Gibt es auch andere Leute mit dieser speziellen Form von Zwangsstörung?

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zwangsgestörter
Beiträge: 1
Registriert: Mo 23. Jan 2023, 20:50

Gibt es auch andere Leute mit dieser speziellen Form von Zwangsstörung?

Beitrag von zwangsgestörter »

Hallo,

die meisten meiner Zwangsstörungen (bzw. die Symtpome davon) und die meisten meiner Angststörungen (bzw. die Symptome davon) sind eigentlich nicht unbekannt, also ich weiß, dass auch andere diese haben. Dazu gehören:
  • Waschzwang
  • Ständig schauen, ob die Tür zu ist
  • Ständig schauen, ob der Herd aus ist
  • Angst vor Krankheiten
  • Angst vor HIV
  • Angst vor Blutvergiftung
  • Auf meinen Atem achten müssen
  • Auf mein Blinzeln achten müssen (besonders schlimm, wenn andere Leute mich dabei sehen)
etc.

Bei Folgendem bin ich mir nicht sicher, ob auch andere Leute diesen oder einen vergleichbaren Zwang haben:

Bei Dingen, die intellektuell herausfordernd sind und mir wichtig sind, kriege ich Angst davor, diese wegen der Zwangsstörung nicht mehr ausführen zu können, was dann dazu führt, dass ich dann tatsächlich Angst habe, während ich diese Dinge ausübe, was es mir eigentlich unmöglich macht, mich darauf auch nur ein bisschen zu konzentrieren, sodass ich viele dieser Dinge leider bis heute sein lassen muss bzw. versuche, so wenig wie möglich damit zutun zu haben. Dazu zählen Dinge wie:
  • Eigentlich alles was mit Denken zutun hat und sobald ich merke, dass es etwas komplizierter wird.
    Dann kommt die Angst auf, dass ich diese Tätigkeit wegen der Angst (die aufkommen wird) nicht mehr richtig ausführen werden kann und schon habe ich tatsächlich Angst während des Ausführens dieser Tätigkeit, was es mir eigentlich dann unmöglich macht, diese Sache richtig zu machen.
  • Das Progammieren (meine große Leidenschaft). Etwas genauer erklärt: irgendwie habe ich die Angst entwickelt, dass ich mich nicht mehr konzentrieren können werden, sobald ich auf die Zeilennummerierung (im Programm, wo man den Code für die Software schreibt) achten werde. Seitdem ist es mir eigentlich unmöglich geworden, noch wirklich programmieren zu können, ich kriege es einfach nicht mehr hin bzw. die Angst steht währenddessen die ganze Zeit im Vordergrund
  • sogar das normale Lesen von Texten
Das oben Geschilderte kann sich eigentlich auf jede neue Tätigkeit, die mit Denken zutun hat, übertragen. Mögliche Dinge, vor denen ich dann Angst haben werde (weshalb ich diese Tätigkeit dann nicht mehr ausführen werden kann) gibt es auch reichlich. Stellt euch einfach intellektuelle Tätigkeit x vor und ihr bekommt jetzt Angst davor, euch nicht mehr darauf konzentrieren werden zu können, sobald ihr darauf achten werden müsst, ob euch andere Leute gerade anschauen (das könnte auch alles andere sein, es geht nur darum, dass es mich irgendwie so stören wird, dass ich die intellektuelle Tätigkeit x nicht mehr ausführen können werde).

Dazu folgende Fragen:
  • Kennt ihr andere Leute, die einen vergleichbaren Zwang haben? Gehört einer von euch vielleicht selbst dazu?
  • Wie kann ich das am Besten und am Schnellsten überwinden?

Ich freue mich auf eure Antworten

Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
zwangsgestörter
Termicas
Beiträge: 56
Registriert: Do 15. Sep 2022, 20:34

Re: Gibt es auch andere Leute mit dieser speziellen Form von Zwangsstörung?

Beitrag von Termicas »

Hi . Das kenne ich absolut. Ich beschreibe mal wie es bei mir ist und was mir hilft

Ich programmiere auch. Ich denke ich kann sagen, dass ich sehr gut darin bin.
Wenn ich an einem sehr komplexen Problem arbeite überkommt mich manchmal genau diese Angst. Die Angst keine Lösung zu finden gepaart mit der Unfähigkeit aufhören zu können darüber nach zu denken.
Das ganze wird von einem enormen Druck und Angstgefühl begleitet. Es gibt dann immer neue "Aber wenn...." Wenn ich unter viel Streß stehe tritt es häufiger auf und dann über Stunden.
Ganz schlimm ist es wenn ich dann meine Tätigkeit unterbrechen muss. Zum Beispiel die Kinder ihre verdiente Aufmerksamkeit anfordern.
Dann habe ich das Gefühl als würde ich tauchen und kann nicht Atmen.

Beim Lesen tritt es bei mir manchmal auf. Dann wird der Stress manchmal so groß dass ich gar nichts mehr erkennen kann. Erst dachte ich es käme durch die Augen aber es tritt nur dann auf wenn der Gedanke auftaucht und nach intensiven Untersuchungen weiß ich das meine Augen Kerngesund sind.

Zum Überwinden: Bei mir kommt es immer beim Gleichen raus, und es ist immer sehr schwierig. Akzeptanz.

Also Akzeptieren, dass es mal ein Problem geben könnte dass ich nicht lösen kann. Akzeptieren dass mein Intellekt irgendwann verschwinden könnte und ich dann vielleicht meinen Job nicht mehr machen könnte. Das ist für mich sehr unangenehm.
Gerade weil ich mich sehr darüber definiere. Ich mache gerne vieles mit meinem Kopf und durch eine starke Erkrankung in meiner Jugend viel mein Gemessener IQ von knapp 140 auf knapp unter 130. Das klingt jetzt blöd aber mich hatte das geschockt.
Ich empfinde Intelligenz nicht besser oder erstrebenswerter als Stärke, Geschicklichkeit, Gelassenheit, Empathie oder andere tolle Fähigkeiten die viele Menschen haben.
Aber alles was mir Erfüllung gibt hat mit Denken zu tun. Deswegen macht es mir Angst. Was ist wenn es nochmal fällt und ich kann keine Dinge mehr machen die mir Freude bereiten? Das ist nicht wahrscheinlich aber es kann passieren. Deswegen bei mir diese Art von Zwänge denke ich.

Aber je mehr ich mich darin übe loszulassen umso seltener passiert es. Es braucht aber viel Disziplin da immer wieder aufs neue loszulassen
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michael_m
Beiträge: 613
Registriert: Di 17. Apr 2018, 20:01

Re: Gibt es auch andere Leute mit dieser speziellen Form von Zwangsstörung?

Beitrag von michael_m »

Termicas hat geschrieben: Mi 25. Jan 2023, 22:38 Ich programmiere auch. Ich denke ich kann sagen, dass ich sehr gut darin bin.
Wenn ich an einem sehr komplexen Problem arbeite überkommt mich manchmal genau diese Angst. Die Angst keine Lösung zu finden gepaart mit der Unfähigkeit aufhören zu können darüber nach zu denken.
Das ganze wird von einem enormen Druck und Angstgefühl begleitet. Es gibt dann immer neue "Aber wenn...." Wenn ich unter viel Streß stehe tritt es häufiger auf und dann über Stunden.
Ganz schlimm ist es wenn ich dann meine Tätigkeit unterbrechen muss. Zum Beispiel die Kinder ihre verdiente Aufmerksamkeit anfordern.
Dann habe ich das Gefühl als würde ich tauchen und kann nicht Atmen.
Das kenn ich auch. Macht mir auch in der Arbeit als Softwareentwickler zu schaffen. Auch, dass es in der Arbeit leider wenig organisiert ist und daher auch viele Störquellen auftauchen. An sich entwickle ich sehr gerne, war auch schon vor meiner beruflichen Laufbahn mein Hobby und ist es auch heute noch. Habe dadurch auch schon einiges an Erfahrungsschatz.

Bei neuen Themen bin ich dann oft wie gelähmt vor der Angst, die Aufgabe nicht lösen zu können. Ich verfange mich in allen möglichen Ausnahmefällen, sodass die ursprüngliche Anforderung immer mehr wächst.
Wenn ich dann bei einem Thema soweit gekommen bin, dass ich merke, dass sich alle Puzzleteile zusammenfügen - dann macht es mir auch wieder richtig Spaß. Also wenn ich seh, dass es gelöst wird. Aber davor belastet es mich leider sehr, gepaart mit vielem Grübeln, natürlich auch in der Freizeit. Weil in der Arbeit ja sowieso meist noch anderes dazwischen kommt und ich gar nicht richtig grübeln kann. :roll:

Zurzeit machen mir die ganzen Arbeitsnotizen Probleme. Hab da jetzt trotz Krankenstand die in einer neuen Software organisiert. Einerseits fand ich die PKM-Software ("Logseq" nebenbei bemerkt ;)) spannen, aber gleichzeitig hat es mir auch keine Ruhe gelassen. Hab mich da jetzt einige Stunden in die Software eingearbeitet (es reicht nicht, die Grundlagen zu können, sondern ich muss am besten alles können/wissen) und die offenen Notizen/Projekte umgezogen. Konnte es einfach nicht sein lassen, wäre da mehrmals gerne um 1 oder 2 Uhr nachts noch vom Bett aufgestanden und an den Firmenlaptop gegangen. An sich bin ich jetzt froh, dass es soweit erst mal passt, aber ... es halt viel Kraft gekostet, die ich aktuell eh nicht so hab und es sind natürlich andere Dinge liegen geblieben.

Was helfen würde... Wahrscheinlich die Techniken, die man bei Zwangsgedanken anwendet, z. B. Atemübungen, dabei ggf. mitzählen.
crawler
Beiträge: 3
Registriert: Do 13. Mai 2021, 21:47

Re: Gibt es auch andere Leute mit dieser speziellen Form von Zwangsstörung?

Beitrag von crawler »

zwangsgestörter hat geschrieben: Mo 23. Jan 2023, 21:33 Hallo,

die meisten meiner Zwangsstörungen (bzw. die Symtpome davon) und die meisten meiner Angststörungen (bzw. die Symptome davon) sind eigentlich nicht unbekannt, also ich weiß, dass auch andere diese haben. Dazu gehören:
  • Waschzwang
  • Ständig schauen, ob die Tür zu ist
  • Ständig schauen, ob der Herd aus ist
  • Angst vor Krankheiten
  • Angst vor HIV
  • Angst vor Blutvergiftung
  • Auf meinen Atem achten müssen
  • Auf mein Blinzeln achten müssen (besonders schlimm, wenn andere Leute mich dabei sehen)
etc.

Bei Folgendem bin ich mir nicht sicher, ob auch andere Leute diesen oder einen vergleichbaren Zwang haben:

Bei Dingen, die intellektuell herausfordernd sind und mir wichtig sind, kriege ich Angst davor, diese wegen der Zwangsstörung nicht mehr ausführen zu können, was dann dazu führt, dass ich dann tatsächlich Angst habe, während ich diese Dinge ausübe, was es mir eigentlich unmöglich macht, mich darauf auch nur ein bisschen zu konzentrieren, sodass ich viele dieser Dinge leider bis heute sein lassen muss bzw. versuche, so wenig wie möglich damit zutun zu haben. Dazu zählen Dinge wie:
  • Eigentlich alles was mit Denken zutun hat und sobald ich merke, dass es etwas komplizierter wird.
    Dann kommt die Angst auf, dass ich diese Tätigkeit wegen der Angst (die aufkommen wird) nicht mehr richtig ausführen werden kann und schon habe ich tatsächlich Angst während des Ausführens dieser Tätigkeit, was es mir eigentlich dann unmöglich macht, diese Sache richtig zu machen.
  • Das Progammieren (meine große Leidenschaft). Etwas genauer erklärt: irgendwie habe ich die Angst entwickelt, dass ich mich nicht mehr konzentrieren können werden, sobald ich auf die Zeilennummerierung (im Programm, wo man den Code für die Software schreibt) achten werde. Seitdem ist es mir eigentlich unmöglich geworden, noch wirklich programmieren zu können, ich kriege es einfach nicht mehr hin bzw. die Angst steht währenddessen die ganze Zeit im Vordergrund
  • sogar das normale Lesen von Texten
Das oben Geschilderte kann sich eigentlich auf jede neue Tätigkeit, die mit Denken zutun hat, übertragen. Mögliche Dinge, vor denen ich dann Angst haben werde (weshalb ich diese Tätigkeit dann nicht mehr ausführen werden kann) gibt es auch reichlich. Stellt euch einfach intellektuelle Tätigkeit x vor und ihr bekommt jetzt Angst davor, euch nicht mehr darauf konzentrieren werden zu können, sobald ihr darauf achten werden müsst, ob euch andere Leute gerade anschauen (das könnte auch alles andere sein, es geht nur darum, dass es mich irgendwie so stören wird, dass ich die intellektuelle Tätigkeit x nicht mehr ausführen können werde).

Dazu folgende Fragen:
  • Kennt ihr andere Leute, die einen vergleichbaren Zwang haben? Gehört einer von euch vielleicht selbst dazu?
  • Wie kann ich das am Besten und am Schnellsten überwinden?

Ich freue mich auf eure Antworten

Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
zwangsgestörter

Hi, mir geht's ähnlich.

Meine Zwangsstörung wurde so stark erst getriggert durch eine üble Erfahrung mit Drogen, die meine Angst vor einer "nicht intakten Intelligenz" ins Unermessliche trieb.

Am Ende ist es glaub ich eine ähnliche Angst, die du beschreibst.
Du kannst mich gerne anschreiben, wenn du dich austauschen willst!
Letstalkaboutit
Beiträge: 7
Registriert: Di 2. Apr 2024, 12:18

Re: Gibt es auch andere Leute mit dieser speziellen Form von Zwangsstörung?

Beitrag von Letstalkaboutit »

Hallo,
ich bin auch sehr OCD-erfahren (30+ Jahre). Zu lesen, daß jemand zwecks Zwangs quasi seiner Leidenschaft bzw. Beruf nicht mehr nachgehen kann,
finde ich besorgniserregend. Ich hatte lange auch Traffic-OCD (alle Zwänge rund ums Autofahren), hab früher viele Nachrichten gelesen, ob ich nicht ohne es zu wissen irgendwo Fahrerflucht begangen habe. Bei Deinen ersten 2 Themen (Herd und Tür zu) sollte eigentlich am besten ERP (Exposure Response Therapy) helfen. Gibt es auch einige gute Bücher dazu: Man erträgt den Angstzustand, widersetzt sich dem Kontrollieren und nach 30-60min nimmt das beklemmende Angstgefühl wieder ab. Es ist sehr schwierig, aber einer der wenigen Wege aus diesem Teufelskreislauf.
Mit der Angst vor Konzentrationsverlust ist es komplexer. Ich würde ein Worst-Case-Script verfassen. Schreibe detailliert auf, was schlimmstenfalls passieren würde, wenn Du dich nicht mehr konzentrieren kannst. Was würde das alles gefährden? Ein spezielles Projekt? Wie Dich andere sehen? Dein Job, Deine Existenz? So kannst Du der Ursache DEiner Angst auf dem Grund gehen- worin Sie begründet ist. Weiterhin alles Gute von Stefan.
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