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Re: Trigger Familie

Verfasst: Sa 17. Apr 2021, 16:03
von André
Hallo SHG,

ich sehe es eigentlich auch so, wenn in der Familie die Liebe und Geborgenheit eine große Rolle spielt, dann wird man sehr gestärkt im Charakter. Ich habe ja sogar zwei liebende Mütter gehabt. Denn meine Oma mütterlicherseits hat sich am Tag wie eine liebende Mutter um meine Geschwister und mich gekümmert, wenn meine Mutter bei der Arbeit war, lag vielleicht an unsere Geschichte, weil wir als Hugenotten den Pogrom in Frankreich überlebt haben. Meine Oma und meine Mutter konnten niemals ein böses Wort zu einem sagen bzw. mit einem schimpfen. Trotzdem gab es eine Erziehung, die viel mit vorbildlichem Vorleben zu tun hatte. Tue einem anderen nichts Böses, ansonsten verlierst du an Herzensgüte. Das Problem bei mir war außerhalb der Familie, dort erlebte ich Hass, Hetze und Misshandlungen gegen mir über. Es gab auch in der Gesellschaft gute Zeiten wie z. B. die Grundschulzeit, ich bin auch selbst in der Verantwortung zu ziehen, weil ich leider auch manchmal mich selbst als Opfer angeboten habe, um andere zu schützen. Dann nützt leider auch keine liebende Familie, dadurch kann man auch krank werden. Außerdem hast du nach meiner Meinung recht, ich fühle mich bei anderen, die auf irgend einer Art Ähnliches erlebt haben und traurigerweise erkrankt sind, gut verstanden und aufgehoben wie bei einer "Familie".

Re: Trigger Familie

Verfasst: Sa 17. Apr 2021, 16:56
von André
Hallo Dr. Stange,

ich habe mich vielleicht missverständlich geäußert, natürlich hat derjenige, der negative Taten ausübt, die Hauptverantwortung zu tragen. Aber trotzdem darf man nicht außer Acht lassen, dass andere, die vor der Tat ihm etwas getan haben, eine Mitverantwortung haben nach meiner Meinung wie in einem Kreislauf. Ich hoffe, ihr habt für mich ein kleines bisschen Verständnis, wenn mein Sprachstil nicht immer korrekt ist, weil ich jahrelang die Sprache im Schriftlichen wie in der Aussprache nicht eingesetzt habe, durch Angst Fehler zu machen. Ich sehe es auch so, wenn man beim kleinsten Nenner die Familie und deren Umfeld keinen Frieden hinbekommt, muss man sich leider nicht wundern, dass auch Länder sich bekriegen. Ich würde auch so gern für den Frieden demonstrieren, aber ich weiß ganz genau, dass bei selben Demos sehr wahrscheinlich viele mitlaufen, die dort für mich nicht hingehören, weil sie z. B. in ihrer Familie als Tyrann regieren. Deswegen kann ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, bei solcher Veranstaltung mitzugehen, ich würde mich dadurch als schlechter Mensch fühlen.

Re: Trigger Familie

Verfasst: So 18. Apr 2021, 10:10
von fabian123
Hallo zusammen,
vielen Dank für eure Beiträge. Das geht mir stellenweise echt nah, wenn ich das von euch lese.

Aber ich denke auch, dass es sehr viel mit individuellem Empfinden und der Persönlichkeit zu tun hat. Manche Individuen kommen mit gewissen Situationen besser klar als andere: Direkt in einer Situation oder auch im Nachhinein betrachtet. Ich bin eine sehr sensibler Person, mich hat meine Familie immer völlig überfordert. Auch denke ich, dass viele Eltern bzw. Menschen im allgemeinen, sich der Wirkung ihres Handelns, perspektivisch betrachtet oft nicht bewusst sind.

Jessi du hast geschrieben:
Das ist eher ein inneres Problem meinerseits. Meine Eltern lassen einfach immer wieder Kommentare los, welche mich in Angst versetzen. Das kommt vor allem von meinem Vater. Ich habe stets Angst, dass er mich bloßstellen könnte oder mich gezielt triggern könnte.
Andererseits sind sie aber sehr liebevoll und stolz auf das, was ich in meinem Leben erreiche und freuen sich mit mir. Sie sind auch gerne ein Teil meines Lebens aber das sind irgendwie 2 Fronten, welche aufeinander treffen.
Dieses Verhaltenseigenschaften die du beschrieben hast, treffen unter anderem auch auf meine Eltern zu. Aber warum beschreibst du das als ein Problem deinerseits? Weißt du wie ich das meine? Weil das hört sich für mich so an, als würdest du einen Grund für das Verhalten deiner Eltern bei dir suchen? Ich hoffe es ist ok wenn ich dir diese Frage stelle.

Meine Eltern formulieren auch gerne das sie im Grunde Stolz auf mich sind. Gerne geben sie mit den Erfolgen des „ältestes Sohnes“ an. Aber das machen meine Eltern für sich, nicht für mich. Zynische, Vernichtende und Fragwürdige Kommentare über meine Partner, Freunde, Ansichten, Ziele, Pläne etc. kamen immer von meinen Eltern, seit ich denke kann. Ganz nüchtern und praktisch sieht die Realität aber so aus:
1. Beziehungen: So lange und glückliche Beziehungen wie ich führten meine Eltern nie.
2. Beruf und Bildung: Meine berufliche Position + Akademischen Grad erreichte niemand von meinen Eltern.
3. Perspektiven: Ich würde mich so gerne über die Gegenwart und Zukunft freuen, bin aber durch meine Eltern immer noch in der Vergangenheit verhaftet, so wie meine Eltern selbst, die irgendwo hängen geblieben sind.

Ich habe das Gefühl, das meine Eltern mich immer versuchten auf ihr Niveau runter zu ziehen. Sie haben mich sicher irgendwie lieb, aber wollten mich so haben, dass ich sie auf keinen Fall an ihre gescheiterten Leben erinnere. Das klingt hart, aber meine Eltern sind liebeswerte Menschen wenn es um ihre Interessen geht, und nur dann.
Ich habe mich sehr intensiv auch mit der Vergangenheit meiner Eltern beschäftigt. Meine Großeltern müssen eiskalte und furchtbare Menschen gewesen sein. Auch gibt es bis heute viele ungeklärte Dinge in Bezug auf den 2. Weltkrieg in meiner Familie (das aus der Opfer aber auch Täter Perspektive). Ich hatte mich daher eine Zeit intensiv mit Epigenetik oder der Generationsübergreifende Vererbung von Traumata etc. beschäftigt. Das erklärt mir vieles, aber es entschuldigt nichts. Das ist der Punkt! Ich verstehe vielleicht warum meine Eltern sind wie sie sind, aber es nimmt ihnen nicht die Schuld, dass sie für mich nie beschützende und vorsorgliche Eltern waren. Ich aber fühle mich für alles immer noch schuldig und denke ich würde die Verantwortung tragen, für alles auch was sie betrifft. Ich suche bis heute die Fehler bei mir, oder in jeder meiner Tätigkeiten, um das Gefühl dieser völligen Hilflosigkeit mit Zwangshandlungen zu kompensieren, welches ich habe, seit ich denken kann.

Im Grunde ist man ja immer „mit“ ein Produkt seiner Umwelt und Umgebung. Im Soziologischen Sinn sind wir ja auch aufeinander angewiesen usw. Das sind alles große Themen. Aber ich sehe mich in dem ganzen mittlerweile eigentlich immer wieder als der kleine Junge, der inmitten einer völlig grenzlosen und Strukturlosen Umgebung aufwuchs. Immer mit den Gefühl die Probleme der Eltern lösen zu müssen, was ich natürlich nie konnte. Aber von mir wurde von Anfang an zu viel verlangt. Ich denke für diese Themen gibt es keine „pauschalen“ Erklärungen. Aber das ich mit fast 40 Jahren erst anfange zu lernen das es ok, auch mal auf mich zu achten , sagt vieles denke ich aus.

Oh, das ist jetzt wieder viel Text geworden :D

Ich wünsche euch alles Gute.
Fabian