Exposition mit Reaktionsmanagement (ERM bzw. ERP für "
Prevention)" wird tatsächlich meist als die Methode der Wahl zur Therapie gegen Zwänge genannt. Und ich denke dazu gibt es auch Studiendaten und ich meine auch, dass das wirklich ein vernünftiger Ansatz ist, dass es darum geht, von den ungesunden Gewöhnungen wegzukommen, Vermiedenes wieder zu tun und einen Weg zu finden, das auch langfristig gut auszuhalten.
Ich stelle jetzt mal die These auf, dass
Exposition mit Reaktionsmanagement keine Therapieform ist, sondern, dass es der geheilte Zustand ist. Dass ich mich Vermiedenem wieder aussetzte oder sucht-artiges Verhalten sein lasse und damit auch gut zurecht komme - das soll am Ende raus kommen und wenn das erreicht ist, bin ich geheilt. Es zeigt aber nicht, wie ich dort hinkomme. (Das wäre so ähnlich, als würde man sagen die Heilung von Krebs ist die Zerstörung von allen bösartigen Tumorzellen oder von Infektionen, das Abtöten von zu vielen schädlichen Bakterien oder Viren - stimmt schon - aber wie kommt man dort hin?)
Sind das nur Wortklaubereien oder das Suchen Definitionen, die einem nicht weiter bringen? Hauptsache es gibt was, was hilft und gut damit.
Ich meine ein ganz wesentliches Problem von Zwangserkrankten ist das Bedürfnis nach einer einfachen Lösung. Und das wird ja auch ständig - immer wieder kurzfristig befriedigt: Händewaschen - alles ist gut; Rückversichert, dass aus einem bösen Gedanken nicht mehr wird - alles ist gut; Zuhause-bleiben - alles ist gut. Diese Denkweise gehört mMn zerstreut. So kompliziert, vielfältig, langfristig das Problem ist, so ist auch der Weg zur vermeintlichen Lösung. Genauso, wie es nämlich auch nicht so ist, dass mit Zwang (oder auch durch das wovor wir uns durch den Zwang übermäßig fürchten, dass es uns passiert) das ganze Leben zerstört sein muss, ist es auch nicht so, dass ohne diesem das ganze Leben nur noch eitel Wonne ist. Schon immer wieder mal, keine Frage aber auch Zwänge können sich immer wieder mal mehr oder weniger bemerkbar machen.
Ich habe gerade etwas bedenken, dass es zu theoretisch wird, darum versuche ich es wieder etwas mehr zu konkretisieren. Wenn ihr nach einer Therapie sucht, versucht euch nicht zu sehr auf eine Richtung oder eine Methode zu fixieren - ja und dann muss es vielleicht noch exakter sein - Exposition muss unbedingt vor Ort stattfinden..
Ich finde es sehr heilsam, das ganze zu zerstreuen -
auf die Vielfalt kommt es an und anhaltend (keineswegs unbedingt am gleichen) dran zu bleiben: auch mal was spirituelles, was ist einer Gruppe (muss gar nicht zum Thema Zwang sein), ein hilfreiches Video von der IOCDF, .. und auf einmal bemerkt man, dass man schon auch immer wieder mal zwängelt (oder nennen wir es hier besser ritualisiert), doch mit der Zeit merkt man - vielleicht auch noch besser erst im Nachhinein- dass es immer mehr Zeiten gibt, die frei davon waren.* Ja und dann führt man wieder mal einen Zwang (ein Ritual) aus, aber man merkt, man klagt sich selbst weniger dafür an und auch das ist ein großer Fortschritt. Und selbst es gemerkt zu haben, dass es ein Zwang ist und dass es an der Zeit ist, wieder mal besser auf sich selbst zu achten, ist auch sehr bedeutend.
Weil es mir gerade wieder einfällt - klarerweise geht es auch darum immer wieder sich oder durch andere ermutigt zu werden, den Zwängen nicht nachzugehen - auch das gibt einem ein gutes Gefühl und Selbstvertrauen.
Und stop. Es geht ohnehin weiter...
* Ich finde hier ist das gut zum Ausdruck gebracht worden:
downtherabbithole hat geschrieben: ↑Sa 13. Nov 2021, 13:13
Wenn ich jetzt daran denke habe ich nicht mehr so viel Angst, ich bin mir nicht mal sicher, ob ich sogar versehentlich an die Stelle gelangt habe...
Für mich ist es also ein ziemlich Erfolg.