Ist es egoistisch von mir nicht zu wollen, dass mein Partner Psychopharmaka nimmt?
Verfasst: Di 13. Feb 2024, 19:55
Hallo!
Mein Partner leidet seit ca. 6 Jahren an einer Zwangsstörung mit Kontrollzwang und Zwangsgedanken. Vor 4,5 Jahren hat er mal eine Therapie gestartet, die ca. 1-2 Jahre gedauert hat, dann kam Covid und er brach die Therapie ab (u.A. weil es ihm auch nicht wirklich besser ging nach so einer langen Zeit). Dieses Jahr wollte er das Thema Therapie wieder neu angehen, da wir gerne in näherer Zukunft eine Familie gründen wollen und er quasi seine Probleme vorher lösen möchte um ein guter, stabiler Vater zu sein. Damals hat er Zwangshandlungen entwickelt, welche auf Strom/Wasser/etc. in der Wohnung bezogen waren, wenn er länger wegfährt. Die sind mit der Zeit aber deutlich besser geworden aber dafür hat sich sein Problem hin zum Autofahren verlagert. Er fährt nicht mehr und umgeht somit auch seine Zwangsgedanken (habe ich einen Unfall verursacht?) und Zwangshandlungen diesbezüglich. Mein Partner funktioniert eigentlich relativ gut im Alltag aber hat trotzdem einen ziemlich hohen Leidensdruck. Was ihn am meisten beeinträchtigt sind die Zwangsgedanken, die dazu führen dass sein Gehirn permanent überlastet ist. Ihm kommen immer wieder Gedanken im Sinne von "was wenn X, das vor Y Jahren passiert ist Z auslösen kann?". Er ist (wahrscheinlich deshalb) sehr sorgfältig und übervorsichtig bei vielen Dingen im Alltag.
Tja, die erste Hürde auf die wir gestoßen sind war erstmal überhaupt einen Therapieplatz zu finden. Nach ein paar Monaten haben wir aufgegeben und die Terminvergabestelle kontaktiert, wo er dann auch relativ zügig ein Erstgespräch vermittelt bekam. Was dabei herauskam hat uns beide ziemlich überrascht: ihm wurde eine stationäre Therapie nahegelegt und wahrscheinlich werden auch Psychopharmaka zum Einsatz kommen. Eine 2. Meinung bestätigte nochmals, dass der stationäre Aufenthalt am besten wäre. Unser nächster Schritt ist jetzt einen Psychiater zu finden, welcher uns einen Bericht über seinen aktuellen Zustand sowie eine Einweisung schreibt.
Ist es egoistisch von mir, wenn ich möchte, dass er die (stationäre) Therapie ohne Medikamente versucht? Ich weiß, dass manche Patienten Psychopharmaka brauchen um sich überhaupt auf die Expo einlassen zu können oder um die Gedanken etwas zu "beruhigen", aber ich habe so große Angst davor, dass wir deswegen keine Kinder mehr bekommen werden. Ich bin 34, wir können uns nicht mehr so viel Zeit lassen. Bis wir überhaupt mal einen Termin beim Psychiater bekommen dauert es einen Monat, die Kliniken haben 10 Monate Wartezeit und soweit ich es verstanden habe wird bei Zwangserkrankungen im vgl. zu Depressionen eine viel höhere Dosis (bis hin zum Dosismaxium) über einen deutlich längeren Zeitraum verwendet. Die Nebenwirkungen von SSRIs etc. bgzl. Sexualität sind ja bekannt (Libidoverlust, Erektionsstörungen, ausbleibende Ejakulation usw usw) und können im schlimmsten Fall zwar selten aber immerhin dauerhaft auch nach dem Absetzen bestehen.
Und auch wenn ich weiß, dass mein Partner dringen Hilfe braucht sind meine Gedanken bestimmt von "das mit den Kindern wird nichts". Ich frage mich ob es auch ohne Medikamente gehen kann und ob die Kliniken die Patienten zur Einnahme drängen oder auch akzeptieren, wenn man das nicht möchte? Ich weiß ich bin egoistisch mit meinen Gedanken, aber der Kinderwunsch ist nun mal vorhanden und ich hab unglaubliche Angst, dass seine Zwangserkrankung dafür sorgen wird, dass wir für immer kinderlos bleiben. Andererseits möchte ich natürlich dass es ihm besser geht, es tut weh ihn so zu sehen mit all seinen (für mich natürlich unbegründeten) Gedanken und Ängsten, ich weiß er kann nichts dafür.
Vielen Dank fürs Lesen!
Mein Partner leidet seit ca. 6 Jahren an einer Zwangsstörung mit Kontrollzwang und Zwangsgedanken. Vor 4,5 Jahren hat er mal eine Therapie gestartet, die ca. 1-2 Jahre gedauert hat, dann kam Covid und er brach die Therapie ab (u.A. weil es ihm auch nicht wirklich besser ging nach so einer langen Zeit). Dieses Jahr wollte er das Thema Therapie wieder neu angehen, da wir gerne in näherer Zukunft eine Familie gründen wollen und er quasi seine Probleme vorher lösen möchte um ein guter, stabiler Vater zu sein. Damals hat er Zwangshandlungen entwickelt, welche auf Strom/Wasser/etc. in der Wohnung bezogen waren, wenn er länger wegfährt. Die sind mit der Zeit aber deutlich besser geworden aber dafür hat sich sein Problem hin zum Autofahren verlagert. Er fährt nicht mehr und umgeht somit auch seine Zwangsgedanken (habe ich einen Unfall verursacht?) und Zwangshandlungen diesbezüglich. Mein Partner funktioniert eigentlich relativ gut im Alltag aber hat trotzdem einen ziemlich hohen Leidensdruck. Was ihn am meisten beeinträchtigt sind die Zwangsgedanken, die dazu führen dass sein Gehirn permanent überlastet ist. Ihm kommen immer wieder Gedanken im Sinne von "was wenn X, das vor Y Jahren passiert ist Z auslösen kann?". Er ist (wahrscheinlich deshalb) sehr sorgfältig und übervorsichtig bei vielen Dingen im Alltag.
Tja, die erste Hürde auf die wir gestoßen sind war erstmal überhaupt einen Therapieplatz zu finden. Nach ein paar Monaten haben wir aufgegeben und die Terminvergabestelle kontaktiert, wo er dann auch relativ zügig ein Erstgespräch vermittelt bekam. Was dabei herauskam hat uns beide ziemlich überrascht: ihm wurde eine stationäre Therapie nahegelegt und wahrscheinlich werden auch Psychopharmaka zum Einsatz kommen. Eine 2. Meinung bestätigte nochmals, dass der stationäre Aufenthalt am besten wäre. Unser nächster Schritt ist jetzt einen Psychiater zu finden, welcher uns einen Bericht über seinen aktuellen Zustand sowie eine Einweisung schreibt.
Ist es egoistisch von mir, wenn ich möchte, dass er die (stationäre) Therapie ohne Medikamente versucht? Ich weiß, dass manche Patienten Psychopharmaka brauchen um sich überhaupt auf die Expo einlassen zu können oder um die Gedanken etwas zu "beruhigen", aber ich habe so große Angst davor, dass wir deswegen keine Kinder mehr bekommen werden. Ich bin 34, wir können uns nicht mehr so viel Zeit lassen. Bis wir überhaupt mal einen Termin beim Psychiater bekommen dauert es einen Monat, die Kliniken haben 10 Monate Wartezeit und soweit ich es verstanden habe wird bei Zwangserkrankungen im vgl. zu Depressionen eine viel höhere Dosis (bis hin zum Dosismaxium) über einen deutlich längeren Zeitraum verwendet. Die Nebenwirkungen von SSRIs etc. bgzl. Sexualität sind ja bekannt (Libidoverlust, Erektionsstörungen, ausbleibende Ejakulation usw usw) und können im schlimmsten Fall zwar selten aber immerhin dauerhaft auch nach dem Absetzen bestehen.
Und auch wenn ich weiß, dass mein Partner dringen Hilfe braucht sind meine Gedanken bestimmt von "das mit den Kindern wird nichts". Ich frage mich ob es auch ohne Medikamente gehen kann und ob die Kliniken die Patienten zur Einnahme drängen oder auch akzeptieren, wenn man das nicht möchte? Ich weiß ich bin egoistisch mit meinen Gedanken, aber der Kinderwunsch ist nun mal vorhanden und ich hab unglaubliche Angst, dass seine Zwangserkrankung dafür sorgen wird, dass wir für immer kinderlos bleiben. Andererseits möchte ich natürlich dass es ihm besser geht, es tut weh ihn so zu sehen mit all seinen (für mich natürlich unbegründeten) Gedanken und Ängsten, ich weiß er kann nichts dafür.
Vielen Dank fürs Lesen!