Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

ocdopus
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Registriert: So 12. Jan 2020, 20:31

Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von ocdopus »

Hallo zusammen,

Vor zwei Jahren war ich für 2 Monate in Bad Bramstedt.
Innerhalb unserer Abteilung entwickelte sich schnell eine recht gute Gemeinschaft auf Zeit mit vielen netten Menschen, die ich als sehr angenehm empfand. Ebenso die Tatsache, dass ich das Gefühl hatte, mich vor niemandem schämen zu müssen. Und es fiel mir im Wissen, dass alle anderen um mich herum ebenfalls kämpfen, auch sehr viel leichter, mich Expositionen zu stellen und davon zu profitieren.

Mit der einzigen Person in meiner Abteilung in Bad Bramstedt, die außer mir aus Rostock kam, hatte ich nach dem Klinikaufenthalt zunächst noch losen Kontakt, doch ist dieser leider inzwischen fast vollständig eingeschlafen.

Leider lebe ich, sicher zu einem großen Teil krankheitsbedingt, viel zu einsam und fühle mich oft in einem Teufelskreis aus Einsamkeit und Krankheit gefangen. (Viele Aktivitäten sind für mich mittlerweile mit so großen Ängsten verbunden, dass ich sie vermeide, und oft vermeide ich es auch, selbst Aktivitäten mit Anderen in die Wege zu leiten, z. B. weil ich dafür zuvor bestimmte Dinge vorbereiten müsste, die mich sehr anstrengen (ich leide unter einer Art Kontaminationsangst/Waschzwang). Alleine fällt es mir wie gesagt auch deutlich schwerer, mich den Zwängen entgegenzustellen.

In der Klinik hatte ich den Eindruck, dass es einem relativ hohen Anteil der Mitpatienten ähnlich ging.

Ich selbst würde es sehr begrüßen, mich einer SHG anschließen zu können, aber leider gibt es bei mir vor Ort keine SHG für Zwängler. Ich würde in einer SHG einerseits die Chance sehen, in der Gruppe relevante Themen besprechen zu können, und andererseits, Menschen kennenzulernen, mit denen man vielleicht einfach mal spazieren gehen könnte o. ä. und dabei unter anderem auch über Dinge sprechen, die ansonsten niemand versteht – auf dem mühsamen Weg zurück in ein möglichst normales Leben. Mir selbst würde dies wahrscheinlich sehr viel mehr bringen als jegliche ambulante Therapie, die ich bislang wahrgenommen habe (leider scheinen meine bisherigen Therapeuten relativ wenig Erfahrung mit Zwängen zu haben).

Leider wurde in der Klinik nie die Möglichkeit angesprochen, gewissermaßen als „Nachsorgemaßnahme“, in einer SHG aktiv zu werden. Die DGZ und dieses Forum wurden nie erwähnt – ich habe dies dann einmal in einer Gruppensitzung angesprochen. Aus Datenschutzgründen wäre es natürlich unmöglich gewesen, über die Klinik an Kontakte zu früheren Patienten aus der Heimatstadt heranzukommen, obwohl es ja mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit Einige gab in letzter Zeit. (Aus meiner Sicht wäre es aber eine gute Sache, wenn die Möglichkeit bestünde, z. B. eine Emailadresse oder Handynummer für derartige Kontaktaufnahmen bis auf Widerruf in einer solchen Klinik hinterlassen zu können – nur müsste sich dort dann natürlich jemand darum kümmern).

Vor diesem Hintergrund auf diesem Wege: Gibt es vielleicht hier in Rostock oder dem unmittelbaren Umfeld Menschen, denen es ähnlich geht wie mir und die Interesse an Treffen in der Gruppe o. ä. haben? Es würde mich freuen.

Ebenso wäre ich über jegliche Tipps für eine Gründung einer SHG oder eine Kontaktaufnahme zu anderen Betroffenen am Heimatort dankbar.

LG,
ocdopus
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Antonia
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Re: Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von Antonia »

Hallo Octopus!

Selbsthilfe tut gut, dass weiß ich aus 25 Jahre Selbsthilfeerfahrung.
1997 habe ich meine erste Selbsthilfegruppe zu Trichotillomanie, zwanghaftes Haare ausreißen, in Hamburg gegründet.
Zuerst waren wir 4 Teilnehmerinnen, aber es tat unheimlich gut, nicht mehr alleine mit seiner Erkrankung zu sein und zu erfahren, wie andere damit umgehen. Im Laufe der 17 Jahre haben dann insgesamt ca. 200 Personen diese Gruppe besucht.
2015 habe ich die Gruppe mangels Beteiligung dann leider aufgeben müssen.
Seit 2016 leite ich in HH eine Gruppe zu Zwangsstörungen für Betroffene und eine Gruppe für Angehörige.
Und "dank" Corona biete ich auch noch 4 weitere Gruppen zu Trichotillomanie und Zwangsstörungen online an.
Auch hier in diesem Forum gibt es so ein Angebot für Betroffene. Das nächste Treffen findet im Oktober statt.
In den neuen Bundesländern, und auch in Rostock gibt es noch kaum oder keine Selbsthilfegruppen.
Darum begrüße ich es sehr, wenn sich so eine Gruppe in Deiner Region gründen würde.
Weitere Infos zur Gruppengründung findest Du hier auf unserer Homepage www.zwaenge.de unter "Selbsthilfe".
Unterstützung vor Ort bekommst Du auch bei der örtlichen Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen. Die können Dir Räume anbieten, und Wege aufzeigen, wie Du weitere Teilnehmer findest.
Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung. Du kannst mir gerne eine PN schreiben, dann können wir uns mal telefonisch austauschen.
Liebe Grüße und viel Erfolg,
Antonia.

An ALLE hier, die vorhaben eine Selbsthilfegruppe zu gründen, gelten die gleichen Informationen!


Ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein, wie andere mich haben wollen. ;)
ocdopus
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Registriert: So 12. Jan 2020, 20:31

Re: Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von ocdopus »

Hallo Antonia,

vielen Dank für die super schnelle Antwort! Und: Ja, nach der hiesigen Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen habe ich mich auch schonmal umgesehen, wo man u. a. einen Raum organisieren könnte. Mir ist nur nicht so richtig klar, inwiefern die einem dort auch in Bezug auf den Kontakt zu anderen Mitbetroffenen helfen könnten. Evtl. dadurch, dass die auf ihrer Seite schreiben könnten, dass es von mir Interesse an einer Gruppe gibt, mit Angabe einer Kontaktmöglichkeit?

Ich habe bislang keine Erfahrung damit. Die Tipps zu Aufgabenverteilung etc. unter dem von Dir angegebenen Link klingen für mich ja sehr plausibel, aber das setzt ja erstmal voraus, dass man ein paar Leute zusammenbekommt, so dass sich diese Fragen überhaupt stellen.

Wie hast Du es denn seinerzeit geschafft, eine Gruppe zu gründen?
Mir selbst fällt momentan eigentlich nur die Anfrage in eben diesem Forum ein, in der Hoffnung, dass sich vielleicht einzelne Ortsansässige finden, die ebenfalls hier unterwegs und an einer solchen Gruppe interessiert sind.

LG, ocdopus
downtherabbithole
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Re: Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von downtherabbithole »

Huhu,

da ich selber schon mal über eine Gründung nachgedacht habe: Vielleicht kannst du einen Aushang bei deinem Therapeut in der Praxis machen oder auch in anderen Parxen nachfragen?
Ansonsten gibt es zumindest hier in der Umgebung quasi eine Sammelstelle für Selbsthilfegruppen. Wenn man dort seine Gruppe anmeldet (müsste man dann alleine machen) wird die Gruppe Leuten empfohlen, die von Zwängen betroffen sind und dann haben sie dich gefunden :). Würde aber eben bedeuten dass man erst mal alleine die Gruppe gründet.
ocdopus
Beiträge: 19
Registriert: So 12. Jan 2020, 20:31

Re: Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von ocdopus »

So etwas Ähnliches wie einen Aushang in der Praxis habe ich schon gemacht: Ich habe meine letzte Therapeutin (die in einer Gemeinschaftspraxis arbeitet) gefragt, ob sie einmal in ihrem sonstigen Patient/innenkreis nach möglichen Interessent/innen an einer SHG zum Thema Zwang fragen könnte. Sie fand diese Idee gut und bat auch ihre Kollegen darum, einmal im Patientenkreis herumzufragen. Ein paar Wochen später meinte sie, dass tatsächlich ca. 2-3 Leute prinzipiell Interesse hätten.

Daraufhin habe ich ein kleines Anschreiben formuliert, meine Emailadresse als Kontaktmöglichkeit angegeben und meine Therapeutin darum gebeten, beides an die Interessent/innen weiterzuleiten. Sie schrieb mir, sie habe dies getan (inzwischen bin ich nicht mehr bei ihr in Behandlung). Leider hat sich seitdem noch niemand gemeldet (seit Monaten), so dass ich diesen Versuch wohl als gescheitert betrachten muss.

So eine "Sammelstelle" für SHG gibt es hier auch - ich denke, es geht dabei primär um die Vermittlung von Räumen. Auf die Idee, mich dort quasi erstmal allein als SHG anzumelden, bin ich ehrlich gesagt noch nicht gekommen. Vielleicht ist das wirklich der einfachste Weg. Dass die "Gruppe" weiterempfohlen wird, kann ich mir irgendwie nicht so recht vorstellen, aber es wäre ja schon ein erster Schritt, wenn sie überhaupt im Internet sichbar wäre. Ich vermute, man könnte so etwas dazu schreiben wie "im Aufbau begriffen" oder "Mitstreiter für Gründung gesucht". Danke für den Tipp!
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Tim
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Re: Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von Tim »

Hallo ocdopus.

Herzlich willkommen ! :)

Ich finds toll das du eien HSG bilden willst.
Hoffe das klappt!
Alles Gute Dir dabei!

LG Tim
Ingrid
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Re: Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von Ingrid »

Hallo Ocdopus! Ich freue mich gerade sehr, nach langer Suche auf deine diese. Nachricht hier gestoßen zu sein! Ich bin auch aus Rostock, wohne nun nicht mehr direkt in der Stadt, aber in der Nähe und wünsche mir so sehr eine SHG und Austausch mit Gleichgeplagten. Mir geht's sehr ähnlich wie dir! Auch was treffen mit anderen Menschen angeht und die daraus resultierende Einsamkeit. Meine Sehnsucht nach sozialen Kontakten und meine Zwänge gehen seit vielen Jahren konträr, und das ist sehr schwer. Gerade stehe ich vor der Frage, ob ich eine Tagesklinik besuche. Ob diese das richtige für mich ist.
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir zwei Kontakt zueinander aufnehmen könnten! Vielleicht gründen wir ja zusammen eine SHG!? Oder wir beide treffen uns? Herzliche Grüße, Ingrid (das ist mein Benutzername, kann man sich hier auch mit echtem Namen outen?). Meine Telefonnummer würde ich dir auch gerne geben.
ocdopus
Beiträge: 19
Registriert: So 12. Jan 2020, 20:31

Re: Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von ocdopus »

Hallo Ingrid, ich habe Dir unter "Private Nachrichten" geantwortet - das nur für den Fall, dass Du diese Rubrik vielleicht noch nicht gesehen hast, weil Du ja offensichtlich neu im Forum bist. LG Ocdopus
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Antonia
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Beiträge: 178
Registriert: Di 20. Mär 2018, 21:40
Wohnort: Hamburg

Re: Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von Antonia »

Hallo Ocdopus,

ich war damals, 1997, auf der ersten Tagung zu Trichotillomanie, zwanghaftes Haare ausreißen, im UKE Hamburg. Dort hab ich das erste mal, nach 30 Jahren, andere Betroffene gesehen und kennengelernt. Am Nachmittag fanden Workshops statt, die nach Regionen ausgewählt worden. Ich nahm an dem WS. für Hamburg und Berlin statt. Wir tauschten viele Erfahrungen aus und am Ende fragte ich, wer Lust hätte mit mir in HH eine Selbsthilfegruppe für Trichotillomanie zu gründen. Es melden sich 12 Leute. Ich notierte mir ihre Namen und Telnr. und marschierte dann zu KISS, der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen. Dort bat ich um Unterstützung und einen Raum. Den Mitarbeitern musste ich erst mal erklären, was Trichotillomanie ist. Man nahm mich in die Datei auf und 4 Wochen später fand das erste Treffen statt. Die 12 Leute kamen wirklich alle. Aber nach und nach, wurden es wieder weniger. Nach 2 Jahren waren wir nur noch zu dritt. Wir produzierten einen Flyer, legten ihn in Arztpraxen, Apotheken, Psychologen und bei KISS selbst aus. Dann gab ich ein Interview im Stern zu meinen Zwängen und kurz darauf war ich zu Gast in der Talkshow von Jürgen Fliege. Darüber kamen dann viele neue Teilnehmer/innen.
Die Gruppe hat sich dann 2015 aufgelöst, mangels Beteiligung.
Seit 2016 bin ich Ansprechpartnerin/Leiterin der Hamburger Zwangsgruppe.
Wir sind sowohl bei KISS wie auch bei der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V.(DGZ) auf den Webseiten und einer Liste registriert. Werbung brauche ich nicht mehr zu machen. Denn ich bekomme wöchentlich 2-3 Anfragen für die Gruppe, sowohl von KISS wie auch von der DGZ. Ich habe über 50 Leute auf der Warteliste. Und eigentlich müsste es unbedingt eine zweite Gruppe geben, nur an einem anderen Standort von Hamburg. Zusammen mit KISS habe ich schon einen Versuch gestartet, aber es hat sich niemand gefunden, der als Ansprechpartner zu Verfügung stehen will. In die Gruppe kommen alle immer gerne, aber Verantwortung will niemand übernehmen.
Umso toller ist es, wenn Du jetzt eine Gruppe gründen willst.
Wir/ich als DGZ unterstützen Dich gerne mit Rat und Tat.
Du brauchst Geduld, aber irgendwann steht dann die Gruppe.
Wenn Du noch Fragen hast, kannst Du mir gerne eine PN schreiben oder mich anrufen. Meine Nummer bekommst Du dann über die PN.
Liebe Grüße und viel Erfolg,
Antonia.
Ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein, wie andere mich haben wollen. ;)
Carli
Beiträge: 1
Registriert: Di 18. Okt 2022, 02:06

Re: Kontakt zu anderen Betroffenen vor Ort bzw. Gründung einer SHG

Beitrag von Carli »

Hallo liebe Rostocker,
ich komme auch aus Rostock und würde mich
über einen persönlichen Kontakt und Ausstausch freuen.
Ihr könnt mir gern über eine persönliche Nachricht hier schreiben.
Viele liebe Grüße
Claudia
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