Distanz/Einsicht beim Zwang

downtherabbithole
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Re: Distanz/Einsicht beim Zwang

Beitrag von downtherabbithole »

Aus aktuellem Anlass muss ich jetzt doch noch was dazu sagen.
Diese blöden Affenpocken...
Liest man sich da durch was Haushaltsangehörige machen sollen dann frag ich mich natürlich auch wieder ob nicht manche Sachen die ich mache, doch Sinn machen (nicht im Bezug auf das magische Denken aber halt wegen Ansteckungsgefahr). Mir geht es jetzt nicht um ritualmäßiges Wiederholen von iregndwas. Also es macht immer noch keinen Sinn seine Wäsche 5x zu waschen bevor man sie anzieht oder 5x die Hände zu waschen oder so was. Aber bei manchen Krankheiten wird ja schon empfohlen zB bei 60 Grad Wäsche zu waschen und auch Oberflächen wie Handys zu reinigen (das machen laut meiner Umfrage bei meinen Freunden nämlich die wenigsten).
Natürlich kann man das wie bei Grippe sagen, macht nur Sinn wenn jemand im Haushalt betroffen ist...ist aber auch wieder für mich fraglich, weil so kann ichs mir ja auch ins Haus schleppen.
:roll:

Also ich kann schon verstehen wenn man aus Angst vor Viren Zwänge hat es noch fraglicher findet was sinnvoll ist, aber da kann man schon auch Grenzen ziehen. Die Frage ist halt nur wo bei dem was in den letzten Jahren so los ist. :roll:
PetraPetra
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Re: Distanz/Einsicht beim Zwang

Beitrag von PetraPetra »

downtherabbithole hat geschrieben: Mi 10. Aug 2022, 18:56 Aber bei manchen Krankheiten wird ja schon empfohlen zB bei 60 Grad Wäsche zu waschen und auch Oberflächen wie Handys zu reinigen (das machen laut meiner Umfrage bei meinen Freunden nämlich die wenigsten).
Natürlich kann man das wie bei Grippe sagen, macht nur Sinn wenn jemand im Haushalt betroffen ist...ist aber auch wieder für mich fraglich, weil so kann ichs mir ja auch ins Haus schleppen.
:roll:

Also ich kann schon verstehen wenn man aus Angst vor Viren Zwänge hat es noch fraglicher findet was sinnvoll ist, aber da kann man schon auch Grenzen ziehen. Die Frage ist halt nur wo bei dem was in den letzten Jahren so los ist. :roll:
Genau solche Gedanken gehen mir auch durch den Kopf.

Ich habe ja Angst vor Erkältungskrankheiten. Und wen ich sehe wie selten ich in den letzten 8 Jahren....also seit ich unter dem Waschzwang leide.....krank war,,,,, gibt mir meine Logik recht.
Jessi
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Re: Distanz/Einsicht beim Zwang

Beitrag von Jessi »

Hey :)

Ich denke das ist ganz individuell. Es gibt schließlich Menschen, auch ohne Zwang, die sehr penibel auf Sauberkeit achten und es gibt Menschen, die es eher nicht so fokussieren. Damit meine ich jetzt nicht Verwahrlosung oder dergleichen, beide Menschen können sich im "normalen" Rahmen befinden aber einander schief anschauen, da sie andere Wertvorstellungen haben.
Man spricht ja auch nur von einem Zwang wenn ein Leidensdruck besteht und ich glaube darauf sollte man sich konzentrieren.

Beispielsweise schreibt @Petrapetra ja, dass sie irgendwo Bestätigung des Zwangs bekommen hat, da sie nicht krank werde.
Wie viel Leidensdruck steckt denn dahinter? Verpasst du Beispielsweise viele Dinge, aus Angst dich dort anstecken zu können? Oder der Zeitaufwand bei den Ritualen?
Ich glaube man muss dabei abwägen wie groß der Nutzen für einen persönlich ist. Ist die Angst so groß, dass sie einen einschränkt Dinge zu tun, die man normalerweise gerne tun würde, kann man das als Indikator dafür sehen, dass man noch von dem Zwang beherrscht wird.

Ich habe zwar keinen Waschzwang, aber die Sorge davor, was ist jetzt der Zwang und was ist normal kenne ich auch.
Ich glaube sowieso, dass Zwänge immer gleich funktionieren, weshalb man sich auch so gut verstanden fühlt wenn man sich hier austauscht.


LG Jessi
PetraPetra
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Re: Distanz/Einsicht beim Zwang

Beitrag von PetraPetra »

Jessi hat geschrieben: So 28. Aug 2022, 11:20

Beispielsweise schreibt @Petrapetra ja, dass sie irgendwo Bestätigung des Zwangs bekommen hat, da sie nicht krank werde.
Wie viel Leidensdruck steckt denn dahinter? Verpasst du Beispielsweise viele Dinge, aus Angst dich dort anstecken zu können? Oder der Zeitaufwand bei den Ritualen?

Hallo Jessi,
Also ich mache in der Regel schon ziemlich dass was ich gerne möchte. Aber ich wäge bei manchen Dingen tatsächlich schon ab und zu ab ob sich das nun rentiert oder ob es mich stresst. Ich würde mal sagen, es schränkt mich ganz minimal ein.

Ein Beispiel: ich und mein Mann gehen spazieren und anschließend wollen wir noch eine Eis in der Eisdiele essen. Ich halte nicht Hänchen da ich ja später das Eis in der Hand halte. Also ich überlege zuvor wie ich was mache. Und das ist im Grunde eine Einschränkung.

Jedoch gehe ich auf Konzerte, fahre in den Urlaub, gehe Baden oder mache Ausflüge und vieles mehr. Wenn ich was will mache ich es in der Regel schon. Mhhhhh ich hoffe ich konnte das einigermaßen rüber bringen was ich meine.

Gruß Petra
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Yorge
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Re: Distanz/Einsicht beim Zwang

Beitrag von Yorge »

Ich verstehe sehr gut, was du meinst. Bei mir ist es auch so, dass ich im Großen und Ganzen schon das meiste machen kann. Aber vieles im Alltag, was ich gerne tuen möchte, erlaubt ich mir wegen dem Zwang (noch) nicht (z.B. aus Angst vor Infekt). Ich versuche das zu bedenken, diese scheinbaren Kleinigkeiten trotzdem zu machen. Erlaube dir ruhig Händchen zu halten, vorm Eis essen, wenn du/ihr das gerne mach(s)t. Du hast dadurch eventuell ein winzig erhöhtes Risiko eines Infektes - aber in Summe, wenn du dir diese vielen kleinen L(i)ebenswürdigkeiten wieder ein wenig mehr erlaubst, wird das Leben viel wertvoller. Oder zumindest ein kleiner Kompromiss - dann desinfizierst du eben noch mal kurz vorm Eis-Essen. Und wenn es f Eis schon zu kalt ist, dann gönne dir heute noch etwas anderes Schönes. Ich werde heute - auch angeregt durch das Forum hier - versuchen mir das eine oder andere trotzdem erlauben.. das muss einfach(er) sein!

Und weil zuletzt öfter mal geschrieben wurde, von wegen „ich war so gut wie nie krank wegen Händewaschen..“ - auch die Zwangserkrankung ist eine Erkrankung und dieser Nebeneffekt - sich vielleicht tatsächlich seltener zu infizieren (schuldig machen, palmieren,…) steht einfach nicht dafür - das muss eben der Zwang dann auch mal kappieren

Schönen Tag!
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
PetraPetra
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Re: Distanz/Einsicht beim Zwang

Beitrag von PetraPetra »

Da hast du recht. Es steht auf keinen Fall zum Verhältnis. Ich sage mir das ja auch öfter mal. Dann hast du halt mal eine Woche Schnupfen oder Husten und Co. Dafür lebt es sich den Rest des Tages leichter. Tja....und dann kommt die Situation und schwupp ist man wieder im Zwang und kann nicht anders. Der Verstand weiß es die Handlung sieht dann anders aus... :?
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SHG
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Flexibel Entscheiden

Beitrag von SHG »

Ich denke, das was ich definitiv zweifellos nicht kann oder ich ganz bestimmt tun muss - das kann schon auch mühevoll.. sein. Aber das macht mir nicht die Zwangs-Struggles. Es mag schon sein, dass es mir vorkommt als müsste ich und könnte ich nicht anders, weil die Gewohnheit, Angst und Zweifel es für mich ansonsten schier unerträglich machen. Aber ich weiß, ich könnte (und sollte wsl. auch) schon anders (normaler) tun. Und das macht es für mich dann so schwierig - das entscheiden zu müssen. Am liebsten würde ich das machen, was mir ganz sicher (und zumindest körperlich am gesündesten) vorkommt. Ich merke aber, es ist übertrieben und letztlich auch nicht mehr gesund. Nicht nur wegen der v.a. psychischen und sozialen tlw. körperlichen Nebeneffekte des zwanghaften Verhaltens. Auch weil ich in diesem Teilbereich keine Flexibilität mehr habe.

Das ist jetzt wieder recht theoretisch und vielleicht hab ich‘s auch selbst für mich noch nicht ganz klar. Gerade was Umgang mit Sorge vor Kontamination angeht zeigt sich für mich durch Corona, wie notwendig es ist dabei flexibel zu bleiben, um auf die Dauer das gut und vernünftig auszuhalten. Sowohl das eine (Virus ist vollkommen lebensbestimmend), wie auch das andere (so tun, als gäbe es keine Gefahr durch das Virus) Extrem scheint mir keine gute Lösung zu sein.
downtherabbithole
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Re: Flexibel Entscheiden

Beitrag von downtherabbithole »

SHG hat geschrieben: Do 1. Sep 2022, 06:28 Ich denke, das was ich definitiv zweifellos nicht kann oder ich ganz bestimmt tun muss - das kann schon auch mühevoll.. sein. Aber das macht mir nicht die Zwangs-Struggles. Es mag schon sein, dass es mir vorkommt als müsste ich und könnte ich nicht anders, weil die Gewohnheit, Angst und Zweifel es für mich ansonsten schier unerträglich machen. Aber ich weiß, ich könnte (und sollte wsl. auch) schon anders (normaler) tun. Und das macht es für mich dann so schwierig - das entscheiden zu müssen. Am liebsten würde ich das machen, was mir ganz sicher (und zumindest körperlich am gesündesten) vorkommt. Ich merke aber, es ist übertrieben und letztlich auch nicht mehr gesund. Nicht nur wegen der v.a. psychischen und sozialen tlw. körperlichen Nebeneffekte des zwanghaften Verhaltens. Auch weil ich in diesem Teilbereich keine Flexibilität mehr habe.

Das ist jetzt wieder recht theoretisch und vielleicht hab ich‘s auch selbst für mich noch nicht ganz klar. Gerade was Umgang mit Sorge vor Kontamination angeht zeigt sich für mich durch Corona, wie notwendig es ist dabei flexibel zu bleiben, um auf die Dauer das gut und vernünftig auszuhalten. Sowohl das eine (Virus ist vollkommen lebensbestimmend), wie auch das andere (so tun, als gäbe es keine Gefahr durch das Virus) Extrem scheint mir keine gute Lösung zu sein.
Ich musste das zweimal lesen um es zu verstehen. Zumindest glaube ich, ich habe es jetzt verstanden. Ja, genau das ist denke ich, ist ein riesen Problem am Zwang, auch wenn er vielleicht gar nicht so schlimm erscheint, und habe ich auch am eigenen Leib erfahren: man kann nicht flexibel reagieren. Und da ist eben der Haken wenn man sich jahrelang erzählt, so schlimm ist das nicht oder ich kann ja noch alles machen oder ich finde gerade keinen Therapeuten, muss ich da jetzt mehr Energie reinstecken. Ich habe selber 10 Jahre so gelebt, mit meinen Zwangssysthemen, ich wollte zwar was ändern aber ich habe es nicht zur Priorität gemacht. Und dann kam Corona und alles wurde ein riesen Problem weil ich nicht flexibel sein konnte, jede blöde Maßnahme war ein Problem für meine Zwangsstörung, weil ich vorher solche Sachen nicht gemacht hätte (zB einen Einkaufswagen genommen, aber auf einmal gab es keine Körbe mehr im Supermarkt) und gleichzeitig, weil ich manche Sachen vorher schon so gemacht habe verstärkt weil man sie unbedingt machen sollte (zB. keine Türgriffe anfassen). Und weil ich mich wegen der Zwänge nicht anpassen konnte habe ich auch noch Probleme auf der Arbeit bekommen und bei der Wohnungssuche und so weiter. Dabei waren die Sorgen durch Corona an sich für andere Menschen ja schon schlimm genug, kein Wunder also, dass es mir auf einmal so schlecht ging.

Man hat über viele Dinge im Leben keine Kontrolle und wenn man dann so ganz starr reagieren muss wegen seiner Zwänge, dann wird es echt schwierig und so was will ich nicht noch mal erleben.
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SHG
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Re: Distanz/Einsicht beim Zwang

Beitrag von SHG »

Danke fürs Bemühen mich zu verstehen. Hier und auch anderswo heißt es ja öfter: ich bin so froh, dass ich nicht alleine mit meinen Zwängen bin. Tut natürlich auch mal gut, allerdings wesentlicher ist es für mich schon mal auch, weniger allein damit zu sein, mich selbst versuchen etwas besser zu verstehen.
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