurde, die eben diese Angst hat wie ich sie Euch geschrieben habe. Es werden ja auch noch diverse andere Beispiele genannt. Deine Erklärung bzw. Zusammenfassung des Fachartikels hilft den Artikel nochmal zu lesen, Danke dafür. Ich werde ihn auch meinem Therapeuten zusenden, vielleicht können wir ihn mit aufnehmen.
Auch mir fällt es sehr schwer mich von den Gedanken innerlich zu distanzieren, denn es fühlt sich so oft wie echt an.
Ich wünsche Dir, dass es Dir immer mehr möglich wird stabil Distanz zu Deinem Zwang zu finden, so dass Du ihn vielleicht eines Tageskaum bis gar nicht mehr erleben brauchst.

Alles Gute Dir und Danke für Deine Worte und Hilfe!
Dackelita
Dackelita
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Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von Dackelita »

Hallo Billy28,

vielen lieben Dank für Deine Antworten und Deine sehr offenen Worte, das schätze ich sehr. Für mich ist es schwierig, so offen zu schreiben, daher finde ich es toll, wie Du es machst.
Ja, ein großes Problem ist, dass es für nichts eine 100%ige Sicherheit gibt, für nichts. Für Menschen mit Zwangserkrankung fehlt damit das Gerüst, an dem man sich so gerne entlang hangeln würde, das einem eine klare Struktur gibt. Ich denke und hoffe, dass dieses Wissen darüber, dass es keine 100%ige Sicherheit im Leben gibt, auch mit dem Leben weiter und weiter kommt und ich generell vieles wesentlich entspannter sehen kann. Diese Leichtigkeit, von der Du z.B. von Deinen sexuellen Erfahrungen schreibst, ist inspirierend, denn bei mir selbst ist dieses Thema durch all meine Gedanken alles andere als leicht. Es hat gut getan, Deine offenen Worte und Deinen offenen Umgang mit Deinen Gedanken und Empfindungen zu lesen, Danke! 
Und zu den unterschiedlichen Zwängen, die wir alle so haben: Ja, kreativ sind wir und jeder hat (mindestens) einen wunden Punkt. Ich glaube es gibt keine subjektiv bedrohlich empfundenen Gedanken, die sich nicht auch zu einem Zwangsgedanken oder einer –handlung entwickeln können.
Ich finde es auch aber faszinierend, dass viele von uns die gleichen Zwänge entwickeln, ohne jemals zuvor von Zwangserkrankungen und Beispiele dazu gehört haben. Z.B. dass viele Menschen diese überdurchschnittlich große Angst vor HIV/AIDS entwickeln, die schnell das gesamte Leben einschränkt und wonach das Leben erstmal leider ausgerichtet wird und untergeordnet wird.

Ich danke Dir nochmals sehr für Deine Offenheit und wünsche Dir, dass Du wieder ganz zwangsfrei wirst.

Dackelita
vimi
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Registriert: Mi 8. Apr 2020, 22:02

Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von vimi »

Hallo Dackelita,
ich freue mich, dass ich dir etwas helfen konnte. Mir ist noch etwas eingefallen, was vielleicht nicht so klar, aus meinem Chat hervorging.
Die Sache mit den Panikattacken. Meiner Erfahrung nach entsteht die Panikattacke nicht nur durch Angst vor der Angst, das auch, aber noch mehr. Die Angst vor der Angst ist die grosse Furcht, ein übergangenes, ein unterdrücktes Gefühl nicht bewältigen zu können. Bei mir ist und war das grosse Thema Einsamkeit/Isolation, das ich nicht einfach locker bewältigen konnte, es machte mir richtig panisch Ängste. Dies habe ich wunderbar weggedrückt, die Angst davor blieb irgendwo im Hirn sitzen und wollte bewältigt werden, sie machte Stress - heute sage ich, sie wollte als Gefühl wahrgenommen werden. Da reichen manchmal schon Minuten für aus - welch Umstand um diese Ziet nicht aushalten zu wollen. Dieser Stress von alten tiefsitzendenund nicht wahrhaben wollenden Gefühlen - diese sind bei jedem etwas anderes gelagert, aber der Effekt der Verdrängung ist m.E. bei allen Zwängen der grosse Stressor, der die Botenstoffmechanik ins Wanken bringt und damit den Zwang anfeuert.. Wie oft hatte ich Zwangsgedanken, wenn eine stressige Aufgabe vor mir stand und wie weggeflogen waren die Zwangsgedanken, wenn ich die Aufgabe, den Stress, das wabernde Gefühl tiefer Angst bewältigt hatte. Ich denke heute, natürlich hatte ich es zu lernen, fest verankerte Entspannungsmechanismen zu etablieren, das war wohl untergegangen in meinem Leben. Sport gehört dazu, Tai Chi kann sehr viel helfen. Das alles aber ist nur das Hilfsmittel auf dem Weg, tief wabernde Ängste zu bewältigen. Ich bin mir sicher, dass das gehen kann. Wenn da schlimme Traumata drunterliegen, mag das einen andere Sache sein. Dann muss Trauma-Therapie den Weg bereiten. Diese Ängste zu bewältigen ist das A und O, dahinter steckt deine ganze Lebendigkeit. Ich hätte das gerne viel früher schon erkannt und gekonnt, es ist mir viel Lebenszeit mit grosser Lebendigkeit dadurch verloren gegangen, mach es besser, du bist noch viel jünger als ich.

Grüße vimi
Dackelita
Beiträge: 16
Registriert: Sa 18. Apr 2020, 10:41

Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von Dackelita »

Hallo Phyto,

vielen Danke für Deine lange und sehr offene Antwort. Ich habe Dir auch eine PN geschrieben, aber irgendwie bin ich mir nicht sicher (typisch Zwangserkrankte ;) :lol: ) ob sie überhaupt aus meinem Postfach herausgegangen ist, sie scheint im Ausgang zu hängen. Ist etwas angekommen?

Aber ich wollte Dir ja sowieso auch hier im öffentlichen Bereich schreiben, denn es wird noch einie andere geben, die die gleichen Gedanken haben wie Du und ich. Zunächst aber wollte ich Dir auch gratulieren, dass Du Dich genau wie ich ein wenig aus Deinem Gedanken'versteck' herausgetraut hast und Du auch über Deine Gedanken schreibst. Es ist sehr ähnlich wie bei mir auch. Es ist doch schlimm, dass alleine das Wort 'homosexuell' auszusprechen bei uns so große Ängste auslöst! Und da wir beide Mitte 30 sind, die Zwangserkankung auch bei uns beiden als Kinder losgegangen ist, naja, dadurch dass wir uns niemals anderen anvertraut haben, hatte das Thema viele viele Jahre Zeit, sich immer weiter auszubreiten und zu verfestigen, bis dahin, wie es uns heute geht.

Du schreibst auch einiges zu Deiner familiären und beruflichen Situation. Und das ist so schön, dasa Du zum 3. mal Vater wirst. Es ist aber auch eine mit Sicherheit sehr anstrengende Zeit, schön, aber eben auch anstrengend (stressig). Dann der Jobewechsel. Ich kann verstehen, dass da die Erkankung einfaches Spiel hat! Ich selbst würde sagen, dass ich leider kein tiefenentspannter Mensch bin, bis vor ein paar Jahren fühlte ich mich immer getrieben Dinge zu erleben, Menschen zu treffen, rauszugehen, viel zu arbeiten, zu reisen, zur Ruhe gekommen bin ich dabei nur selten und zu wenig. Mittlerweile weiß ich, wie wichtig ganz eigene Auszeiten sind, um einen stabil(er)en Zustand in meinem Kopf zu gewinnen. Bei Stress geht es oft mit zeitlichem Verzug dann rchtig los. D.h. in den stressigen Zeiten kann ich erst Wochen lang so leben und Volldampf geben, und dann kommt irgendwann der große Hammer. Der Körper zieht da wohl auch selber an der Reißleine. Vielleicht ist es bei Dir ähnlich, was Stress anbelangt bist Du vielleicht (so wie ich auch) vergleichsweise weniger resistent.

Nimmst Du bereits Medikamente oder hast Du jemals welche genommen und haben Sie Dir geholfen?
Ich nehme seit gut 4 Wochen Sertralin und die letzten 3-4 Tage habe ich endlich eine Besserung gespürt, keine Panikattacken mehr am Morgen. Mein Arzt hat mir gesagt, dass bei Zwangserkrankungen die Dosierung von Sertralin recht hoch angelegt werden muss, das Einschleichen war wirklich schlimm, aber nun geht es langsam in Richtung Stabilisierung. So sehr ich auch Freund davon bin, kaum bis keine Medikamente zu nehmen, und den Fokus auf eine (Verhaltens-)therapie zu legen, so denke ich doch auch, manchmal geht es nicht ohne, wenn man nicht mehr kann. Das Medkiament ist eine Krücke, aber für manche Zeiten im Leben braucht man halt manchmal auch eine Krücke, wenn man wieder 'leben' möchte.

Ich sende Dir eine lieben Gruß, es tut auch mir sehr gut zu lesen, dass es Dich mit den gleichen Zwängen gibt und zu sehen, dass es wohl mit Sicherheit auch noch viele andere gibt.
Ich wünsche Dir das Beste, wie allen anderen hier im Forum ebenfalls.
Kannst mir sehr gerne auch PN schicken wenn du magst und Zeit und Ruhe findest.

Lieben Gruß

Dackelita
Dackelita
Beiträge: 16
Registriert: Sa 18. Apr 2020, 10:41

Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von Dackelita »

Hallo Vimi,

Danke Dir nochmals, für Deine 2. Antwort, Deinen Ratschlag, den ich sehr zu schätzen weiß. Das Forum ist sehr wertvoll, dass wir uns gegenseitig Tips geben, aus den Erfahrungen anderer lernen können.
Ja, das kann sehr gut sein, dass die Angst vor der Angst durch tiefer sitzende unterdrückte Unsicherheiten/Gefühle/Ängste gespeist wird, darin einen guten Nährboden findet, der immer wieder in stressigen Episoden des Lebens zu größeren Ängsten bis zu Panikattacken führt. Was genau bei mir dahinter stecken kann, ich kann es vermuten. Diese Ursachen kann ich bei mir allerdings nur akzeptieren und nichts daran aktiv ändern, sie sind quasi ein Datum. Aber es ist gut, dass ich sie akzeptieren kann mittlerweile.

Zu den Entspannungsmöglichkeiten helfen mir serzeit spannende Bücher, die es zumindest schaffen, dass ich meinen Kopf für eine Zeit fast abschalten kann, in Bezug auf meine Zwangsgedanken. Und zum Glück werde ich langsam sesshaft und ruhiger, als noch vor ein paar Jahren.

Vielen lieben Dank für Deine wertvollen Tips. Ich wünsche Dir, dass es Dir auch wieder hoffentlich schon bald viel besser geht.

Dackelita
Phyto
Beiträge: 3
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Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von Phyto »

Hallo Dackelita,

ja stimmt, ist wichtig, dass im öffentlichen Bereich zu dem Thema was drinsteht.
Ich hab auch festgestellt, dass es unseren Zwangsgedanken gar nicht so selten gibt.
Und das auch nur durchs Durchklicken auf verschiedenen Foren, in denen was zum Thema HOCD geschrieben wurde.

Weiß nicht genau, warum ich das nicht eher gemacht habe. Das Zwangsthema Homosexualität zieht sich ja bereits 20 Jahre.
Erst die letzten beiden Jahre erkenn ich die genaue Krankheit dahinter. Dass der Körper spinnt, dass eine Angsterkrankung vorliegt war mir natürlich bewusst.
Ich glaube, vor mir selbst war mir das Zwangsthema Homosexualität so peinlich, dass ich es irgendwie die ganze Zeit durchneutralisiert hab und nie versucht hab tiefer zu graben.
Da hat es erst diesen kompletten Zusammenbruch gebraucht, um weiter zu kommen und um zu lernen sich zu öffnen.

Mir ist auch bewusst, dass mich die Krankheit ein Leben lang begleiten wird. Sie hatte Jahrzehnte Zeit sich zu chronifizieren.
Bestimmt begünstigt dadurch, dass man immer alles mit sich selbst ausgemacht hat und sich aus Scharm niemandem geöffnet hat.
Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, nicht gegen mein Hirn zu kämpfen.
Vorstellen kann ich mir aber, dass diese Krankheit wieder vermehrt auf einer Nebenbühne des Gehirns stattfinden kann.

Ich hab ein VT-Therapie ganz frisch begonnen und bin gespannt, ob ich dadurch was verändern kann. Recht dran glauben tu ich das nicht, aber schaden tuts bestimmt auch nicht.
Wissen ist ja bekanntlich Macht bei Zwangserkrankungen.

Mit ca. 20 Jahren war ich das erste Mal bei einem Psychiater und habe Medikamente verschrieben bekommen. Habe diesen aber keine Wirkung zuschreiben können. Dann hab ich zehn Jahre nichts eingenommen.
Im Januar 2019 habe ich auch Sertralin bekommen und mir gings darauf die ersten Wochen auch überhaupt nicht gut. Verstärkt Angst, Schwitzen, Augenflimmern. Danach gings ein wenig besser.

Keine Ahnung ob dass das Medikament war oder meine monatelange Krankschreibung. Ich wills aber ohne versuchen. Jetzt probier ichs mit hochdosiertem Johanniskraut und Baldrian. Das mach ich seit 3 Monaten. Richtig beurteilen auf die Wirkung kann ichs noch nicht. Schlechter ist es jedenfalls nicht geworden. :)
Deshalb hab ich den Benutzernahmen Phyto ;-).

Ich bin kritisch eingestellt zu den Medikamenten. Die Psychiaterin sagt ja völlig offen, es ist ein reines ausprobieren.
Entweder die neue Mischung im Kopf erleichtert die Krankheit, verschlechtert die Krankheit oder man merkt gar nichts.
Vor allem stört mich, dass man mit Zwang und Angst hochdosiert einnehmen muss. Ich weiß nicht......
Jeder ist anders. Vielleicht ist Sertralin für deine Gehirnchemie genau das richtige und hilft dir, so wie du es beschrieben hast, für einige Zeit als Krücke. Ich wünsche es dir und es freut mich dass es bei dir im Kopf schon ein wenig ruhiger geworden ist!

Mittlerweile glaube ich, dass hauptsächlich das Verstehen ein gewisses Umlernen im Hirn bewirkt und man hoffentlich so ein gutes Leben mit dieser Krankheit führen kann.
Vimi beschreibt das gut.

Mich würde interessieren, ob hier im Forum Betroffene sind, deren Gehirn schon mal mit bildgebenden Verfahren untersucht worden ist und ob man die überaktiven Regionen lokalisieren hat können.
Ich habe meine Psychiaterin dazu gefragt. Auf die Frage, ob man denn nicht erst einmal z.B den Serotoninspiegel im Gehirn messen kann oder das Gehirn nach überaktiven Regionen „scannen“ kann um gezielter behandeln zu können, als immer mit der Chemiekeule, meinte sie nur, dass ich dazu an einer Uniklinik mal nachfragen kann, die forschen.
Stand der Medizin, sind leider nur die seit Jahrzehnten kaum weiter entwickelten Antidepressiva.
Sie sagt oft zu mir. „Vielleicht lachen die in 15, 20 Jahren über uns, so wie wir behandelt haben“.

Ja, auch ich merke meine geringe Stressresitenz und geringe Belastbarkeit. Wenn zu viel zusammen kommt um das ich mich kümmern muss, wenn zu viel Unordnung, in Form von unerledigten Dingen, um mich herum herrscht, dann hat der Zwang noch leichteres Spiel.
Natürlich mit Kindern hat man noch mehr Stress. Bei mir vor allem in der Form, meiner Verantwortung als Vater und Ehemann durch die Krankheit nicht gerecht zu werden.
Aber sie geben, wie du schreibst, soviel zurück und sind zusammen mit meiner Frau das Glück meines Lebens.
Ich zieh mich eher zurück wenns mir nicht gut geht und kann zuhause, in der Natur und durch meinem Glauben, ich bin gläubiger Katholik, am ehesten ein wenig runterkommen.
Dieses getrieben sein wie du kenn ich nicht. Wenn mein Kopf, meine Dauerangst ruhiger ist, dann werde ich aktiver, wenn nicht, dann zieh ich mich zurück.

Ich antworte dir noch auf deine PN!

Viele Grüße an dich, viel Kraft und Zuversicht, an alle hier,
Im Zwang verbunden ;)
Nein, lieber im gesund werden verbunden :)

Phyto
Elinor
Beiträge: 1
Registriert: Di 1. Sep 2020, 17:39

Re: Sexuelle Zwangsgedanken

Beitrag von Elinor »

Hallo in die Runde,

eure Beiträge sind schon ein paar Monate alt, aber ich hoffe, ihr schaut vielleicht trotzdem noch danach. Ich habe seit ca 2 Jahren ebenfalls mit Zwangsgedanken bzgl. meiner sexuellen Orientierung zu kämpfen und wenn sie aufflammen ist es wirklich das furchtbarste Gefühl, das man sich vorstellen kann :( Ich bin 28 und seit 11 Jahren in einer glücklichen Beziehung mit einem Mann, den ich über alles liebe, mit dem ich mir eine wunderbare Zukunft vorstellen kann und der mich sexuell auch total ausfüllt. Es ist verrückt, aber ich habe wirklich nie das Bedürfnis gehabt, groß rumzuexperimentieren oder vielfältige sexuelle Erfahrungen zu sammeln, weil es mir in der Beziehung immer so gut ging.

Und vor zwei Jahren ging mir dann plötzlich der Gedanke durch den Kopf: was ist, wenn du eigentlich lesbisch bist und es nur nicht gemerkt bzw. unterdrückt hast? Ich konnte dann plötzlich an nichts anderes mehr denken, musste mich in jeder freien Minute mit dem Gedanken auseinandersetzen mit dem verzweifelten Drang, mir zu beweisen, dass er nicht wahr ist. Aber egal, wieviele Aspekte ich gefunden habe, mein Gehirn kam ständig mit neuen Ideen auf bzw. habe ich natürlich auch alles mögliche im Internet gelesen, warum man trotzdem lesbisch sein könnte, auch wenn man in einer glücklichen heterosexuellen Beziehung ist und mich gezwungen, wirklich alles zu hinterfragen. Es fühlt sich an, als ob man mich in der Mitte auseinanderreisen würde und mir den Boden unter den Füßen wegziehen würde :(

Ich habe damals quasi sofort mit meinem Freund darüber gesprochen, weil ich so dermaßen neben der Spur war, dass ich das unmöglich verheimlichen hätte können.. er hat dann aber ziemlich gelassen reagiert und meinte, wenn das etwas wäre, was mich reizen würde, könnte ich das auch ausprobieren. Da ist mir dann erstmal klar geworden, dass ich überhaupt kein sexuelles Interesse/Verlangen nach Frauen verspüre.. ich halte es prinzipiell zwar nicht für unmöglich, aber ich habe einfach keine sexuellen Gedanken/Fantasien mit Frauen. Ich habe nur panische Angst davor, dass ich mich in eine verlieben könnte, vielleicht weil ich grundsätzlich eher zu Frauen "aufschaue" oder mich inspirieren lasse und manchmal Frauen, die ein ganzes Stück älter als ich sind gerne ein bisschen anhimmle :) Mir ist bewusst, dass sich sexuelle Orientierung irgendwie ja auch auf einem Spektrum bewegt und fluide sein kann und eigentlich finde ich den Gedanken überhaupt nicht schlimm bzw. sogar sehr schön, weil es einem ja erlaubt, solche Neigungen anzunehmen. Und früher habe ich mir auch nichts dabei gedacht, wenn ich das Gefühl hatte, auch mal ein bisschen in eine Frau "verknallt" zu sein, weil mir klar war, dass da niemals etwas sexuelles/romantisches im Spiel war. Deswegen wundert es mich umso mehr, warum mein Gehirn mit dieser Ambiguität, die ja eigentlich etwas schönes ist, plötzlich nicht mehr umgehen kann und von mir verlangt, 100% sicher zu sein, dass ich 100% heterosexuell zu sein, es macht einfach keinen Sinn...

Mittlerweile kann ich eigentlich ganz gut damit umgehen und habe im englischsprachigen Bereich auch sehr viel hilfreiche Literatur zur Selbsthilfe gefunden. Vor einem Jahr habe ich versucht, einen Therapieplatz zu bekommen, aber leider nicht erfolgreich, bin seit 15 Monaten auf einer Warteliste und habe noch keine Rückmeldung bekommen. Da es mir dann teilweise auch wieder gut ging, habe ich es dann auch erstmal nicht weiter probiert. Vor einer Woche hatte ich dann wieder einen kleinen Rückfall, der mich ziemlich niedergeschmettert hat. Es war wahrscheinlich stressbedingt (ich schreibe gerade an meiner Masterarbeit und werde dann direkt ohne Pause anfangen zu arbeiten, was mich ziemlich unter Druck setzt) und mittlerweile habe ich wieder ein ganz gutes Gleichgewicht, aber es hat mir gezeigt, wie sehr mich die Gedanken doch noch umhauen können. Und in anderen Bereichen (Gesundheit, Zukunftsängste, Was-wäre-wenn-Fragen) erkenne ich dann auch ein ähnliches Verhaltensmuster bzw. den Zwang, über einen Gedanken absolute Gewissheit zu erlangen, was meistens nur Unmengen an Zeit verschwendet, weil es meistens Themen sind, über die es keine absolute Sicherheit gibt... Deshalb meine ich, dass die richtige Verhaltenstherapie da vielleicht doch helfen würde, damit besser umzugehen bzw. den Kreislauf früher zu durchbrechen. Wie habt ihr denn einen geeigneten Therapeuten gefunden? Ganz normal über die Krankenkasse oder bezahlt ihr privat dafür? Manchmal spiele ich mit dem Gedanken, das zu machen, obwohl ich mir das eigentlich gar nicht leisten kann, einfach, um nicht mir diese furchtbare Suche mitmachen zu müssen...

Würde mich über Erfahrungsaustausch freuen und bin froh, dass ich nicht allein bin mit diesem komischen Mist...
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