[Coronavirus]

Frank99
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Registriert: Di 19. Jan 2021, 15:27

Re: [Coronavirus]

Beitrag von Frank99 »

Hallo zusammen,

ich bin gerade das erste Mal auf dieses Forum gestoßen. Ich hab die Seite bis jetzt nur zur Therapeutensuche genutzt.
Kurz zu mir. Ich bin 21 Jahre alt, habe bei einer Bank eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht und studiere nun an einer FH BWL im 2. Semester, während ich nebenbei noch als Werksstudentin bei der Bank arbeite.
Ich habe seit 2012/13 (genau kann ich das nicht mehr sagen) Waschzwänge, die sich aber im Laufe der Zeit auch in andere Zwänge verändert/ ausgeweitet habe. Ich nenne mal einige Beispiele: Nachdem meine Oma an Krebs gestorben ist, hatte ich immer wieder die Gedanken, dass ich es ja gut finden würden, dass sie tot ist und habe mich selber so verurteilt, dass ich nicht richtig trauern konnte, weil ich das Gefühl hatte es steht mir nicht zu, wenn ich solche Gedanken habe. Dann hatte ich Angst etwas aus einem Geschäft zu klauen und bin nur noch mit Händen in den Taschen in Geschäfte gegangen und wenn ich mich einen Augenblick nicht darauf konzentriert habe, hatte ich innerlich ganz große Angst, dass ich was geklaut habe, usw. Im Jahr 2019 sind Bekannte von mir bei einem Autounfall ums Leben gekommen und da wiederholte sich das Prozedere von nach dem Tod meiner Oma. Ich habe wieder gedacht, ich bin froh dass die tot sind und hab mich dafür selber gehasst. Parallel lief die ganze Zeit noch der Waschzwang ab, der sich darin geäußert hat, dass ich immer wieder meine Hände gewaschen habe und teilweise stundenlang geduscht habe, aus Angst nicht sauber genug zu sein. Später hat sich der Waschzwang hauptsächlich auf Urin konzentriert.

Letztes Jahr war vor allem die Angst, dass ich schlecht über meine Freunde reden könnte oder Geheimnisse erzähle oder ähnliches, sodass ich angefangen habe, ganze Gespräche auf meinem Handy aufzuschreiben und so weiter. Das war eines der stärksten und längsten Zwänge. Ich hab schon Panik bekommen, wenn ich angefangen habe über meine Freunde zu reden.

Ich war mittlerweile bei drei verschiedenen ambulanten Therapeuten. Die letzte Therapie habe ich heute abgebrochen, weil ich keinerlei Veränderung merke. Anfang 2020 war ich teilstationär was tatsächlich auch viel gebracht hat, aber dann kam Corona.
Mittlerweile bin ich ausgezogen, weil das Verhältnis zu Hause immer angespannter wurde und ich meine Mutter auch immer als Absicherung brauchte bzw brauche dass ich nichts schlimmes mache usw. Es ist echt schwierig alleine klar zu kommen, die Uni und so läuft alles nebenbei und ich stehe in fast allen Fächern 1, weil ich das irgendwie als Pflicht sehe, dass gut zu schaffen, aber ich hab gefühlt überhaupt keine Kraft mehr und laufe auf dem letzten Zahn.

Nun zu meinem aktuellen Zwang. Ich hab zu Beginn des Lockdowns als Corona gerade angefangen hat, teilweise wenn ich wütend war Leute angehustet und hab auch gedacht, dass sie ruhig sterbe können und so weiter. Ich hatte aber danach irgendwie kein schlechte Gewissen und während ich in der Klinik war kam das ganze irgendwie nochmal in einem ganz anderen Zusammenhang, dass ich Angst hatte Leute anzustecken, dann aber auf der anderen Seite angehustet habe und mich dann im Umkehrschluss gefühlt habe wie eine Mörderin. Dann hab ich nach der Klinik immer wieder darüber nachgegrübelt, hatte Panikattacken und hab mich fertig gemacht, dass ich jemanden umgebracht haben könnte. Weil ich bin der Meinung, dass die ersten Male nichts mit meinem Zwang zu tun haben, sondern dass ich einfach unfassbar sauer war und wirklich böse Absichten hatte. Ich kann mich nicht mehr im Spiegel angucken, weil ich mich so hasse.

Ich weiss nicht, wie ich daraus kommen soll.

Vielleicht hat einer von euch eine Idee.

Liebe Grüße
Life1a
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Re: [Coronavirus]

Beitrag von Life1a »

Betreff: Corona-Impfung
Bezug: Antonias Beitrag vom 19.01.2021

Hallo Antonia, ich kann Deinen Beitrag leider überhaupt nicht nachvollziehen.
Also für mich (Zwangsstörung mit Kontaminationsängsten) hat sich die Situation durch die Corona-Krise dramatisch verschlimmert.
Meine laufende Therapie ist komplett aus dem Ruder gelaufen, weil ich kaum unterscheiden kann, was Zwang ist und was notwendig aus Corona-Schutz. Deshalb wäre eine schnelle Impfung (Priorisierung) für mich extrem wichtig.
Ich hätte gehofft, dass sich die DGZ in Sachen Impfung schon längst massiv für uns eingesetzt hätte.
Danke und Gruß.
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Antonia
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Re: [Coronavirus]

Beitrag von Antonia »

Hallo life1a, hallo ihr Lieben!

Ich verstehe, dass es für Dich, euch nur schwer nachzuvollziehen ist. Es geht uns allen, die wir an Zwängen leiden, nicht gut. Mir auch nicht.
Ich habe den Wunsch, Zwangserkrankte eher, zu impfen, im wissenschaftlichen Beirat unseres Vereins diskutiert. Die Regierung meint, dass Menschen mit körperlichen, Chronischen Erkrankungen und Alters bedingt, zuerst geimpft werden müssen. Gegen dieses Argument können wir nichts fundiertes vortragen. Ich weiß, dass es für Menschen mit Zwängen schwer nachvollziehbar- und zu ertragen ist, zumal es ja auch noch an ausreichend Impfstoff mangelt. Wenn denn genügend Impfstoff zur Verfügung steht, kann man versuchen, als psychisch Erkrankter eher einen Impftermin zu bekommen.

Was wir aber tun wollen, dass wir an die Krankenkassenverbände herantreten, dass das Kostenerstattungsverfahren, für Therapeuten ohne Kassenzulassung, vereinfacht, bzw. schneller bewilligt wird, damit die Wartezeiten deutlich reduziert werden. Mit der Bundespsychotherapeutenkammer stehe ich deswegen auch schon in Kontakt. Denn die gegenwärtige Situation ist nicht mehr hinnehmbar.

Es ist schwer, ich weiß, aber haltet durch,
Liebe Grüße
Antonia.
Ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein, wie andere mich haben wollen. ;)
Life1a
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Re: [Coronavirus]

Beitrag von Life1a »

Zu Frank99 Beitrag vom 19.Jan.2021 .....
Hallo, meine Sicht dazu ist die folgende:
Die Gedanken zur Oma und zu den Bekannten mit dem Autounfall sind "aufdringliche Gedanken". Solche Gedanken können kommen, sind normal, auch Gesunde haben solche Gedanken. Der Unterschied zwischen Gesunden und Menschen mit Zwangsproblematik ist der, dass Gesunde solche Gedanken einfach zulassen, aber nicht wirklich ernst nehmen, sondern zur Tagesordnung übergehen. Menschen mit Zwangsproblematik hingegen fehl-interpretieren solche Gedanke als "wahr", "wichtig", "ernsthaft" und versuchen sie zu verdrängen, was das Problem aber verschärft.
Zu dem "Anhusten" fällt mir nicht wirklich was ein, außer der Frage, ob Du wirklich sicher bist, dass Du die Menschen tatsächlich absichtlich angehustet hast?
Generell gesagt, könnte Dir bestimmt Verhaltenstherapie bei einem Experten oder einer Expertin für Zwangsstörungen helfen. Entweder ambulant oder in einer Klinik.
Viele Grüße.
Life1a
Beiträge: 7
Registriert: Di 26. Jan 2021, 22:13

Re: [Coronavirus]

Beitrag von Life1a »

Betreff: Corona-Impfung
Bezug: Antonias Beitrag vom 27.01.2021
Hallo Antonia, danke für die Antwort.
Ich glaube niemand von uns stellt in Abrede, dass die Gruppen, die von der Regierung hoch-priorisiert wurden, wirklich hoch-priorisiert sein sollten. Deshalb läuft die Impfung dieser Gruppen - wenn auch etwas schleppend - schon seit dem 27.Dezember 2020.
Allerdings sollten wir den Leidensdruck von Menschen mit Zwangsstörungen in der Corona-Krise nicht selber zu gering einschätzen. Unter Umständen hat das, auch durch die Dauer der Krise, so bedrohliche Ausmaße angenommen, dass aus meiner Sicht eine sehr baldige Impfung absolut sinnvoll und gerechtfertigt wäre.
Danke für Deinen Aufruf zum "Durchhalten", das macht Sinn.
Viele Grüße.
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SHG
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Exposition!

Beitrag von SHG »

Gibt es nun eine Stellungnahme der DGZ oder erwartet man von den Regierenden, dass sie sich besonders der Bedürfnisse der <<1% der Bevölkerung, die an einer Zwangserkrankung mit Kontaminationsängsten leidet, annehmen. Ob eine vorzeitige Impfung angebracht ist, ich meine, darüber ließe sich diskutieren (darum würde mich die Meinung der DGZ interessieren), hinsichtlich unablässigem Einmahnen von Vorsichtsmaßnahmen (für Teile der Menschen wsl. auch notwendig) wäre es meiner Meinung nach schon angebracht, dazu Anregungen zu geben, wie man als Betroffener von Kontaminationsängsten besser damit umgehen könnte (z.B. frage ich, ob man sagen kann, dass > ca. 20x am Tag sich die Hände zu waschen eher ungesund sein dürfte). Ich verstehe schon, dass das für viele eine sehr fordernde Situation ist, aber sich dann zu so manchem einfach gar nicht zu äußern (vielleicht auch aus vermeintlicher Übervorsicht), ist finde ich auch keine gute Lösung.

Ich weiß schon, es bringt nicht viel, wenn wir uns jetzt gegenseitig was vorwerfen und ich bitte euch, das nicht so zu verstehen, aber vielleicht gibt der Ausdruck meiner leichten Verärgerung eine gewisse Anregung zur Ermutigung, auch mehr aus sich raus zu gehen.
Alles Liebe!
Life1a
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Registriert: Di 26. Jan 2021, 22:13

Re: [Coronavirus]

Beitrag von Life1a »

Betreff: Corona-Impfung
Danke SHG!
Ich bin von dem Verhalten der DGZ in dieser Sache schwer enttäuscht.
Sind im wissenschaftlichen Beirat Betroffene, die am eigenen Leib seit nun einem Jahr erleben, was Zwänge mit Kontaminationsängsten bei Corona-Pandemie bedeuten?
Bei mir zum Beispiel haben die Zwänge massiv zugenommen, ich habe vor lauter Stress 13 kg abgenommen, habe starke körperliche Beschwerden und hatte einen Unfall, weil ich mich vor Corona-Viren schützen wollte.
Eine schnelle Corona-Impfung würde Druck wegnehmen, so dass ich mich wieder realistisch mit der Therapie beschäftigen könnte.
Wir können nicht glauben, dass die Regierenden an uns denken, wenn noch nicht mal die DGZ es für nötig hält den Mund aufzumachen.
Viele Grüße.
Ulrike
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Re: [Coronavirus]

Beitrag von Ulrike »

Hallo,

Antonia schrieb: "
"Ich verstehe, dass es für Dich, euch nur schwer nachzuvollziehen ist. Es geht uns allen, die wir an Zwängen leiden, nicht gut. Mir auch nicht.
Ich habe den Wunsch, Zwangserkrankte eher, zu impfen, im wissenschaftlichen Beirat unseres Vereins diskutiert. Die Regierung meint, dass Menschen mit körperlichen, Chronischen Erkrankungen und Alters bedingt, zuerst geimpft werden müssen. Gegen dieses Argument können wir nichts fundiertes vortragen. Ich weiß, dass es für Menschen mit Zwängen schwer nachvollziehbar- und zu ertragen ist, zumal es ja auch noch an ausreichend Impfstoff mangelt. Wenn denn genügend Impfstoff zur Verfügung steht, kann man versuchen, als psychisch Erkrankter eher einen Impftermin zu bekommen"


Ich finde, dass ist hier gerade ein ganz schwieriges Thema. Das Problem ist in meinen Augen nicht die Reaktion des wissenschaftlichen Beirates der DGZ, sondern dass es momentan noch nicht genug Impfstoff gibt. Das Problem ist, dass deutlich mehr Menschen besser sofort als morgen Impfstoff brauchen.

Ich leide auch sehr unter den Folgen der Pandemie. Und meine Zwangserkrankung hat das Thema so richtig okkupiert. Für mich sind zwar auch Kontaminationsängste ein Problem , noch mehr aber die Aerosole. Mein Zwang tobt sich zum Teil so richtig aus... Ich versuche, im Rahmen meiner Möglichkeiten in kleinen Stücken , so wie es mir möglich ist, gegen den Zwang zu arbeiten. Manchmal sind das nur gefühlte Millimeter...Aber da es sich ja um eine reale Bedrohungssituation handelt, ist das oft sehr schwer, gegen den Zwang zu arbeiten. Und ja auch eine Frage der Abgrenzung, was jetzt der Zwang ist und was angemessenes Verhalten angesichts der Pandemie. Oft kann ich das nicht unterscheiden.

Ich hoffe sehr, dass sehr bald schnell viel Impfstoff vorhanden ist. Ich selbst werde versuchen, in der Gruppe der über 60Jährigen und für Menschen mit Vorerkrankungen dranzukommen. Ich bin noch nicht über 60 Jahre. Das ist ein Weg , den ich mir für mich vorstellen kann. Wenn es bei diesem Vorhaben bleibt, werde ich versuchen über ein ärztliches Attest, welches ich beim Gesundheitsamt einreiche, berücksichtigt zu werden.

Ich kann mir auch vorstellen, dass wenn es für jemanden so leidvoll ist und sehr schwer auszuhalten (was ich absolut nachvollziehen kann), man in Eingenregie versuchen könnte, über eine ärztliche Bescheinigung, welche die starke Notlage wiederspiegelt, eine Einzelfallentscheidung zu bewirken. Jetzt kommt ja auch ein Impfstoff auf den Markt, der nur für unter 65 Jährige zugelassen ist. Das könnte hilfreich sein.
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SHG
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immer sicherer?

Beitrag von SHG »

Fußnote zur Pandemie im Kapitel zu Kontaminations-Zwängen im OCD Mindfulness Buch von Hershfield et al.:
"Wir empfehlen, die Ratschläge von Gesundheitsorganisationen hinsichtlich zusätzlichem Händewaschen zu befolgen.
Aber sei dir im Klaren, keine Richtlinie wird je das Sicherheitsbedürfnis des Zwanges befriedigen."

Und ein Zitat aus einem Artikel von merkur.de:
"Doch wann spricht man von einer Zwangsstörung? Wer sich 20 Mal am Tag die Hände wäscht, gilt vor allem in der aktuellen Situation nicht als betroffen - vor allem, weil die Corona-Hygieneregeln regemäßiges und sorgfältiges Händewaschen vorsehen. Wer jedoch am Tag länger als eine Stunde damit zubringt, sich die Hände zu waschen und dadurch Probleme in der Bewältigung des Alltags bekommt, leidet wahrscheinlich an einem Waschzwang."
Eine weiterführende Erklärung dazu würde mich interessieren.

Die Bewältigung des Alltags, durch verschiedenste Vorsichtsmaßnahmen, scheint für viele Menschen zur Herausforderung (mitunter Überforderung) zu werden. Ist es nicht problematisch, wenn die Vorsichtigen zu immer noch mehr Vorsicht aufgefordert werden. Sollten sie das unsorgsame Verhalten der anderen kompensieren?
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SHG
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Pantherapie

Beitrag von SHG »

Die "Therapie" gegen die Pandemie wäre das Einhalten der Maßnahmen, die wir ja aller bereits gut kennen. Wenn eine geschlossene Gruppe diese ganz rigoros einhalten würde, wäre es möglich das Virus innerhalb ca. zwei Wochen zu beseitigen. Damit könnte man allerdings auch bei allen Menschen dieser Gruppe eine andere Krankheit/Störung diagnostizieren, nämlich eine Zwangsstörung mit Kontaminationsängsten (zumindest bei Patienten, die hierfür vulnerabel sind, bei anderen Patienten möglicherweise andere Symptome). Wenn die Therapie einer Krankheit, eine andere Erkrankung/Symptomatik verursacht, stellt sich die Frage, ob diese als indiziert angesehen werden kann bzw. ob die verursachte Symptomatik therapiert werden kann.. und, wenn man das einfach nicht berücksichtigt, ist es wsl. so, dass ein ein vernünftiger Patient sich überlegt, die verordnete Therapie abzulehnen.

Nun ist es so, dass eine tödliche Pandemie behandelt werden soll, zumindest sehe ich das so. Nur dazu gehört auch Nebenwirkungen zu beachten und die Menschen davor zu schützen.

Nachtrag:
Jetzt ist mir gerade noch ein alter Witz dazu eingefallen:
Treffen sich zwei Erden. Die eine fragt: "Wie geht es dir?"
Die andere: "Nicht so gut. Ich hab' Homo sapiens."
"Ui, du Arme. Aber, das geht vorbei."
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