Ich fühle mich immer falsch...;(

downtherabbithole
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Registriert: Sa 7. Nov 2020, 21:10

Re: Ich fühle mich immer falsch...;(

Beitrag von downtherabbithole »

Hallo July,

ich bin 37, habe keine Kinder, besitze keine Wohnung oder Haus, ich war beruflich erfolgreich bis die Zwänge mich platt gemacht haben. Meine Eltern haben mir sehr wenig Wertschätzung gegeben, kaum Lob, ständige Kritik, ich durfte nicht ich sein, mir wurden ständig meien Gefühle abgesprochen.
Zudem haben sie ihr Eheprobleme offen rausgelassen, sich ständig gestritten und mit Trennung gedroht, ich war meiner Mutter ein kleiner Therapeut.

Bei mir fällt das ganze vermutlich unter Parentifizierung und bei meinem Vater hat auch schon eine Therapeutin angedeutet ob er evtl. narzisstische Züge hat.Von Trauma oder postraumatischen Belastungsstörung oder komplexen postraumatischen Belastungsstörung hat bei mir noch keiner der vielen Therapeuten gesprochen, wobei ich mich das nach wie vor frage. Ich denke aber so etwas müsste auch ein Therpaeut oder Psychiater abklären und nur dann wäre ja auch die enstprechende Therapie sinnvoll. Hier weiß ja nun auch keiner was da genau bei dir abgelaufen ist.

Meine Mutter hat sich übrigens auch schon entschuldigt und auch schon einiges eingestanden aber es ist trotzem sehr schwierig mit ihr weil sie ständig meine Grenzen überschreitet. Das ist vielleicht auch ein Thema, dass du dir anschauen könntest, das kann sich nämlich auf die Zwänge auswirken. Bist du gut im Abgrenzen, für dich Gutes tun, und wie reagieren andere auf deine Grenzen? Das hat mir wahnsinnig geholfen. Und auch das Thema mit den Emotionen und auch was deine Meinung und Ansichten angeht. Werden die angenommen oder plattgeredet und abgelehnt?


Du bist also nicht alleine mit vielen Dingen, natürlich hat keiner deine Geschichte genauso erlebt und keiner ist wie du aber viele von uns Zwangspatienten haben ähnliche Probleme und auch ähnliche Geschichten. Ich weiß nicht ob du immer Kinder und Familie und Haus wolltest, ich zB. nicht unbedingt, trotzdem kenne ich diese Gedanken. Je älter ich werde desto schlimmer wegen der tickenden Uhr. Ich schaue mir immer Videos von Frauen an, die keine Kinder haben und die ein schönes Leben leben. Die Frage ist ja auch, ist das etwas das du wirklich willst oder etwas das du denkst was du willst? Ist ja schließlich ein gesellschaftliches Thema das einem auch so auferlegt wird und von dem man Versagensängste bekommt. Mir hilft es mir verschiedene schöne Lebenkonzepte zu überlegen mit denen ich klar komme, aber wie gesagt ich hatte auch nie einen krassen Kinderwusch ich kenne auch Frauen mit Zwängen denen das deutlich schwerer fällt.

Vielleicht würde dir eine Selbsthilfegruppe helfen? Ich finde die Unterstützung durch andere Patienten ist Gold wert.

Ich habe übrigens meine Stundenanzahl reduziert auf 30 und es war für mich eine sehr gute Entscheidung. Ich hatte die gleichen Sorgen wie du. Überraschenderweise haben einige Kolleginnen zu mir gemeint, sie würden auch gerne nur 30 Stunden arbeiten, das wäre toll aber sie können es sich finanziell nicht leisten (haben Kinder oder Kredite auf ihr Haus aufgenommen) oder aber sie haben Angst davor was andere denken. In meinem Job kann ich mit den 30 Stunden nicht aufsteigen das ist schon ein Problem, weil ich mich in meiner jetzigen Position etwas langweile. Aber erstens kann ich auch irgendwann wieder mehr arbeiten und zweitens wäre ich in meinem jetzigen Zwangszustand sowieso damit überfordert. Mir hilft es einen Tag mehr für mich zu haben, den nutze ich auch bewusst für schöne Dinge die mir gut tun, bei mir ist das zB. schreiben, malen, zeichnen, sport, Meditation. Aber natürlich kann dir auch keiner sagen, wie deine Kollegen dann reagieren oder wie es für dich wird, das ist ein Risiko, ich kann nur jeden ermutigen es auszuprobieren und wenn es nicht gut tut kann man ja im Normalfall wieder aufstocken.
July
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Re: Ich fühle mich immer falsch...;(

Beitrag von July »

Hi Chris,

ich hoffe, das Buch kommt heute und dann fange ich direkt an zu lesen. Ich habe mich krankgemeldet, gegen aller Gefühle, aber ich wollte und konnte heute nicht arbeiten gehen.

Vll hilft es mir, dass ich mich besser fühle wenn ich auf das höre, was meine Gefühle sagen. Oft ist es auch so, dass ich Lust auf einen Kaffee habe oder was auch immer und es nicht umsetze, da ich ja schließlich andere Dinge zu tun habe und dafür keine Zeit ist. :evil:

Meine Mutter hat mir gesagt, dass sie schlimme schuldgefühle hat. Sie sagte auch vorgestern noch, dass sie mich jede Woche zur Therapie fahren würde, da ich aktuell keine Therapeutin finde, sollte ich mal im Umland suchen, da ich kein eigenes Auto habe, würde sie mich jederzeit hinfahren. Sie gibt die Unterstützung auf ihre Weise.
Frei von allen Zwängen wollen viele sein und zwingen sich jeden Tag dazu. 💕
July
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Re: Ich fühle mich immer falsch...;(

Beitrag von July »

Hi downtherabbithole,

also, ich bin seit ich 21 bin in Therapie, aktuell allerdings ohne, da meine Therapeutin in Rente gegangen ist..

Bei mir war es ähnlich, ich durfte nicht anziehen was ich wollte, mir die Haare nicht machen wie ich wollte. Ich hatte ständig Angst was falsch zu machen, diese Ängste habe ich bis heute. Sobald meine Mama Grenzen überschreitet, sag ich ihr das direkt.

Offenbar haben wir wirklich ähnliche Lebensgeschichten
Eine Kollegin, Mitte 20, sagte letzens, sie will mit 30 ihr erstes Kind, schließlich sei dann der Lack ab und es ist bereits eine Risikoschwangerschaft und sie möchte keine alte Mama sein.
Was meinst du, was da innerlich los war bei mir?!
Ich habe nur gesagt, dass das Leben nicht immer so läuft, wie man es plant. Meine ehemalige Chefin hat mit 40 noch ein Kind bekommen und sie sah auch nicht aus wie 40, war attraktiv und niemand würde sie vermutlich als alte Mama betiteln. Das gibt mir manchmal einen hellen Moment, ich seh nämlich auch nicht aus wie 35, eher wie mitte 20, wird mir zumindest oft gesagt.

Ich wünschte, ich könnte das mit der Stundenreduzierung auch hinbekommen, meinem Freund gegenüber habe ich das schon angedeutet. Er hat nur die Sorge, dass ich dann noch mehr putze. Ich kann zum Glück auch viel im homeoffice arbeiten, bin mit meiner Arbeit sehr flexibel, aber ich nutze das nicht aus, da ich es aufgrund der Gewohnheiten nicht schaffe.

Meine Emotionen und Gedanken werden wohl angenommen, meine Freundinnen wissen Bescheid, ich versuche ihnen das näher zu bringen, trotzdem sehe ich in den Augen, dass sie es nicht recht verstehen. Aber sie reden es nicht klein. Aber ich denke immer, es ist klein, ich fühle mich auch schlecht, da ich zuhause geblieben bin heute, da ich denke, ich bin ja körperlich nicht krank. Obwohl mein Freund volles Verständnis hat, dass ich heute zuhause geblieben bin, denke ich, er denkt, jetzt sitzt die zuhause rum und geht nicht arbeiten. Aber das würde er nie denken. Er sagt immer, egal wie ich mich entscheide, er ist da.

Und ja, oft frag ich mich, will ich das wirklich alles, oder will das die Gesellschaft oder erwarten das andere vo mir?! Also ja, ich möchte noch ein Kind aber nicht jetzt, aber ich fühle, dass ich dieses Jahr schwanger werden muss und weißt du warum?! Weil ich eventuell!! am 02.01.25 eine Aufgabe auf der Arbeit erledigen muss, die ich nicht machen möchte, da ich mir das nicht zutraue. Dabei sagt mir unser Koordinator im Team, dass ich gut arbeite und ich die einzige bin, der er gewisse Dinge zutraut. Im Grunde weiß ich auch, dass ich gut arbeite und sogar besser als manche Kollegen aber ich öffne mit so einer Panik, die programme morgens um nachzugucken, ob da für mich was drin ist, was ich meine nicht zu können. Und ich sitze da jetzt seit 2 Jahren! Andere Kollegen kommen nachmittags zu mir und fragen, hast du "das Programm " schon offen? Hab da noch nicht reingeguckt. Da denke ich mir, warum hab ich immer so einen Stress??! Ich kann auch keinen Kaffee trinken auf der Arbeit, bevor ich nicht geklärt habe, ob unerwartete Dinge auf mich warten.

Mein Freund sagt, das ist aber doch die Arbeit, er freut sich über herausfordernde Dinge, ich hingegen bekomme Panik. Ich hatte nämlich auch als ersten Arbeitgeber furchtbare Menschen um mich, ich bin ganz furchtbar ins Arbeitsleben gestartet.

Ich danke dir für deine Nachricht und deine Worte :)
Und ich habe Respekt davor, dass du den Mut hattest, die Stunden zu reduzieren.

Ich wollte auch eigentlich nie bauen, Kinder hingegen schon. Ich hab zu meinem Freund gesagt, am besten uns baut jemand ein Haus und wir ziehen ein. Und so ist es gekommen, ich wohne im EG eines gerade neugebauten Einfamilienhauses mit Garten. Kredite haben wir auch keine laufen, darüber bin ich ehrlich gesagt auch froh.

Liebe Grüße :)
Frei von allen Zwängen wollen viele sein und zwingen sich jeden Tag dazu. 💕
Chris_84

Re: Ich fühle mich immer falsch...;(

Beitrag von Chris_84 »

Hallo July,

es ist in Ordnung, dass du dich krank gemeldet hast. Kannst du benennen, was dazu geführt hat, dass es dir heute so schlecht geht ? Erkennst du da einen Auslöser ?

Und wenn du das nächste Mal Lust auf einen Kaffee hast, dann machst du das zu dem wichtigsten Ereignis des Tages ! :) Und holst dir einen. Umgehend !
Wenn du magst betrachte das als eine Art Exposition/Konfrontation. Ich glaube, das wäre ganz wichtig für dich, dir hier mehr Freiraum zu erarbeiten. Eigentlich: den Freiraum dir zu erlauben.

Du kannst dir eine Liste erstellen mit Aktivitäten, welche du zwar gerne machen würdest, dir bisher aber (meist) nicht erlaubst. Dann sortiere sie nach Zeitaufwand. Und fange mit denen an, welche am wenigsten Zeit benötigen.
Und jetzt das Schwierigste: Wähle jeden Tag mindestens einen Punkt aus und setze ihn um ! :)

Zum Umgang mit deiner Mutter (was ist mit dem Vaterer ? - er taucht in deinen Texten bisher nicht auf…):
deine Mutter ist die, die sie ist. Und bei aller Hoffnung, welche du zumindest insgeheim haben dürftest – NEIN, sie wird sich nicht grundlegend ändern. Ihr zu sagen, dass sie Grenzen überschreitet, hilft dir nicht wirklich. Denn das setzt voraus, dass dein Gegenüber in der Lage und auch Willens ist, sein Verhalten zu ändern. Hat sich ihr Verhalten in den Jahren, seit du ihr das sagst, grundlegend verändert ? Vermutlich nicht.

Das Problem ist: in dem Moment, wenn du ihr sagst, dass sie deine Grenzen (mal wieder) überschritten hast, ist der Schaden bereits da ! Denn dann wurden deine Grenzen wieder einmal überschritten. Du bist auf ihr Verhalten negativ konditioniert – in der Weise, dass du dich dann schlecht fühlst, strafende und/oder depressive Gedanken hast… Diese Prozesse laufen so schnell und automatisiert ab, dass du dir dessen (bisher) vermutlich oft gar nicht bewusst bist.

Der Umgang mit ihr tut dir ganz grundsätzlich nicht gut. Deshalb solltest du alles im Leben, was du selbst erledigen kannst, auch ohne sie tun. Auch wenn es für dich umständlicher ist.
Später, wenn du therapeutisch weiter bist und über die nötigen „Werkzeuge“ verfügst, kannst du den Umgang mit deiner Mutter therapeutisch nutzen, um die Trigger und deine Reaktionen darauf noch genauer kennen zu lernen. Aber an diesem Punkt bist du vermutlich noch ne ganze Weile nicht.

Wenn andere Menschen nicht in der Lage oder Willens sind, deine Grenzen zu achten, bist du gefordert dafür Sorge zu tragen, dass sie so wenig wie möglich die Gelegenheit haben, deine Grenzen zu überschreiten.

Die Sorge deines Freundes, dass du bei einer Reduzierung der Arbeitszeit die frei werdende Zeit mit Putzen verbringst, ist nicht ganz unberechtig. Denn die Zeit möchte gefüllt werden. Und wie das passiert, liegt allein an dir.
Gleichzeitig brauchst du ausreichend Zeit für Selbstfürsorge und die therapeutische Arbeit. Gibt es also Alternativen ?


aber ich fühle, dass ich dieses Jahr schwanger werden muss und weißt du warum?! Weil ich eventuell!! am 02.01.25 eine Aufgabe auf der Arbeit erledigen muss, die ich nicht machen möchte, da ich mir das nicht zutraue.
Das ist wirklich eine ganz schlechte Idee !!! Es gibt andere Möglichkeiten, zu flüchten. Denn das ist es: Flucht. Nichts anderes.
Du kannst dich krank melden und z.B. in eine Klinik gehen – oder dir nen anderen Job suchen. Im besten Fall im Rahmen einer Therapie daran arbeiten, dass du dann den Job übernehmen kannst.
Aber bitte nicht schwanger werden !

Welche Arten von Therapie hast du in den ganzen Jahren bisher kennen gelernt ? Was hat dir gut getan, was nicht ? Was hast du bisher gelernt… Magst du davon mal etwas erzählen ?
(und falls dir manches hier im Forum zu persönlich sein sollte – ich lese auch PNs :) )

Liebe Grüsse
Antworten