Medis

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Jessi
Beiträge: 308
Registriert: Fr 22. Mai 2020, 19:55

Medis

Beitrag von Jessi »

Hey!

Wie bereits in einem anderen Thread erwähnt befinde ich mich aktuell leider in einem Rückfall meiner Zwangsgedanken.
In meinem Fall betrifft es ROCD und ich fühle mich aktuell durch alles getriggert und überfordert.
Allerdings habe ich durch die Arbeit mit meinen erlernten Skills schon wieder einen Abstand zu dem Inhalt der Zwangsgedanken gewonnen. Die emotionale Beweisführung versuche ich auch seit 2 Tagen wieder aktiv zu unterlassen.
Leider führt mein Gehirn die Gedanken automatisiert ab und ich habe zwischenzeitlich das Gefühl, dass ich meiner Panik hilflos ausgeliefert bin.
Durch die Skills konnte ich aber bereits die Anspannung deutlich reduzieren und habe dadurch auch wieder Motivation und Hoffnung, dass ich bald wieder über den Berg sein werde.

Nun aber zu meiner Frage bzgl der Medikamente.
Ich habe bisher keine SSRI genommen und in schlechteren Phasen oft darüber nachgedacht welche zu nehmen.
Helfen diese bei euch die schlimmen Gefühle besser aushalten zu können oder entstehen diese eventuell dann gar nicht mehr?
Ich merke nämlich, dass ich die Gedanken als Blödsinn einstufen kann, ich kann die Distanz herstellen und rational verstehen, dass es keinen Grund gibt Angst zu haben. Dennoch kommt die Panik und der Ekel immer wieder hoch, einige Tage zuvor war es wirklich sehr schlimm, sodass ich mich kaum beruhigen konnte und mich wieder wie unter einer Glocke fühlte.
Wären diese Gefühle nicht so stark, wäre es einfacher den Kreislauf zu durchbrechen.
Durch diese Panik reagiere ich nämlich immer wieder auf die emotionale Beweisführung und muss mich dann wieder aktiv daran erinnern, dass es der Zwang ist und mit mir selbst nichts zu tun hat.

Vielleicht kann jemand von seinen Erfahrungen berichten. Natürlich wirkt es bei jedem anders, doch zur Einschätzung wäre es eventuell doch hilfreich.

LG Jessi
El_Loco
Beiträge: 38
Registriert: Di 23. Jul 2024, 18:06

Re: Medis

Beitrag von El_Loco »

Hätte gereicht das in deinem bisherigen Thread zu schreiben.

Bevor du daran denkst Medis zu nehmen, arbeite die Ursachen auf und übe mit deinen Zwängen umzugehen / zu stoppen. Medis lösen nicht das Problem, sondern lindern Symptome + erzeugen Nebenwirkungen.
Jessi
Beiträge: 308
Registriert: Fr 22. Mai 2020, 19:55

Re: Medis

Beitrag von Jessi »

Ich habe bereits die Ursachen erarbeitet und wie gesagt auch einige Skills um mit den Zwängen umgehen zu können.
Ich habe schon mein halbes Leben mit Zwangsgedanken zu kämpfen und sie bis vor kurzem bis auf ein Minimum reduzieren können, worauf ich sehr stolz bin.
Ich habe bisher nie Medikamente genommen und die Frage bereits vor ein paar Jahren hier gestellt und mich dann doch erstmal dagegen entschieden, eben aufgrund der Nebenwirkungen und da mein Therapeut mich gut aufgebaut hat.
Da ich nun aber wieder einen Rückfall habe frage ich mich einfach ob Medikamente helfen können schneller aus so einem wieder herauszukommen oder einfach in einer Situation, in der man eigentlich gefestigt ist, Medikamente dazu beitragen können, dass man nicht so tief in die Rückfälle abrutschen kann? Das würde schließlich die eigentlichen Übungen gegen den Zwang erleichtern und bei manchen Betroffen erst ermöglichen.
Meine Frage zielt ja auch eher auf die Panik ab, die nahezu durchgehend präsent ist und damit meine angewendeten Skills nicht in dem Ausmaß funktionieren, wie sie funktionieren können. Vielleicht bin ich aber auch naturgemäß einfach zu ungeduldig. :lol:

Ich finde es ist ein wenig einfach daher gesagt oder einfach nur missverständlich ausgedrückt, denn das impliziert, dass jeder Betroffene in der Lage ist die Übungen durchzuführen und vor allem auch, dass es der Sinn ist die Zwänge zu stoppen, was irgendwo irreführend sein kann.
Du meinst wahrscheinlich die Zwangshandlungen zu unterlassen, die Zwangsgedanken werden jedoch weiter auftreten, sie werden nur ihren Schrecken verlieren und einen nicht mehr belasten.
Meistens behält man als Betroffener die Tendenz zu Zwängen, was auch in Ordnung ist, denn man lernt in der Therapie damit umzugehen und es nicht mehr als Einschränkung zu empfinden. Komplett dagegen anzukämpfen um sie zu stoppen führt aber zur Diskussion mit ihnen, sodass sie langfristig schlimmer werden.
Ich habe beispielsweise beim ersten Ausbruch der Krankheit die Erfahrung gemacht, dass manche Konfrontationen mich sehr viel mehr belastet haben, als dass sie hilfreich waren. Daher glaube ich nicht, dass man "einfach nur" die Vermeidung/Zwangshandlungen unterlassen kann, man darf sich nicht zu sehr überfordern.
Meine Frage zielte in dem Fall darauf ab, ob die Medikamente solche Situationen verhindern können, da man dadurch eventuell nicht durch Trigger überfordert wird?

LG Jessi
El_Loco
Beiträge: 38
Registriert: Di 23. Jul 2024, 18:06

Re: Medis

Beitrag von El_Loco »

Ich bin kein Arzt, aber ich persönlich würde in meinem Fall nie Medikamente nehmen wollen. Bevor ich Medikamente nehme (und das wäre ja wohl auf Dauer angelegt), würde ich alles, aber auch wirklich alles dafür geben, es aus eigener Kraft zu schaffen.

Ich sag es gerne immer wieder: Schau, dass du an mehreren Stellschrauben drehst: Grundsätzlich das Selbstbewusstsein, vor allem Selbstvertrauen stärken, Ursachen von Unsicherheit und Ängsten aufarbeiten, dem Gehirn beibringen Zwangssituationen ohne Ausführung der Zwangshandlung auszuhalten (also besagte Konfrontation). Aufhören / sich abgewöhnen zu Grübeln bei Zwangsgedanken. Innere Ruhe und Gelassenheit üben.

Und ja, als ich deinen Thread las, erschien es mir ungeduldig deinerseits. Kenne ich bei mir auch. Nutze einfach jeden Tag, den du hast, um weiterzukommen.

Schönen Sonntag.
Jessi
Beiträge: 308
Registriert: Fr 22. Mai 2020, 19:55

Re: Medis

Beitrag von Jessi »

Dem stimme ich dir auch zu, Medikamente sollte man auch keineswegs leichtfertig nehmen und vor allem nicht allein darauf vertrauen.
Ich habe nur einfach schon viele positive Erfahrungen darüber gehört und mich gefragt in wie weit es speziell dafür helfen könnte.

In meinem Fall ist die Zwangshandlung viel Vermeidung, der ich mich aber allein durch meinen Alltag immer wieder stelle und andererseits das Grübeln. Und wie sagt man so schön: "denke nicht an einen pinken Elefanten" und genau das wird passieren.
Danke, das wünsche ich dir und allen anderen auch.

LG Jessi
Roba Š.
Beiträge: 5
Registriert: Fr 6. Sep 2024, 19:47

Re: Medis

Beitrag von Roba Š. »

Mirtazapin hat mir z.Bsp. geholfen runterzukommen und wieder einzuschlafen (7,5 mg off-Label).

Aber wie der Thread vorher schon schrieb, sollten sie erstmal alles mögliche versuchen um keine Medis zu nehmen.

Meditation, Ernährungsumstellung, Exposition und vor allem Geduld.

Stellen sie sich einfach vor, dass die Zwänge und die dadurch resultierende Panik nicht gleich kam und auch nicht von jetzt auf gleich verschwinden wird.

Das ist genauso wie mit einer gewöhnlichen Grippe, es bringt nichts sie sich wegzuwünschen, man muss sich ausruhen und es aussitzen.

Es wird schon wieder, gutes gelingen!✌🏼
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