Wutanfall

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Alina Zimmermann
Beiträge: 4
Registriert: Do 13. Mär 2025, 17:07

Wutanfall

Beitrag von Alina Zimmermann »

Hallo,

Eigentlich wollte ich mich nur mal ein bisschen aussprechen.
Ich bin mit meinem Verlobten schon seit 8 Jahren zusammen, und es läuft wirklich gut zwischen uns. Auch damals hatte er bereits Zwangshandlungen, die sich bei ihm aber nicht so stark äußerten wie zu dem heutigen Zeitpunkt. Er macht zur Zeit eine schwierige Emotionale Phase durch und ist deshalb auch sehr aufgewühlt. An sich macht mir seine verstärkten Handlungen nichts aus, dennoch hatte ich letzte Mal eine Situation mit ihm der ich emotional nicht gewachsen war (hab geheult). Mein Partner hat zwei Figuren auf dem Tisch stehen die genau an dieser Stelle stehen bleiben müssen, da er sonst Angst bekommt, es würde etwas schlimmes passieren. Meine kleine Schwester (12J.) war zu Besuch, während er gerade mit einem Freund weg war. Ich habe nicht bemerkt dass meine kleine Schwester, die Figuren angefasst hätte, dennoch waren sie wohl verstellt worden, denn als er zurück kam hatte er mich richtig angeschrien. „Warum stehen die Figuren anders?“ und „Du hattest nur eine Aufgabe, darauf aufzupassen dass die nicht verstellt werden“, „Dass war mir wichtig und du nimmst dass nicht ernst!“ und so weiter und sofort. Ich konnte mich gar nicht richtig rechtfertigen. Am Ende habe ich nachgegeben und mich entschuldigt. Aber ich war auch nicht mehr in der Lage mich weiter dieser Situation auszusetzen. (Wie gesagt ich hab geheult). Ich hatte ihm auch klargemacht dass wenn einer Rücksicht auf ihn nimmt, dann ja wohl ich. Jedenfalls an sich verstehe ich ja die Situation, und dass ihm dass wichtig war und so weiter aber es gibt etwas was ich daran nicht verstehen konnte. Denn sein großer Bruder war ein paar Tage zuvor mit seinem Kind zu Gast und da hatte der große Bruder diese Figuren weggestellt damit der kleine nicht so leicht daran kommt. Aber wurde sein Bruder so von meinem Partner angemacht ? Nein ….. Also was soll ich darüber denken, ich bin echt schon sauer deswegen.
Birgit
Beiträge: 64
Registriert: Di 5. Okt 2021, 19:17

Re: Wutanfall

Beitrag von Birgit »

Hallo Alina,

ich habe auch viele Zwänge. Und aus meiner Sicht kann das mit Deinem Freund verschiedene Gründe haben, wieso er bei Dir anders reagiert als bei seinem Bruder.
Was mir so einfallen würde.
Sein Bruder hat nicht so viel Verständnis für den Zwang das die Figuren nicht bewegt werden dürfen. Um sich nicht anhören zu müssen, wie dumm das ist, lässt er sie lieber wegräumen.
Oder er lässt sie lieber wegräumen, bevor sie kaputt gehen, weil das wahrscheinlich noch schlimmer für ihn wäre.
Oder er hatte einen guten Tag und noch nicht viele Zwänge seit dem aufstehen und kann deswegen besser drüber stehen.
Er könnte zu Dir deswegen sehr laut geworden sein, weil er schon viele Zwänge am Tag hatte und wegen Dir jetzt weil Du nicht aufgepasst hast noch mehr Zwänge hat. Du bist da nicht Schuld dran, aber durch die Zwangskrankheit gibt er Dir die Schuld, dass es ihm jetzt schlecht geht, weil du es zugelassen hast.
Oder aber er wurde laut, weil du sonst immer sehr verständnisvoll bist und er es in diesem Moment nicht verstehen kann, wieso du nicht aufgepasst hast.
Oder durch das, dass ihr zusammen seid kommt eine ganz andere Vertrautheit zu stande als z. b. zum Bruder den er nicht Tag täglich sieht. Deswegen wird er bei dir lauter.
Oder oder oder
Du siehst, es gibt da viele Möglichkeiten wieso er so reagiert.
Ich an Deiner Stelle würde ihn in einem ruhigen und nicht vorwurfsvollen Ton fragen, wieso er bei seinem Bruder so anders reagiert als bei Dir.
Ich weiß, es ist für einen der keine Zwänge hat eigentlich überhaupt nicht zu verstehen, wieso die Zwangsperson so handelt.
Aber ich kann Dir nur sagen, wir wären so sehr froh diese Krankheit nicht zu haben und wir können nichts dafür, dass wir Zwänge haben. Keiner will so eine Krankheit.
Aber wiederum gibt uns das auch nicht die Freiheit, unsere liebsten durch die Zwänge weh zu tun.
Mein Rat, manchmal hilft einfach in den Arm nehmen
und fragen was einem bedrückt.
Was du nicht machen solltest ihm in seinem Zwang zu unterstützen. Dadurch werden die Zwänge nur aufrecht erhalten. Das ist so wie wenn du einem Alkoholiker immer wieder Schnaps kaufst.
Aber ich weiß, jemanden den man liebt, will man natürlich helfen.
Mein Mann hat mir auch ständig geholfen. Und ich war ihm wahnsinnig dankbar dafür. Allerdings waren meine Zwänge so schlimm, dass es beinah zu einer Trennung gekommen wäre. Erst als ich wieder mal in einer Klinik war und mit Tabletten angefangen hatte geht es jetzt besser.

LG
Birgit
Heinz_Hilbig
Beiträge: 38
Registriert: Di 14. Jan 2025, 11:47

Re: Wutanfall

Beitrag von Heinz_Hilbig »

Birgit hat geschrieben: Sa 15. Mär 2025, 21:52 Aber ich kann Dir nur sagen, wir wären so sehr froh diese Krankheit nicht zu haben und wir können nichts dafür, dass wir Zwänge haben. Keiner will so eine Krankheit.
Aber wiederum gibt uns das auch nicht die Freiheit, unsere liebsten durch die Zwänge weh zu tun.


Was du nicht machen solltest ihm in seinem Zwang zu unterstützen. Dadurch werden die Zwänge nur aufrecht erhalten. Das ist so wie wenn du einem Alkoholiker immer wieder Schnaps kaufst.
Aber ich weiß, jemanden den man liebt, will man natürlich helfen.
Hallo Alina,

Es ist richtig dass ein Zwangskranker seine Krankheit nicht möchte. Aber er hat sich dennoch bewusst oder unbewusst für genau diese Verhaltensweisen entschieden. Nicht zuletzt weil er es nie besser gelernt hat. Er ist dennoch für sein tun verantwortlich. Ein Zwang ist keine Grippe !

Wie Birgit schon geschrieben hat solltest du ihn nicht unterstützen in seinem Tun. Doch genau das scheint mir bei euch der Fall. Er macht dich sogar verantwortlich dafür ("deine Aufgabe"). Hier mag ein Unterschied zu seinem Bruder sein. Und damit für das andere Verhalten.

Du sprichst davon, dass es wirklich gut zwischen euch laufen würde... was mir in anbetracht der Umstände etwas schwer fällt zu glauben. Eine Zwangsstörung ist eine schwerwiegende umfassende psychische Erkrankung, deren Ausmass weit über die "sichtbaren" Symptome hinaus reicht.

Du musst dir über eines absolut im Klaren sein: du kannst ihm NICHT helfen. Auch noch so viel "Liebe" wird daran nichts ändern ! Nur er selbst kann sich helfen.
Leider fehlt vielen Betroffenen die dafür nötige umfassende Einsicht und der nötige starke Willen...

Aber tut er das auch ? Hilft er sich ? Bist du ihm so wichtig und so viel wert, dass er alle therapeutischen Möglichkeiten ausschöpft, um gesund zu werden ? Hat er schon jemals Therapie gemacht ? Oder ist er gerade in Therapie ? Und falls nein... Was tut er alles um gesund zu werden ? Oder tut er (fast) nichts, glaubt, er konne einfach so weiter machen ?
Denn eines ist klar. Du wirst sein Leben lang dann die Hauptleidtragende seines Verhaltens sein. Und falls ihr Kinder wollt - wie gedenkt ihr sie vor diesen krankhaften Einflüssen zu schützen ? Soweit das überhaupt geht...
Du lebst mit einer tickenden Zeitbombe. Solange er nicht umfassend über Jahre konsequent therapeutisch an sich gearbeitet hat wirst du nie wissen wann der nächste Ausbruch kommt. So wie zur Zeit auch...

Und mit Kindern würde alles noch schwieriger. Und kleine Kinder würden die Figuren garantiert immer wieder verstellen und mit ihnen spielen. Was dann ?
Alina Zimmermann
Beiträge: 4
Registriert: Do 13. Mär 2025, 17:07

Re: Wutanfall

Beitrag von Alina Zimmermann »

Hallo,
Erstmal vielen Dank für die netten Antworten.
Also in Therapie begibt er sich jetzt tatsächlich. Im April fangen die ersten Gruppensitzungen an. Und Einzeltherapie wird dann folgen.
Bei den Medikamenten, war er grundsätzlich nie der Typ der gerne Pillen schluckt. Auch wenn es um Grippe mittel ging.
Er ist eher auf der homöopathischen Behandlung unterwegs.
Wobei ich auch sagen muss, dass er erstmal nur Kamillen Tee trinkt. Er sagt es würde ihm helfen und ihn runterbringen.
Sowas wie Baldrian oder anderes hatte er noch nicht ausprobiert. Ihn davon zu überzeugen Neues auszuprobieren ist noch nie leicht gewesen.
Nach unserem Streit, an dem Tag, hatte er mir noch versichert wie wichtig ich ihm bin und dass er mich nicht verletzen wollte. Und ich weiß dass er dass ernst meint weil er mir jeden Tag sagt wie sehr er mich schätzt.
Ich glaube dass da Birgit einen guten Ansatz hatte, denn mein Verlobter hatte nämlich kurz vorher eine längere Zugfahrt hinter sich gebracht. Vielleicht ist er einfach schon überreizt gewesen.
Wir haben nunmal schon 8 Jahre Beziehung. Hochzeit und Kinder sind schon in Planung, und ich kann mir nicht vorstellen, ihn zu verlassen. Dafür liebe ich ihn zu sehr.
Und es ist ja nicht jeden Tag dass er so ausrastet.
Ich werde zwar häufig daran erinnert mein Zeug wegzuräumen, aber ich muss auch gestehen dass ich ein kleiner Chaot bin. Da kracht es hin und wieder aber wir haben beide Besserung gelobt. :lol:
Wir werden sehen, was die Therapie bringt.
Ist ja auch noch ganz am Anfang, dass muss alles erstmal anlaufen. Er hat ja jetzt erst seine Diagnose bekommen.
Danke ich werde mich bestimmt noch mal melden.
Wirklich tolle Platform. 👍
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