Relationship OCD (ROCD)

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Manuel983
Beiträge: 5
Registriert: Fr 13. Okt 2023, 20:23

Relationship OCD (ROCD)

Beitrag von Manuel983 »

Hallo in die Runde,

Nachdem Schreiben habe ich festgestellt das es doch wieder viel länger geworden ist als beabsichtigt, das tut mir leid und ich verstehe wenn es nicht ganz gelesen wird. Falls sich doch jemand angesprochen fühlt würde ich mich freuen falls man sich über seine Erlebnisse austauschen könnte.

Seit heute bin ich hier angemeldet nachdem ich, durch Zufall, gesehen habe das hier tatsächlich auch Betroffene dieser speziellen Form der Zwangsstörung Berichten und das in Deutschland.

Ich bin mittlerweile 40 und seit 18 Jahren in einer Beziehung mit meinem Partner. Die Zweifel begannen ungefähr nach drei Jahren, ganz plötzlich der Gedanke das ich meinen Freund nicht mehr liebe und die Beziehung unbedingt beenden muss. Es war um es auf den Punkt zu bringen der absolute Horror und eine der schlimmsten Erfahrungen die ich je gemacht habe. Es sind zwar nur Gedanken gewesen aber das was sie mit sich gebracht haben war einfach die Hölle. Mein Arzt verschrieb mir damals aufgrund der Panik und Ängste Opipramol, dass ich bis heute nehme, da ich es recht gut vertrage auch wenn es vermutlich nicht ideal ist.

Danach folgte der erste Therapieversuch. Er war eine Katastrophe, das Fazit „Wenn man solche Gedanken hat sollte man am besten Schluss machen“ war wenig verwunderlich nicht gerade förderlich. Danach habe ich zum Glück eine Therapeutin gefunden die zumindest verstanden hat das es so einfach nicht ist. Mit Hilfe von Acceptance Commitment und anderen verhaltenstherapeutischen Ansätzen ging es mir langsam besser. Das Problem war jedoch nie ganz weg. Es gab und gibt immer noch gute Phasen die sich mit schlechteren Phasen abwechseln, meist ohne erkennbaren Auslöser und von unterschiedlicher Dauer. Die Corona Zeit war erstaunlicherweise, obwohl ich anfangs echt Angst hatte, in dieser Hinsicht eher ruhig.

Ende letzten Jahres gab es nach längerer Zeit mal wieder eine Phase in der es wieder richtig hochkam. Drei Tage vor Heiligabend, gerade mit der ersten Corona Infektion in häuslicher Quarantäne mit meinem Freund nam das Übel seinen Lauf. Bei mir beginnt es oft mit körperlichen Symptomen (vielleicht waren auch vorher schon Gedanken da die eher unterbewusst abliefen, das kann ich nie ganz genau sagen), zu den Symptomen zählen Übelkeit, ein Enge Gefühl in der Brust, fast schon klassische Panik Symptome und dann setzen die Zweifel wieder ein. Typische Themen - Liebe ich ihn, finde ich ihn attraktiv, stört mich dieses oder jenes, es gab im Laufe der Zeit kaum etwas das nicht mit Zweifeln behaftet war. Der schlimmste Gedanke der sich irgendwann breit gemacht hatte „Habe ich ihn überhaupt je geliebt“ war wie ein Schlag in die Magengrube und bringt immer noch jede Menge Scham und Schuldgefühle mit sich die schwer zu ertragen sind. Irgendwann wie bisher jedes Mal ließen die Gedanken wieder nach und verschwinden in den Hintergrund. Sie sind nie gänzlich weg, wenn auch wesentlich seltener und lassen sich leichter als der Unsinn entlarven der sie sind. Das was allerdings immer mitschwingt ist die Angst davor wann es wieder kommt. Nach der Phase über Weihnachten die sich bis in den Januar zog, kam die nächste pünktlich kurz vor unserem Urlaub Anfang Juni, yeahh. Diese dauerte bis in den Juli hinein und ich konnte sie dank eines tollen Programms auf www.rocdtreatment.com und der OCD.app als Unterstützung wieder in den Griff bekommen.

Vor zwei Wochen fing es dann plötzlich wieder an. Es ist einfach sehr frustrierend wenn man gerade erst wieder das Gefühl hatte es läuft richtig gut und Zack sitzt man wieder drin. Es ist auch erstaunlich wie resistent man gegen die positiven Erlebnisse in den guten Phasen wird. Die ständigen Gedanken „warst du wirklich glücklich, oder hast du dir das alles nur eingebildet“ helfen dabei auch nicht wirklich. Es ist als wäre plötzlich alles vergessen und selbst das Wissen, das ich bisher immer wieder aus diesen Phasen herausgekommen ist, hilft nicht um mich zu beruhigen. In zwei Wochen geht es noch mal für ein paar Tage in den Urlaub, etwas worauf ich mich gefreut habe als wir es vor einem Monat geplant haben. Gerade überwiegen Angst, Schuldgefühle und Sorge warum ich nicht einfach normal sein kann wie so viele andere auch.

Gibt es hier vielleicht noch andere die vielleicht auch schon länger mit diesem Thema zu kämpfen haben und Redebedarf haben? Vielleicht kann man sich gegenseitig helfen/unterstützen. Aktuell warte ich auf einen neuen Therapieplatz um wieder vermehrt und mit professioneller Unterstützung etwas zu unternehmen damit der Erfolg hoffentlich endlich ein mal von Dauer ist.

Alles Liebe für alle hier im Forum, egal ob Betroffene, Angehörige und mit welchem Zwang ihr auch zu Kämpfen habt. Auch wenn ich wünschte niemand müsste das durchmachen bin ich irgendwie froh nicht allein zu sein.
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Antonia
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Registriert: Di 20. Mär 2018, 21:40
Wohnort: Hamburg

Re: Relationship OCD (ROCD)

Beitrag von Antonia »

Hallo Manuel,

ja Zwänge können recht hartnäckig sein, dass weiß ich aus eigener Erfahrung!
Versuch Dich auf schöne Dinge zu konzentrieren und warte mindestens 5 Minuten ab, bis Du Deiner Partnerin von Deinen Gedanken erzählst.
Vor ein paar Wochen haben wir ein Online Seminar mit Thomas Hillebrand zu ROCD durchgeführt.
Für alle die es nicht sehen konnten, gibt es hier noch einmal ein Zoominterview dazu.
https://www.youtube.com/watch?v=VueGE7ziFyk

Bleib zuversichtlich.
Liebe Grüße Antonia.
Ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein, wie andere mich haben wollen. ;)
Manuel983
Beiträge: 5
Registriert: Fr 13. Okt 2023, 20:23

Re: Relationship OCD (ROCD)

Beitrag von Manuel983 »

Hallo Antonia,

Danke für deine Antwort. Das Video war tatsächlich der Grund wie ich auf das Forum hier aufmerksam geworden bin. Das Video selbst hatte zwar nicht viele neue Aspekte, dafür beschäftige ich mich wohl schon zu lange mit dem Thema, aber allein das Wissen, das mittlerweile auch in Deutschland etwas passiert in der Richtung ist doch eine Erleichterung. Etwas was ich noch mitnehmen konnte war die Erwähnung des Buchs „Alles nur in meinem Kopf“, hätte ich gewusst das es da doch sehr konkret um ROCD geht hätte mir das damals bestimmt geholfen meine Situation besser zu verstehen. Beim lesen ist mir allerdings wieder aufgefallen wie perfide Zwangsgedanken sein können sobald Erlebnisse von eigenen Erfahrungen abweichen.

Bzgl. meines Partners schaffe ich es tatsächlich meine Gedanken nicht mitzuteilen. Er weiß zwar ungefähr was es ist da ich ganz am Anfang, vor vielen Jahren, mal darüber gesprochen habe, aber seitdem gehe ich darauf nicht mehr im Detail ein. Zum Glück ist bei mir auch das beichten von Gedanken keine große Zwangshandlung der ich nachgehen muss.

Liebe Grüße
Manuel
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