Hallo zusammen,
ich bin Betreuungskraft für Senior*innen und habe eine neue Klientin die an einer Demenz und einer Zwangsstörung erkrankt ist. Leider fehlt mir die praktische Erfahrung mit Menschen mit einer Zwangsstörung, jedoch habe ich mich in das Thema eingelesen (u.a. Zwangsstörung und Zwangshandlungen Eine Einführung für Pflege-, Gesundheits- und Sozialberufe von Irena Mikic) und auch schon auf der Arbeit angekündigt, dass ich zu dem Thema eine Schulung belegen möchte. Bis dahin gehe ich trotzdem ein mal die Woche zu meiner Klientin und bin noch unsicher in meinem Umgang.
Wir verstehen uns bis jetzt sehr gut und wenn wir spazieren gehen, dann ist sie auch augenscheinlich weniger ihren Zwängen unterlegen. Wenn wir bei ihr zu Hause sind und vor allem die gemeinsame Zeit abläuft, gerät sie in einen Kontrollkreislauf und versucht mich miteinzubinden um mich wahrschenlich da zu behalten (sie ist ungern alleine, klopft an den Wänden und ruft laut nach Angehörigen, wenn sie alleine ist). Ich soll dann z.B. mit ihr zusammen kontrollieren ob der Kühlschrank-Stecker an beiden Enden fest sitzt, ob die Fenster geschlossen sind, wie viele Packungen Zigaretten sie hat usw.. Sie möchte sich auch zwischendurch immer wieder rückversichern ob gewisse Fenster geschlossen sind, putzt ihre Schlüssel, kontrolliert ihr Portmonaie und die Handtasche (auch wenn wir unterwegs sind) usw.. Diese Handlungen wiederholt sie mehrfach.
Jetzt stelle ich mir die Frage ob die Wiederholungen zu der Zwangsstörung gehören oder zur Demenz. Vielleicht potenziert sich auch beides? Letztendlich ist es auch wahrscheinlich schwierig das zu trennen.
Nun zu meiner Hauptfrage. Ich habe mehrfach gelesen, dass Rückversicherungen und Hilfestellungen bei Zwangshandlungen, wenn möglich nicht erwiedert bzw. umgesetzt werden sollten, da sich das Verhalten weiter manifestieren könnte/würde. Habt ihr vielleicht Ratschläge wie ich auf Rückversicherungen und wenn sie nach Hilfe fragt reagieren kann?
Bei einer Demenz wird dringend geraten auf die Bedürfnisse, Aussagen und Hilfefragen einzugehen und diese nicht abzulehen, damit keine Verunsicherungen und Ängste entstehen.
Noch bin ich mir auch unsicher ob ich mit ihr offen über die Zwangsstörung reden kann und weiß auch nicht wie sehr sie sich dessen bewusst ist, denn Menschen die an Demenz erkrankt sind reagieren oft stark verunsichert, wenn man andeutet, dass diese etwas vergessen oder falsch behalten etc. haben. Da gilt meistens: Was ein Mensch mit Demenz sagt, dass stimmt (Heute arbeitet sie als Lehrerin und morgen ist sie Ärztin). Also wenig, am besten nicht negieren.
Vielleich kennt ja irgendwer ähnliche Situationen und/oder hat hilfreiche Ratschläge für mich.
Mein Ziel auf der Arbeit ist es mit ihr und für sie eine schöne Zeit zu gestalten. Dabei würde ich gerne darauf achten wie ich sie Unterstützen kann, ohne ihre Zwänge weiter zu "fördern". Vielleicht habt ihr ja auch Ratschläge für schöne Aktivitäten im häuslichen Umfeld, die die Zwänge für eine kurze Zeit in den Hintergrund rücken lassen.
Ich bedanke micht sehr für eure Hilfe und freue mich auf einen Austausch!
Liebste Grüße
Larry
Zwangsstörung und Demenz
Re: Zwangsstörung und Demenz
Hi Larry,
erstmal, voll super, dass du das machst und sogar noch probierst, dich mit der Zwangsstörung zu beschäftigen, um der Frau noch besser zu helfen! Ich kann gar nicht sagen, wie gut ich das finde, ich finde, dass wir Zwangskranken oft irgendwo auf der Prioritätsliste überall runterfallen.
Nun bin ich selbst Betroffener und kann solche Tipps zur Behandlung, zumal bei Demenz, nicht geben. Das klingt superschwierig. Und du hast recht, ich wüsste auch nicht, wie man da wissen soll ob Wiederholungen wegen Zwang, Demenz oder beidem gemacht werden. Hatte die Frau die Zwänge schon bevor die Demenz kam?
Alledings haben meines Laienwissens nach Zwangskranke keine anderen Gedächtnisfähigkeiten als Gesunde, sondern trauen ihrer Wahrnehmung nicht. Manche leiden unter sog. "Unvollständigkeitsgefühl", wo sich eine Handlung wie Tür abschliessen für den Betroffenen nicht so anfühlt als hätte er/sie sie wirklich ausgeführt, weil quasi der "persönliche Stempel" auf der Erinnerung fehlt. Zu diesem Thema kannst Du mal z.B. nach Will Ecker suchen, der sich sehr damit beschäftigt hat.
Du hast ja schon ein gutes Buch gefunden, es gibt z.B. noch eines von Volker Röseler ueber Psychiatrische Pflege bei Zwangsstörungen (hab ich mal aus Interesse gelesen, bin aber nicht in der Pflege). Ich habe mal auf LinkedIn gesehen, dass er und Fr. Mikic manchmal Workshops für Pflegende geben. Vielleicht wäre das was? Oder du kontaktierst sie mal ob sie etwas für Deine Situation wissen? Kannst du nicht auch Input vom behandelnden Arzt bekommen ?-- es klingt in der Tat nach einem schwierigen Problem.
PS: In der Schweiz, wo Fr Mikic und Hr Röseler arbeiten, gibt es Psychiatrische Spitex. Aber auch unter diesen gibt es nicht sehr viele, die sich mit Zwängen auskennen. Menschen wie die beiden helfen wohl tatsächlich Patienten bei ihren Expos -- sowas wäre auch in Deutschland toll. Aber man muss sich gut auskennen um es richtig zu machen.
Alles Gute für Dich und deine Klientin.
erstmal, voll super, dass du das machst und sogar noch probierst, dich mit der Zwangsstörung zu beschäftigen, um der Frau noch besser zu helfen! Ich kann gar nicht sagen, wie gut ich das finde, ich finde, dass wir Zwangskranken oft irgendwo auf der Prioritätsliste überall runterfallen.
Nun bin ich selbst Betroffener und kann solche Tipps zur Behandlung, zumal bei Demenz, nicht geben. Das klingt superschwierig. Und du hast recht, ich wüsste auch nicht, wie man da wissen soll ob Wiederholungen wegen Zwang, Demenz oder beidem gemacht werden. Hatte die Frau die Zwänge schon bevor die Demenz kam?
Alledings haben meines Laienwissens nach Zwangskranke keine anderen Gedächtnisfähigkeiten als Gesunde, sondern trauen ihrer Wahrnehmung nicht. Manche leiden unter sog. "Unvollständigkeitsgefühl", wo sich eine Handlung wie Tür abschliessen für den Betroffenen nicht so anfühlt als hätte er/sie sie wirklich ausgeführt, weil quasi der "persönliche Stempel" auf der Erinnerung fehlt. Zu diesem Thema kannst Du mal z.B. nach Will Ecker suchen, der sich sehr damit beschäftigt hat.
Du hast ja schon ein gutes Buch gefunden, es gibt z.B. noch eines von Volker Röseler ueber Psychiatrische Pflege bei Zwangsstörungen (hab ich mal aus Interesse gelesen, bin aber nicht in der Pflege). Ich habe mal auf LinkedIn gesehen, dass er und Fr. Mikic manchmal Workshops für Pflegende geben. Vielleicht wäre das was? Oder du kontaktierst sie mal ob sie etwas für Deine Situation wissen? Kannst du nicht auch Input vom behandelnden Arzt bekommen ?-- es klingt in der Tat nach einem schwierigen Problem.
PS: In der Schweiz, wo Fr Mikic und Hr Röseler arbeiten, gibt es Psychiatrische Spitex. Aber auch unter diesen gibt es nicht sehr viele, die sich mit Zwängen auskennen. Menschen wie die beiden helfen wohl tatsächlich Patienten bei ihren Expos -- sowas wäre auch in Deutschland toll. Aber man muss sich gut auskennen um es richtig zu machen.
Alles Gute für Dich und deine Klientin.