Bruder schließt sich bei Besuch von Schwester in Zimmer ein

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JRS
Beiträge: 2
Registriert: Mi 26. Mär 2025, 18:04

Bruder schließt sich bei Besuch von Schwester in Zimmer ein

Beitrag von JRS »

Hallo zusammen,

ich suche nach Ratschlägen im Umgang mit meinem Bruder (22), der sowohl mit Autismus als auch mit einer Zwangsstörung diagnostiziert wurde. Er hat extreme Angst vor Hunden und Kindern. Unsere Schwester (34) hat allerdings sowohl einen Hund als auch ein zweijähriges Kind. Sie lebt in einer anderen Stadt (genauso wie ich), während mein Bruder zusammen mit unseren Eltern in einem Dorf lebt. Jedes Mal, wenn sie zu Besuch kommt, schließt sich mein Bruder in sein Zimmer ein. Unter der Woche nimmt er sich extra Urlaubstage (er hat gerade erst seine Ausbildung abgeschlossen). Er kommt auch nicht für Essen oder Trinken aus dem Zimmer. Unsere Mutter kann ihm nichts bringen, da sie ja mit dem Hund und dem Kind in Kontakt gekommen ist. Deswegen legt er sich inzwischen Vorräte an, bevor sie kommt. Sobald unsere Schwester sich auf den Weg nach Hause macht, müssen unsere Eltern das ganze Haus putzen, ihre Kleidung wechseln und sich duschen, damit er wieder aus seinem Zimmer kommt.

Die Symptome sind das erste Mal 2019 aufgetreten, nachdem ich von einem Jahr Aufenthalt in Indien zurückgekommen bin. Da das ganze Land für ihn schmutzig ist, war der Kontakt für mit mir für ihn schwierig. Ich bin dann aber nach ein paar Monaten für mein Studium nach Berlin gezogen und er hatte einen Klinikaufenthalt, durch den es ihm eine Weile lang besser ging. Die Symptome haben sich aber wieder verschlimmert, nachdem unser Neffe 2023 geboren wurde.

Das Ganze ist sehr belastend für unsere Eltern, da sie beide Depressionen haben und ihr Enkelkind gerne öfters sehen würden, da es ihnen dann immer besser geht. Unsere Schwester wiederum kann sich nicht in unseren Bruder hineinversetzen und fühlt sich unerwünscht und nicht wie ein Teil der Familie. Unser Bruder merkt auch wie seine Zwänge die Familie belasten und er fühlt sich schuldig deswegen.

Das Ziel unserer Mutter ist, dass er ab September wieder eine Klinik besuchen kann. Seine Therapeutin, bei der er schon mehrere Jahre in Behandlung ist, unterstützt das auch. Wir wollen jedoch bis September warten, da er gerade noch in Probezeit ist, nachdem er erst kürzlich seine Ausbildung abgeschlossen hat. Deswegen ist es auch schwierig für meine Eltern nicht mehr auf seine Zwänge einzugehen. Er würde wahrscheinlich auf unbestimmte Zeit in seinem Zimmer bleiben und so nach einer gewissen Zeit seine Stelle riskieren.

Habt ihr irgendwelche Ratschläge, wie wir bis dahin mit der Situation umgehen könnten? Vielen Dank im Voraus!
Heinz_Hilbig
Beiträge: 77
Registriert: Di 14. Jan 2025, 11:47

Re: Bruder schließt sich bei Besuch von Schwester in Zimmer ein

Beitrag von Heinz_Hilbig »

Hallo

Also mein spontaner Gedanke beim Lesen war "Therapie für alle !" ...und das meine ich durchaus ernst.

Abgesehen davon - wäre es nicht naheliegend wenn deine Eltern deine Schwester besuchen gehen statt umgekehrt ? Oder sie sich außerhalb des Hauses treffen und etwas zusammen unternehmen ?
JRS
Beiträge: 2
Registriert: Mi 26. Mär 2025, 18:04

Re: Bruder schließt sich bei Besuch von Schwester in Zimmer ein

Beitrag von JRS »

Hallo,

ich hatte ja schon geschrieben, dass mein Bruder bereits in Therapie ist. Seine Therapeutin meint allerdings, dass sie die Zwangsbehandlung ambulant nicht behandeln kann, da sie zu schwer ist. Unsere Mutter ist auch in Einzeltherapie. Und beide Eltern nehmen auch Medikamente. Falls du eine Familientherapie meinst: Ich hab' mal auf therapie.de nachgeschaut und die nächsten Angebote, die von der Krankenkasse übernommen werden, sind alle 100 km weit weg. Das ist mit Berufstätigkeit nur schwer zu machen.

Zu den Besuchen bei meiner Schwester: Das tun unsere Eltern auch etwa einmal im Monat. Es sind allerdings ca. 2,5 Stunden Fahrt, also 5 hin und zurück. Die lange Fahrt ist immer etwas anstrengend für sie (sie sind nicht mehr die Jüngsten) und währenddessen bleibt zu Hause viel unerledigte Arbeit, z.B. im Haushalt zurück, die sie eigentlich erledigen würden. Meine Schwester hilft ihnen auch dabei, wenn sie da ist. Für meinen Bruder ist es auch nicht die beste Lösung, da er sich nicht gut selbst versorgen kann. Er ernährt sich dann die ganze Zeit von Tiefkühlpizza. Wenn unsere Eltern unter der Woche verreist sind, nimmt er auch selbst Urlaub, da er ohne die Unterstützung unserer Mutter nicht rechtzeitig aus dem Haus kommt. Ihm ist es auch lieber, wenn sie da sind.
Und dann gibt es noch solche Situationen wie letztens, als unsere Schwester gerne eine Beerdigung einer ihr nahestehenden Person in der Gegend unserer Familie besucht hätte. Da aber unser Bruder in der Woche seine Abschlussfeier von der Berufsschule hatte, konnte sie nicht kommen.
Heinz_Hilbig
Beiträge: 77
Registriert: Di 14. Jan 2025, 11:47

Re: Bruder schließt sich bei Besuch von Schwester in Zimmer ein

Beitrag von Heinz_Hilbig »

Hallo

nein, alle zusammen müsst ihr nicht in Therapie. Es reicht, wenn jeder einzeln versorgt ist.

Du hast ursprünglich gefragt, wie ihr den Zeitraum bis zum Sommer überbrücken könnt. Allerdings ist der Ausgang eines Klinikaufenthaltes keineswegs sicher. Viele kommen nur wenig oder gar nicht gebessert aus der Klinik zurück. Und selbst im Falle einer Symptomreduktion bleibt fraglich, wie lange sie anhält. Dein Bruder wird möglicherweise nie wirklich geheilt sein. Die "Chancen" dafür sind leider alles andere als niedrig.
Und nachdem es deine Eltern zunehmend schwer zu fallen scheint, sich selbst alleine zu versorgen - wie lange werden sie deinen Bruder noch mit versorgen können? Und was soll in der Zeit danach werden ?

Habt ihr euch schon über folgende Themen informiert:

Hilfe in der Haushaltsführung durch soziale Dienste ?
Ggf. Pflegeleistungen für die Eltern ?
Eine betreute Wohngruppe für deinen Bruder ? Langfristig wird er wohl eine andere Form der Betreuung brauchen, wenn ich das richtig verstanden habe. Warum also nicht frühzeitig auf eine Entlastung für alle hinarbeiten ?
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