Getriggert

hildebrandur
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Re: Getriggert

Beitrag von hildebrandur »

Ich habe mir gerade die Methode von Schwartz näher angeschaut. Gefällt mir gut und pragmatischer und mutiger als die Methode von " Tyrannen im Kopf". Mich wundert nur, dass dessen Methode kaum in der Literatur Erwähnung findet. Ein interessantes Kapitel über Schwartz habe ich in " Neustart im Kopf" von Norman Doidge gefunden. Hier wird auch nochmal Mut gemacht, dass das Gehirn sich neuroplastisch verändern kann.
Jessi
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Re: Getriggert

Beitrag von Jessi »

Ja das stimmt, ich habe die 4 Schritte im Anschluss des "Stopps" im Laufe der Zeit echt etwas schleifen lassen und dadurch auch nicht mehr so präsent im Kopf gehabt.
Ich habe mir aber zu Beginn meiner Therapie Notizen gemacht und mir motivierende Zitate bzw Sprüche aufgeschrieben, vor allem auch darüber wie der Zwangskreislauf funktioniert.
Mir diese Dinge kontinuierlich wieder vor Augen zu führen hilft mir auch gerade wieder Fuß zu fassen.

Tatsächlich hatte ich in den letzten Wochen/Monaten sehr viel Stress und habe mich den Umständen in meinem Job ausgeliefert gefühlt. Ich habe bereits mehrfach über einen Jobwechsel nachgedacht aber immer wieder mit mir gehadert. Jetzt hat sich herausgestellt, dass dieser Stress und die Existenzängste hinter meinen Zwangsgedanken stehen.
Ich finde es immer wieder erschreckend wie sich die Psyche auswirken kann und welche komischen Verrenkungen sie machen kann. Sie stellt komplette Gefühle ab und überlagert sie mit anderen Gefühlen und Zwangsgedanken um einen zu beschützen, was aber eigentlich das Gegenteil bewirkt.

Die Akzeptanz fehlt mir aktuell leider noch etwas für die Situation, da ich immernoch dazu neige dem Zwangsgefühl nachzugehen und nachzuspüren, was aber völlig kontraproduktiv ist.
Ich bemerke diesen Automatismus wenigstens und unterbreche ihn dann schnellstmöglich.
Außerdem hilft es mir gerade sehr mir bildlich vorzustellen, dass die Gedanken einfach vorbeiziehen und ich sie nicht beachten muss und das Gefühl einfach mitnehme aber mich nicht einschränken lasse.

Vielleicht hat ja jemand noch Erfahrungen mit Rückfällen gemacht und kann mir etwas Mut machen oder Tipps geben. :)
Schließlich heißt es nicht, dass man wieder von 0 anfangen muss, das weiß ich jetzt.

LG Jessi
El_Loco
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Re: Getriggert

Beitrag von El_Loco »

Hey Jessi!

Schön, dass du dran bleibst.

Zunächst einmal: Das mit dem Job, hoffe ich, dass du das gezielt in Angriff nehmen wirst. Für mich war es auch ein Thema. Ich habe mich dann letztendlich selbstständig gemacht, was ich schon immer machen wollte. Für mich bedeutet das kein nerviger Chef oder nervige Kollegen. Einfach viel weniger Stress.

Und Stress sollten wir Zwängler tunlichst vermeiden.

Ich bin ja auch grad dabei herauszufinden, ob ich die Zwänge wirklich vollständig ausgelöscht bekomme. Möglicherweise wird es nicht zu 100 % weggehen. Dann heißt es damit ein Stück weit leben zu können. Ich muss es an der Stelle wiederholen: Stress ist ein echt wesentlicher Faktor. Wenn ich ausgeschlafen und entspannt bin, geht mir alles locker flocker von der Hand.

Und der Faktor Stress beeinflusst das Thema Rückfall. Wie vermeide ich Rückfall? Indem ich auf meine Grenzen achte und mir auch meine Pausen gönne. Ansonsten natürlich die bisherigen Umgangsregeln weiter umsetzen. Zwängen weiter konsequent widerstehen etc.
hildebrandur
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Re: Getriggert

Beitrag von hildebrandur »

In meinem Fall kamen die Zwangsgedanken, als ich plötzlich im Job weniger Stress hatte. Sobald ich viel Stress habe , gibt es auch keinen Platz mehr für die Zwangsgedanken. Man hat schlicht einfach keine Zeit für Sie. Das ist mir auch im Sport aufgefallen. Sobald ich mich richtig verausgabe, sind die Gedanken weg. Jogge ich nur leicht, sind die Gedanken permanent da.
El_Loco
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Re: Getriggert

Beitrag von El_Loco »

hildebrandur hat geschrieben: Mi 31. Jul 2024, 15:14 In meinem Fall kamen die Zwangsgedanken, als ich plötzlich im Job weniger Stress hatte. Sobald ich viel Stress habe , gibt es auch keinen Platz mehr für die Zwangsgedanken. Man hat schlicht einfach keine Zeit für Sie. Das ist mir auch im Sport aufgefallen. Sobald ich mich richtig verausgabe, sind die Gedanken weg. Jogge ich nur leicht, sind die Gedanken permanent da.
Das nennt man dann eher Ablenkung und Stressabbau statt Stress.
Jessi
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Re: Getriggert

Beitrag von Jessi »

Dem kann ich nur zustimmen. Stress ist wirklich ein Antrieb für die Zwänge.
@El_Loco das Ziel die Zwänge zu 100% zu besiegen kennen wir vermutlich alle. Das sollte aber nicht im Fokus stehen, da das wiederum die Aufmerksamkeit weiterhin auf den Zwang legt. Im Endeffekt sollte es das Ziel sein Zwangsgedanken zu haben, sie aber nicht mehr als störend zu empfinden.
Anfällig werden wir Zwängler wohl immer bleiben, aber es ist definitiv möglich sich nicht mehr eingeschränkt zu fühlen.

Was hildebrandur beschreibt kenne ich in einem anderen Ausmaß auch. Die Arbeit hat mich oft von meinen Gedanken abgelenkt und mir Struktur gegeben.
Allerdings empfand ich in dem Moment die Arbeit nicht als Stressfaktor, da die Umstände besser waren als jetzt. Aktuell empfinde ich die Arbeit eher als Belastung und das ist eben der Stressfaktor, der zu Rückfällen führen kann.

LG Jessi
El_Loco
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Re: Getriggert

Beitrag von El_Loco »

Jessi hat geschrieben: Mi 31. Jul 2024, 22:33Im Endeffekt sollte es das Ziel sein Zwangsgedanken zu haben, sie aber nicht mehr als störend zu empfinden.
Wie meinst du das genau? Das Ziel ist doch, dass man sich nicht gezwungen fühlt über eine Sache zu denken / grübeln, die eigentlich ja nicht so wichtig / gefährlich ist.
Jessi
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Re: Getriggert

Beitrag von Jessi »

@El_Loco
Ich meine damit, dass die Zwangsgedanken nur Gedanken sind. Unsere Bewertung und Interaktion mit ihnen macht sie zu unserem Problem. Wir schenken ihnen die Aufmerksamkeit, die sie mit den Ängsten und dem Druck, den wir verspüren, einfordern.
Wenn wir das unterlassen, also den Gedanken keine Beachtung mehr schenken, was natürlich einfacher gesagt als getan ist, werden sie den Schrecken verlieren.

Im Endeffekt hat jeder Mensch zb mal den Gedanken: "Ich könnte jetzt gegen diesen Baum fahren" oder Ähnliches. Das Problem ist, dass uns solche Gedanken Angst machen und wir denken wir müssten darauf reagieren oder herausfinden was dieser Gedanke bedeutet. Die Antwort ist aber: Es ist nur ein Gedanke und er bedeutet nichts.

Wenn wir nicht mit den Gedanken interagieren werden sie uns weiter in den Kopf kommen, so wie gesunden Menschen auch, aber der große Unterschied ist, dass sie uns dann nicht mehr einschränken. Der Gedanke würde kommen und wir können ihn als solches erkennen. Die Ängste werden dann nicht mehr so extrem sein und irgendwann verblassen, sodass wir die Gedanken zwar haben aber nicht mehr eingeschränkt werden.
Daher spricht man davon einen Umgang mit seiner Krankheit zu erlernen.

Die Zwangsgedanken, die mich triggern, sind für andere wahrscheinlich völlig absurd und genauso kann ich Gedanken haben, die ich nicht beachte, für andere aber die schlimmsten Zwangsgedanken sind.

LG Jessi
El_Loco
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Re: Getriggert

Beitrag von El_Loco »

Ok, dann sind es halt Gedanken, die jeder hat. Nur Zwangsgedanken als solches wollen wir ja schon aus unserem Leben verbannen.

Oder wie siehst du das wirklich? Sind Zwangsgedanken komplett heilbar, kann man sie komplett auslöschen, aus seinem Gehirn verbannen?
Oder lernt man vielmehr damit umzugehen, bzw. zu akzeptieren, dass sie nie ganz weggehen und man einfach das Beste draus machen sollte?

Außerdem nochmal meine Nachfrage: Wie gehst du das Thema mit deinem Job an? Ich glaube, es wäre ein immenser Fortschritt diesen Stressfaktor für dich in den Griff zu bekommen, um damit auch überhaupt weniger Zwangsgedanken zu haben.
Jessi
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Re: Getriggert

Beitrag von Jessi »

Ich denke, dass wir lernen können ihnen keine Beachtung mehr zu schenken und dass sie dann zu normalen Gedanken werden wie jeder sie hat.
Ich denke aber auch, dass sich das Thema ändern kann und man dann plötzlich andere Zwangsgedanken entwickeln kann, die man dann wiederum genauso in den Griff bekommen kann.
Der Zwang steckt in uns und wenn wir wissen wie wir mit ihm umgehen müssen, wird er uns nicht mehr einschränken.
Ich habe beispielsweise bemerkt, dass die Gedanken viel weniger da waren, sie waren nicht mehr belastend und nicht so aufdringlich, dennoch habe ich gemerkt, dass es noch meine Krankheit ist und habe sie eben als Zwangsgedanken erkannt und dann bewusst ziehen lassen, das ging leider noch nicht immer automatisch. Aber ich bin motiviert und glaube daran, dass es möglich ist.
Natürlich möchte jeder von uns die Zwänge komplett loswerden, doch die Fokussierung darauf ist ebenfalls der Zwang. Irgendwie ist das ja auch das Perfide an den Zwängen.
Ich habe aber früher beispielsweise immer gedacht, dass die Gedanken weg sein müssten damit ich die Panik verliere und sie mich nicht mehr belasten. Dem ist aber nicht so. Früher hat jeder zu mir gesagt: Denk einfach an etwas anderes. Das habe ich schlichtweg nicht hinbekommen und kann es logischerweise auch heute noch nicht. Aber ich habe erkannt dass man dorthin gelangen kann, wenn man die Gedanken nicht krampfhaft bekämpft.

Zu meinem Problem mit meinem Job kann ich nichts genaues sagen. Tatsächlich ist heute wieder ein kleiner Seitenhieb meines Chefs vorgekommen. Dieser war zwar sehr subtil, aber dennoch empfinde ich es als Schikane.
Ich werde mich weiterhin umschauen und bewerben, vor allem da ich mir auch mehr Freizeit wünsche.
Wie genau ich diesen Stressfaktor konkret abstellen kann bis ich einen anderen Job gefunden habe weiß ich leider noch nicht, zumal ich sehr darauf bedacht bin immer engagiert zu sein und zur Not todkrank zur Arbeit zu kommen.

LG Jessi
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