Therapieplatzentscheidung

Mänju
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Therapieplatzentscheidung

Beitrag von Mänju »

Hallo,

ich hatte diese Woche zwei Erstgespräche bei zwei unterschiedlichen Therapeuten.
Das erste Gepräch war in einem Ausbildungszentrum für Therapeuten.
Hier ist auf jeden Fall Sicher, dass die sich mit Zwängen (in meinem Fall Kontrollzwänge) auskennen.
Das Problem ist, dass ich dort mindest mit 6 Monaten Wartezeit rechnen muss.
Dort habe ich mich nun auf die Warteliste setzen lassen. Weiß aber auch noch nicht, wer mein Therapeut werden wird.

Das zweite Gespräch war bei eine Psychologin, welche ein Psycholgiestudium und ein Medizinstudium hat.
Sie hat ebenfalls die Weiterbildung zur Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapie abgeschlossen.
Hier könnte ich ab Januar einen ambulanten Therapieplatz bekommen. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob ich wirklich "warm" werden kann mit dieser Therapeutin. So richtig Wohl hab ich mich dort nicht gefühlt. Als ich Sie gefragt habe, ob sie sich mit Zwängen auskennt, meinte Sie, Sie kann mir auf jeden Fall helfen. (Für mich keine richtige Antwort auf die Frage...)
Da ich natürlich so schnell wie möglich Hilfe haben möchte, möchte ich es gerne mit ihr probieren.

Ist es nicht so, dass man erst mal quasi Probestitzungen hat?

Meine Frage ist nun, kann ich, wenn ich nach ein paar Sitzungen das Gefühl habe, ich komme garnicht mit ihr klar, doch noch den anderen Platz annehmen sobald dieser frei ist? Oder machen die Krankenkassen da Probleme?
Wohler würde mich bei dem Ausbildungszentrum fühlen, ich möchte aber ungern noch ein halbes Jahr warten...

Was meint ihr? Hattet ihr ähnliche Sorgen/Probleme am Anfang?

Lieben Gruß

Mänju
Silvia
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Re: Therapieplatzentscheidung

Beitrag von Silvia »

Hallo Mänju,

um zu klären, ob eine Psychotherapie überhaupt sinnvoll ist und ob Patient und Behandler zueinander „passen“, übernimmt die Krankenkasse vorab bis zu fünf „probatorische“ Sitzungen bei Tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie oder Verhaltenstherapie, bei analytischer Psychotherapie bis zu acht Sitzungen.
Du kannst also ruhig erst einmal im Januar mit der Therapie beginnen und bei Bedarf, wenn die Chemie nicht stimmt, Du Dich unwohl oder Dich nicht gut aufgehoben fühlst,.... nochmals wechseln.

Ich hatte Glück und bin sofort, für mich, an die richtige Therapeutin geraten.
Die zwischenmenschliche Ebene stimmt, ich habe vollstes Vertrauen und fühle mich bei ihr rundum wohl.
So sollte es auf jeden Fall auch sein.

Ich hoffe, ich konnte Dir weiter helfen.

Liebe Grüße,
Silvia
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
nichts entstehen ohne Chaos.
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Yorge
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Re: Therapieplatzentscheidung

Beitrag von Yorge »

Ich finde es mittlerweile auch nicht mehr allzu wichtig, dass der/die Therapeut/in schon so viel Erfahrung mit Zwängen gemacht hat. Ein Kontakt, der von Offenheit/Ehrlichkeit und gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist, kann immer auch hilfreich sein. Z.B., wenn Silvia von ihrer Therapie schreibt, habe ich den Eindruck, dass diese von solcher Wertschätzung geprägt ist. Dass eine gewisse Vorerfahrung mit Zwängen hilfreich sein kann, damit der Therapeut schneller versteht, worum es geht und vielleicht schneller mal die Symptome lindern kann, das glaube ich schon auch und habe ich auch selbst erfahren. Wie nachhaltig das ist, das ist wieder eine andere Frage.
Immerhin haben ja auch viele (die meisten) Menschen keine störenden Zwänge und deren Bezugspersonen haben auch keine Erfahrung mit Zwangsstörungen.

"So richtig wohl hab ich mich dort nicht gefühlt. Als ich sie gefragt habe, ob sie sich mit Zwängen auskennt, meinte sie, sie kann mir auf jeden Fall helfen. (Für mich keine richtige Antwort auf die Frage...)
Da ich natürlich so schnell wie möglich Hilfe haben möchte, möchte ich es gerne mit ihr probieren."

Genau das, so mit der Therapeutin offen zu besprechen, wäre eine erste Möglichkeit, an sich selbst und daran, gut miteinander auszukommen, zu arbeiten. Wenn sie dann meint, darum geht es in der Therapie nicht - dann hätte ich auch so meine Zweifel, ob sie mir wirklich helfen kann. Andererseits sind auch wieder Zweifel etwas, was uns unser Leben nicht immer leichter macht.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
Silvia
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Re: Therapieplatzentscheidung

Beitrag von Silvia »

Ich muss Yorge mit seinem Beitrag voll und ganz recht geben.
Ganz ehrlich gesagt, weiß ich selbst von meiner Therapeutin auch überhaupt nicht, ob sie schon so viel mit Zwangspatienten zu tun hatte. Sie war lange Zeit in einer Klinik tätig und hat sich erst vor zwei Jahren dazu entschlossen in zwei Praxen zu behandeln.
Erst neulich meinte sie zu mir, dass es jetzt oftmals Situationen gibt, mit denen sie wenig Erfahrung hat, wie z.B. mit meinem Antrag auf Langzeittherapie.
Genau diese Momente machen es aber für mich auch aus. Genau das ist es, was mir Vertrauen gibt. Sie ist offen und ehrlich und stets loyal mir gegenüber.
Die gegenseitige Wertschätzung habe ich bei ihr von Anfang an erleben dürfen.
In diesem Zusammenhang sagte sie z.B. auch einmal, JEDER Mensch ist gleich viel WERT.

Liebe Grüße, Silvia
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
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michael_m
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Re: Therapieplatzentscheidung

Beitrag von michael_m »

Ich bin inzwischen in der 2. Therapie.

Derzeit bin ich bei einem Ausbildungsinstitut und kann dies nur empfehlen. Der Therapeut ist noch in Ausbildung, ist aber sehr engagiert. Das geht weit über den Rahmen der 1. Therapie hinaus. Eine Expo um 17 bis nach 20 Uhr bei mir in der Wohnung, wäre bei der 1. Therapeutin nicht möglich gewesen. Hier scheiterte es schon generell am Hausbesuch.

Mein Therapeut selbst ist in Supervision. Das hat letztendlich den Vorteil: Ich habe vor mir einen engagierten Therapeuten und dieser kann im Hintergrund auf die Erfahrung der Ausbilder zurückgreifen.

An sich ist es nicht schlecht, wenn der Therapeut sich mit Zwängen auskennt. Laut den Leitlinien wird eine Verhaltenstherapie mit Expositionsübungen empfohlen. Wenn man diese Konfrontationsübungen im entsprechenden Umfeld (oft ja Zuhause) machen kann, dann hat das schon einen Mehrwert.
Man sollte bei den probatorischen Sitzungen klären, inwieweit das möglich ist.

Aber Yorge und Silvia haben mit ihren Beiträgen auch Recht. Denn ich will nicht sagen, dass man bei jedem Ausbildungsinstitut und da wiederum bei jedem Therapeuten eine Garantie hat, einen so tollen Therapeuten wie ich, zu erwischen.

Letztendlich muss auch die Chemie stimmen. Um das festzustellen, gibt es übrigens die probatorischen Sitzungen. Auf diese sollte man auch bestehen. Leider gibt es auch Therapeuten, wie ich selbst erleben musste, die nur eine einzige probatorische Sitzung anbieten. Das wäre sogar jemand von der DGZ-Liste gewesen, der auf Zwänge spezialisiert ist ... (Mir wurde gesagt, dass probatorische Sitzungen niedriger vergütet werden und er daher nur im Normalfall eine macht. Bei mir hat er ausnahmsweise noch eine Zweite gemacht ...)
Mänju
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Re: Therapieplatzentscheidung

Beitrag von Mänju »

Ich hatte Glück und habe jetzt doch direkt einen Platz in dem Ausbildungszentrum bekommen. 😊
Meine ersten 5 Probatischen Sitzungen beginnen nächste Woche!
Ich bin so glücklich, dass es noch geklappt hat.
Endlich gibt es einen Lichtblick!
Ich bin auch nur noch am grübeln. Wenn ich nicht kontrolliere, male ich mir die schlimmsten Sachen aus.
Am schlimmsten ist wirklich das man nie abschalten kann.
Wir waren über die Feiertage zwei Wochen im Urlaub.
Der erste Tag war für mich als Kontrollzwängler der horror. Ich dachte mein Haus steht nicht mehr wenn ich wieder komme. Aber danach war es wirklich super. Endlich war ich mal wieder ich selbst. Ich war abgelenkt und hatte aber auch kaum die Möglichkeit etwas zu kontrollieren. Habe auch an zu Hause nicht viel gedacht. So wie früher! Ab mich einfach frei gefühlt.
Doch kaum war ich wieder zu Hause, war alles doppelt so schlimm. (zumindest nach meinem Gefühl).
Ich habe gefühlt nur noch Angst!
Um so froher bin ich, dass mir jetzt endlich geholfen wird.
Ich hoffe, ich komme schnell auf ein erträgliches Maß!

Liebe Grüße

Mänju
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michael_m
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Re: Therapieplatzentscheidung

Beitrag von michael_m »

Hallo Mänju,

es freut mich, dass du einen Therapieplatz gefunden hast! :)

Liebe Grüße, Michael
Mänju
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Re: Therapieplatzentscheidung

Beitrag von Mänju »

Vielen Dank Michael! 😊

Wie ist das eigentlich bei euch...
Ich habe jetzt endlich eine Therapeutin gefunden, wo ich mich wohl fühle.
Diese befindet sich in der Weiterbildung zur Therapeutin und kann mir somit keine Medikamente verschreiben.
Falls ihr Medikamente bekommt, bekommt ihr diese dann vom Hausarzt? Oder sind die meisten hier bei einem Psychiater der diese direkt verschreibt?
Da ich momentan eher in einem tief hänge, denke ich drüber nach vielleicht doch mal ein Medikament zu nehmen. Irgendwie muss ich ja mal zur ruhe kommen...
Für Tips und Infos wäre ich dankbar!

Liebe Grüße
Mänju
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michael_m
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Re: Therapieplatzentscheidung

Beitrag von michael_m »

Hallo Mänju,

dass deine Therapeutin keine Medikamente verschreiben darf, liegt nicht nur daran, dass sie in einer Weiterbildung ist. Es ist so, dass Therapeuten generell keine Medikamente verschreiben dürfen. Das ist Ärzten vorbehalten. Es gibt aber einige Ärzte, die auch Therapien durchführen und insofern auch dann Medikamente selber verschreiben können.

Insofern ist es üblich, dass man zusätzlich bei einem Psychiater zur Behandlung ist. Dieser kümmert sich dann hauptsächlich um die Medikamentation. So ist es auch bei mir. Beim Psychiater bekommt man übrigens erfahrungsgemäß viel leichter eine Sprechstunde. Das ist nicht zu vergleichen mit der Suche nach einem Therapieplatz.

Alternativ kann dir auch dein Hausarzt Psychopharmaka verschreiben. Meine ersten diesbezüglichen Medikamente habe ich auch damals vom Hausarzt bekommen. Anfangs Mirtazapin wg. Schlafproblemen. Später, als ich das erste Mal die Zwänge ansprach hat er direkt einen Neurologen während der Sprechstunde angerufen. Dieser hat dann Anafranil empfohlen und mein Hausarzt hat es mir dann verschrieben.

Ansonsten wäre auch als Option noch ein Neurologe.
Empfehlen würde ich dir einen Psychiater, weil der im Normalfall mehr Erfahrung auf dem Gebiet hat. Wenn du aber einen guten Hausarzt hast und eine gute Beziehung zu ihm, dann kannst du es auch dort probieren - gesetzt den Fall, du möchtest dir (ggf. auch nur vorerst) die Arztsuche sparen.

Liebe Grüße, Michael
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michael_m
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Re: Therapieplatzentscheidung

Beitrag von michael_m »

Ergänzung zum vorherigen Beitrag:
Inzwischen bin ich ja auch mit meiner Krankheit besser betraut als damals. Insofern weiß ich auch, dass Anafranil zwar als Medikament bei Zwängen nicht komplett daneben war, aber eigentlich nicht 1. Wahl ist. Es handelt sich dabei um ein Trizyklisches Antidepressivum. Bei Zwängen sollte man aber zunächst SSRIs probieren, da diese üblicherweise weniger Nebenwirkungen haben.

Insofern mein Fazit: Die erste Behandlung durch den Hausarzt war in meinem Fall OK - aber mein Psychiater hat da doch mehr Wissen in diesem Gebiet. Was ich aber damals trotzdem vom Hausarzt super fand war, dass er gleich bei einem Kollegen/Neurologen angerufen hat, bzgl. Rat zur Medikamentation. Somit konnte er mir sehr zeitnah weiterhelfen.
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