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Re: Zwangsgedanken

Verfasst: Fr 12. Mär 2021, 13:45
von Jessi
Ja, so in die Richtung ist es bei mir.
Sobald ein Zwangsgedanke auftritt, versuche ich diesen als solchen zu erkennen und ihn auch so zu behandeln.
Manchmal beginnt aber unkontrolliert diese Panik und dann verselbstständigt sich dieser Automatismus.
Ich kann mich dann beispielsweise auf ein Buch konzentrieren aber merke währenddessen dieses drückende Gefühl und irgendwann fällt mir auf, dass ich schon nach kurzer Zeit wieder gedanklich im Zwangsthema stecke.
Es ist ein wenig so als wären 2 Gedanken gleichzeitig aktiv und beide im Hintergrund.
Vielleicht kann man es so ein wenig beschreiben. :?
Manchmal hilft auch keine der Strategien, wenn man wieder in eine Spirale verfällt. Das ist aber zum Glück sehr selten, mittlerweile.

LG Jessi

Re: Zwangsgedanken

Verfasst: Sa 13. Mär 2021, 17:59
von Alex
Hallo zusammen,

evtl. hilft folgendes, wenn man immer wieder zu Grübeln beginnt, während man gem. Schritt 3 eine gesunde Tätigkeit ausführt:

Man muss den Schritt 3 als eine Art Fitnessübung für das Gehirn ansehen. Genau wie bei körperlichen Fitnessübungen kann es einige Zeit dauern, bis sich ein Erfolg zeigt. Deswegen ist lt. Jeffrey Schwartz („Brain Lock“) die tägliche Anwendung der 4 Schritte erforderlich.

Das kenne ich auch nur zu gut, dass man das Grübeln als automatisierte Reaktion auf einen Zwangsgedanken hinnimmt. Man empfindet es aber nur deshalb als Automatismus, den man vermeintlich nicht verhindern kann, weil man in der Vergangenheit ständig praktiziert hat, mit Grübeln auf den Zwangsgedanken zu reagieren. Dadurch sind lt. J. Schwartz diese negativen neuronalen Verdrahtungen im Gehirn entstanden.

Tatsächlich ist das Grübeln eine willentliche Reaktion, für die wir uns entscheiden, und eben kein Vorgang, der ohne oder gegen unseren Willen abläuft. Der Zwangsgedanke fordert zwar, dass wir grübeln, aber wir entscheiden letztlich, ob wir seiner Forderung nachkommen oder nicht. Und hier ist die Trainingsarbeit zu leisten. Wenn der Zwangsgedanke während einer gesunden Tätigkeit 100 mal auftaucht, muss ich mich 100 mal gegen seine Forderung entscheiden.
Laut J. Schwartz lernt man dabei, dass man sich nicht vom Zwangsgedanken bzw. den schlechten Gefühlen steuern lassen muss, auch wenn sie präsent sind.

Re: Zwangsgedanken

Verfasst: Sa 13. Mär 2021, 19:49
von Jessi
Das klingt einleuchtend. Eigentlich weiß man ja, dass es anderen genauso geht aber anhand der Beispiele denkt man immer man sei der einzige, der Probleme bei der Umsetzung hat.

Hast du es denn geschafft diesen Automatismus zu unterbrechen ? Ich finde es immer motivierend wenn jemand positive Erfahrungen machen konnte und man anhand dessen die Wirksamkeit nicht infrage stellen kann.

Heute ist mir beim Üben noch eine andere Frage eingefallen:
Hilft diese Strategie die Gedanken und das Grübeln zu "verlernen" oder hilft es auch dabei wenn man plötzlich einem Trigger ausgesetzt wird ?
Wenn jemand beispielsweise aggressive Gedanken hat und diese Methode erfolgreich anwendet, würde es ihr auch helfen, wenn sie sich mit ihren Gedanken konfrontiert sieht ?
Das ist nur ein Beispiel, da ich meine Überlegung anhand aggressiver Zwangsgedanken einfacher erklären kann.

LG Jessi

Re: Zwangsgedanken

Verfasst: So 14. Mär 2021, 12:33
von Triangel
Hi zusammen,

ja, tatsächlich hatte ich gestern eine solche Situation.
Während ich einen Film geguckt habe, hat sich nach einer "gruseligen" Situation der ZG gemeldet.
Ich habe dann mal versucht mich gegen das Grübeln zu entscheiden und habe mit meinem ZG gesprochen. Bissle albern habe ich mich gefühlt, aber ich habe meinem ZG gesagt, dass alles ok ist und ich jetzt gerne den Film schauen möchte. Er kann gerne da bleiben und den Film mitschauen, aber er braucht nicht erwarten, dass ich mich um ihn kümmere.
Hat keine Minute gedauert, da war das Thema durch. Kein Grübeln. Natürlich hat der ZG mich mehrfach provoziert und gelockt - aber ich habe mal die Ratschläge hier befolgt und es war wirklich sehr simpel.

So kann es doch weitergehen :)))

Re: Zwangsgedanken

Verfasst: So 14. Mär 2021, 14:43
von Alex
Mir fällt dazu ein Vergleich des Psychologen Roland Kopp-Wichmann auf seinem Blog ein.
Man kann sich den Zwangsgedanken als ungebetenen Gast vorstellen, der an der Wohnungstür steht und klingelt. Wenn man nicht öffnet, wird er nicht aufhören zu klingeln und einen damit weiter nerven. Wenn man öffnet und versucht, ihn argumentativ davon zu überzeugen, dass man keine Zeit für ihn habe und er deswegen gehen solle, wird er immer Argumente dafür finden, dass er doch mal kurz reinschauen sollte. Man verwickelt sich also in eine endlose Diskussion.
Die Lösung ist daher, ihn einfach herein zu lassen, ihm einen Sitzplatz anzubieten, aber darauf hinzuweisen, man habe jetzt etwas anderes zu erledigen (Küche aufräumen, Schreibkram) und deshalb keine Zeit für ihn. Der Gast wird sich zwar evtl. trotzdem setzen, aber wenn man sich nach einiger Zeit immer noch nicht um ihn kümmert, wird es ihm langweilig und er wird die Wohnung verlassen.

@Jessi: es ist nicht so, dass ich gar nicht mehr mit Grübeln auf Zwangsgedanken reagiere, aber im Vergleich zu früher gelingt es mir viel schneller, durch Achtsamkeit mir des Grübelvorgangs bewusst zu werden ("Hey, ich grübele ja schon wieder!"). Die dadurch entstehende Unterbrechung des Grübelns nutze ich, um mich für eine konstruktiven Tätigkeit zu entscheiden.
Da „meine“ Zwangsgedanken nicht von aggressiver Natur sind, habe ich dazu keine Erfahrungswerte, aber ich denke, dass die 4 Schritte auch hier helfen können.

Re: Zwangsgedanken

Verfasst: So 14. Mär 2021, 18:21
von Jessi
@Triangel
Das klingt doch sehr erfreulich. So kann es weitergehen :)
Dass man den Gedanken einladen und einfach dasein lassen soll funktioniert für mich auch häufig sehr gut.
Ich finde Illustrationen diesbezüglich auch sehr hilfreich, damit verdeutlicht man sich den Mechanismus sehr gut.

Meine Zwangsgedanken sind auch nicht aggressiver Natur, ich dachte nur, dass ich durch dieses Beispiel etwas besser verdeutlichen könnte was ich meinte.
Meine Gedanken beziehen sich häufig auf Personen oder bestimmte Gegenstände, Orte, etc.
Ich habe mich nur gefragt ob man durch diese Methode das Grübeln in den Griff bekommen und dadurch auch langfristig nicht mehr durch die realen Trigger hineingezogen wird oder ob es nur das Grübeln selbst unterbricht, sobald die Gedanken schon aufgetreten sind.
Ich hoffe, du verstehst was ich meine. :lol:

LG Jessi