Waschzwang des Partners

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Yorge
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Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Yorge »

In meiner näheren Verwandtschaft gibt es niemanden, von dem ich wüsste, dass bei ihm/ihr eine Zwangserkrankung diagnostiziert wurde. Mangelnde Offenheit auch über Schwächen zu sprechen (wie eigene Ängste, Schuldgefühle,..) und auch Konflikte klar und offen auszutragen sowie von mir ständig mehr zu erwarten, als wozu ich im Moment fähig war/bin und sich nicht ausreichend Zeit und Energie zu nehmen um wirklich einander zu verstehen - deswegen muss/te ich viel zum gesund Erwachsen-werden selbst beitragen.


Ich möchte in einer Partnerschaft nicht, dass der/die andere ständig versucht mich von meinen Zwängen zu erlösen. Darum kümmere ich mich schon selbst und wenn ich Unterstützung dazu brauche, hole ich mir die. Ich halte nichts davon sich gegenseitig anzulügen, was nicht heißen soll, dass man immer alles voneinander wissen muss. Eine (psychische) Erkrankung vor dem eigenen Kind versuchen zu verstecken - abgesehen davon, dass das wsl. sowieso nicht geht - schadet mehr als es bringt, meine ich. Was lernt das Kind dabei? Dass, wenn man ein Problem hat, sich man am besten damit versteckt? Und, wenn ich etwas sagen möchte, was dem anderen nicht passen könnte, dann lüge ich? Sind das Werte, die ich einem Kind vermitteln möchte - ich nicht.
"Der Papa, der will/kann nicht mit uns in den Tierpark gehen, weil es ihm dort zu wenig sauber ist."
"Und für uns - ist es da nicht genauso schmutzig?"
"Doch, es ist genauso schmutzig - aber wir machen das trotzdem."


Die gemeinsame Betreuung eines Kindes aufzugeben - da würde ich auch viel daran setzen, das nicht aufzugeben. Es gehört dazu, dass man in Freud und Leid füreinander da ist. Aber was ist so wichtig dabei, wenn einer krank oder besonders bedürftig ist. Dass es mir selbst gut geht und ich mich nicht aufopfere.

Wenn ich jemand anderem was (wieder) lernen möchte - und da erzähle ich den Müttern und Vätern nichts Neues. Dann geht es darum zu ermutigen und zu fordern etwas, was einem zu schwierig erscheint (wieder) zu machen. Aber mit zuviel Druck wird man den Kontakt zum anderen verlieren und vorerst mal gar nichts erreichen (und darum tut mir mein zu einfacher Ratschlag - wohlgemerkt in Klammern - etwas leid, weil das ja meist ohnedies schon versucht wurde, aber eben nicht funktioniert hat - andererseits tut es mir auch wieder nicht leid, weil ich jetzt mehr erfahren habe, wie es bei euch so läuft..).
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es wirklich zu was führt, wenn man einem anderen auf diese Weise etwas antrainieren will, was der eigentlich ja selbst auch weiß und kann, aber irgendwas hält ihn (noch) zurück.

Es gibt ein Zitat von Karl Valentin: "Wir brauchen unsere Kinder nicht erziehen, sie machen uns sowieso alles nach."
Ich glaube, wenn wir eine wohltuende Wirkung auf andere haben wollen, dann setzt das voraus, dass wir uns wohl fühlen. Und das tue ich, wenn ich mich ganz ich sein traue, wenn ich ehrlich bin, wenn ich andere nicht ständig anders haben will, ..


Ich bin jetzt schon zu müde um noch viel weiter zu schreiben. Wofür ich das Forum nutze? gibt auch viele Gründe - und eigentlich meine ich ja immer wieder, dass ich die Beschäftigung damit etwas reduzieren möchte -was ich nicht alles so will..
Mir fällt dazu immer wieder ein, dass für mich "Eigensinnig"-Sein - also das übertriebene auf mich selbst zu konzentrieren - das Zwängeln fördert. Und dagegen mache ich auch das hier.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
Sunshine
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Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Sunshine »

Silvia,

Er kennt sich und seine Erkrankung schon ziemlich gut und liest auch sehr viel darüber und wir sprechen nun mehr und mehr über die Ursachen und Quellen. Ich bin es die jenige, die sich da Informationen holen möchte (unter anderem auch hier).
Sein Leidensdruck ist schon sehr hoch und er war derjenige der gesagt hat dass es sich nun ändern muss. Er war derjenige der mich um Hilfe gebeten hat, weil er auch arbeitstechnisch es nicht schaffen würde sich einen Therapeuten zu suchen außer am WE. Und wir haben nun gemeinsam auch gesucht und er sich informiert wer was behandelt und wie weit wir im Umkreis suchen sollten. Meiner Meinung nach ist er auch durchaus bereit Hilfe anzunehmen. Mittlerweile sagte er gestern sogar, dass ich auch nicht zum Erstgespräch mitkommen brauche (außer ich möchte das natürlich). Da sinkt die Angst und für mich sind das kleine Schritte in die richtige Richtung.

Marie,
Dass die zwänge nun schlimmer geworden sind (da waren die schon seit dem jungendalter) würde ich schätzen seit ca. 2-3 Jahren. Welche Informationen hätte ich ihm denn geben sollen?
Wie kommst du darauf, dass ich ihn von oben herab behandele? Ich finde, wenn mich mein Partner um Hilfe bittet, dann helfe ich ihm auch. Wenn er mich bittet, für ihn einen Termin zu vereinbaren dann mache ich das auch. Wenn er einen anderen Therapeuten für besser empfindet dann rufe ich auch dort an. Es ist unsere GEMEINSAME Absprache und Entscheidung. Ich gebe ihm da nichts vor sondern gehe auf seine Wünsche auch ein. Er ist anfangs nun eben der Meinung gewesen dass er den Zwang alleine abstellen kann und der Meinung bin ich halt nicht. Nach erneuten Diskussionen haben wir uns dann dafür Entschieden. Wie gesagt... wir sind da noch am Anfang des Prozesses und reden jetzt viel mehr darüber als vorher.

Wie würdet ihr euch verhalten, wenn bei euch der Partner so wäre und um Hilfe bittet?
Zu sagen "ich bin nicht deine Mutter und nicht deine Therapeutin und es ist auch nicht meine Aufgabe" ist also eher der Vorschlag?
Sunshine
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Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Sunshine »

Yorge hat geschrieben: Di 23. Apr 2019, 22:24 In meiner näheren Verwandtschaft gibt es niemanden, von dem ich wüsste, dass bei ihm/ihr eine Zwangserkrankung diagnostiziert wurde. Mangelnde Offenheit auch über Schwächen zu sprechen (wie eigene Ängste, Schuldgefühle,..) und auch Konflikte klar und offen auszutragen sowie von mir ständig mehr zu erwarten, als wozu ich im Moment fähig war/bin und sich nicht ausreichend Zeit und Energie zu nehmen um wirklich einander zu verstehen - deswegen muss/te ich viel zum gesund Erwachsen-werden selbst beitragen.


Ich möchte in einer Partnerschaft nicht, dass der/die andere ständig versucht mich von meinen Zwängen zu erlösen. Darum kümmere ich mich schon selbst und wenn ich Unterstützung dazu brauche, hole ich mir die. Ich halte nichts davon sich gegenseitig anzulügen, was nicht heißen soll, dass man immer alles voneinander wissen muss. Eine (psychische) Erkrankung vor dem eigenen Kind versuchen zu verstecken - abgesehen davon, dass das wsl. sowieso nicht geht - schadet mehr als es bringt, meine ich. Was lernt das Kind dabei? Dass, wenn man ein Problem hat, sich man am besten damit versteckt? Und, wenn ich etwas sagen möchte, was dem anderen nicht passen könnte, dann lüge ich? Sind das Werte, die ich einem Kind vermitteln möchte - ich nicht.
"Der Papa, der will/kann nicht mit uns in den Tierpark gehen, weil es ihm dort zu wenig sauber ist."
"Und für uns - ist es da nicht genauso schmutzig?"
"Doch, es ist genauso schmutzig - aber wir machen das trotzdem."


Die gemeinsame Betreuung eines Kindes aufzugeben - da würde ich auch viel daran setzen, das nicht aufzugeben. Es gehört dazu, dass man in Freud und Leid füreinander da ist. Aber was ist so wichtig dabei, wenn einer krank oder besonders bedürftig ist. Dass es mir selbst gut geht und ich mich nicht aufopfere.

Wenn ich jemand anderem was (wieder) lernen möchte - und da erzähle ich den Müttern und Vätern nichts Neues. Dann geht es darum zu ermutigen und zu fordern etwas, was einem zu schwierig erscheint (wieder) zu machen. Aber mit zuviel Druck wird man den Kontakt zum anderen verlieren und vorerst mal gar nichts erreichen (und darum tut mir mein zu einfacher Ratschlag - wohlgemerkt in Klammern - etwas leid, weil das ja meist ohnedies schon versucht wurde, aber eben nicht funktioniert hat - andererseits tut es mir auch wieder nicht leid, weil ich jetzt mehr erfahren habe, wie es bei euch so läuft..).
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es wirklich zu was führt, wenn man einem anderen auf diese Weise etwas antrainieren will, was der eigentlich ja selbst auch weiß und kann, aber irgendwas hält ihn (noch) zurück.

Es gibt ein Zitat von Karl Valentin: "Wir brauchen unsere Kinder nicht erziehen, sie machen uns sowieso alles nach."
Ich glaube, wenn wir eine wohltuende Wirkung auf andere haben wollen, dann setzt das voraus, dass wir uns wohl fühlen. Und das tue ich, wenn ich mich ganz ich sein traue, wenn ich ehrlich bin, wenn ich andere nicht ständig anders haben will, ..


Ich bin jetzt schon zu müde um noch viel weiter zu schreiben. Wofür ich das Forum nutze? gibt auch viele Gründe - und eigentlich meine ich ja immer wieder, dass ich die Beschäftigung damit etwas reduzieren möchte -was ich nicht alles so will..
Mir fällt dazu immer wieder ein, dass für mich "Eigensinnig"-Sein - also das übertriebene auf mich selbst zu konzentrieren - das Zwängeln fördert. Und dagegen mache ich auch das hier.
Hallo Yorge,

ich finde es schön wie du schreibst. Das gibt einem die Möglichkeit es aus einer anderen Perspektive zu sehen und es zu verstehen.
Darf ich fragen in welcher Form du dir von deiner Familie Unterstützung holen würdest?
Ja dass mit dem Druck kann ich jetzt viel besser nachvollziehen. Das habe ich vor ein paar Tagen versucht und es ist so wie du sagst - es bringt nichts!
Das Zitat ist gut aber genau der wunde Punkt ... "sie machen uns sowieso alles nach". Wenn ich da auch dann an Zwänge denke... naja hatte ich ja bereits mal geschrieben. Hmm...
Es ist nicht so dass ich perfekt bin, aber bei uns habe ich das Gefühl dass mein Freund es sich sehr wohl abgeschaut hat ohne eine Wahl gehabt zu haben. Es wurde einfach tagtäglich so vorgelebt (bis heute noch) und dann ist es sehr schwierig zu verstehen warum man es jetzt anders machen soll, wie es andere überhaupt machen und wie es zu ändern ist.
In welchen Situationen passiert das "Auf-sich-selbst-konzentrieren" am meisten?
Sunshine
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Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Sunshine »

[quote=Yorge post_id=1662 time=1556051044 user_id=109]
In meiner näheren Verwandtschaft gibt es niemanden, von dem ich wüsste, dass bei ihm/ihr eine Zwangserkrankung diagnostiziert wurde. Mangelnde Offenheit auch über Schwächen zu sprechen (wie eigene Ängste, Schuldgefühle,..) und auch Konflikte klar und offen auszutrag en sowie von mir ständig mehr zu erwarten, als wozu ich im Moment fähig war/bin und sich nicht ausreichend Zeit und Energie zu nehmen um wirklich einander zu verstehen - deswegen muss/te ich viel zum gesund Erwachsen-werden selbst beitragen.

Ich musste gerade noch über den ersten Abschnitt sehr langge überlegen. Es ist bei uns in der Familie (in meiner Familie!) nicht anders. Wir sprechen auch nicht wirklich offen und wenn es dann zum Konflikt kommt, dann wird es doch schnell unter den Teppich gekehrt.
Bei meinem Freund allerdings ist es eg umgekehrt. Da wird alles tot diskutiert (wie ich es nenne) und alles ausgesprochen. Und er hat den Zwang! Schon komisch..
.
Silvia
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Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Silvia »

Hallo Sunshine,

ich glaube, Du machst Dir selbst etwas vor...

Dein Partner hat keine Zeit sich um einen Therapieplatz zu bemühen?
.... wie soll er dann die Zeit finden, in die Therapie zu gehen und die besprochenen Dinge umzusetzen?

Dein Partner ist der Meinung, er kann die Zwänge alleine bewältigen, aber Du bist anderer.... und deswegen habt Ihr Euch dazu entschieden, dass er sich Hilfe holt?
.... für mich hört es sich so an, als hättest Du das mehr oder weniger entschieden und es Deinem Partner „aufgeschwatzt“, denn wenn der Leidensdruck bei ihm so groß wäre, wäre er nicht mehr der Meinung, er könne es alleine schaffen und vor allem, würde ER alles dafür tun, einen passenden Therapieplatz zu finden.

Natürlich sollst Du Deinen Partner unterstützen, gar keine Frage, aber ganz entscheidend ist eben wie.
Meiner Meinung nach, übernimmst Du Dinge die ER tun müsste.
Sei für ihn da, redet miteinander, gib ihm Halt und Sicherheit, aber übernimm nicht seine Aufgaben. Damit förderst Du den Zwang, anstatt ihm entgegen zu wirken.

Habt Ihr auch schon mal Eure kleine Familie unter die Lupe genommen?
Vielleicht liegt auch hier Nährboden für den Zwang.

Liebe Grüße, Silvia
Nichts kann existieren ohne Ordnung,
nichts entstehen ohne Chaos.
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Yorge
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Registriert: Fr 1. Jun 2018, 23:36

Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Yorge »

Es gibt tatsächlich Lebensbereiche in denen das verstärkt ist, dass ich mich mehr auf mich selbst zurückziehe - ich möchte das jetzt hier nicht konkretisieren, aber ist interssant mir das wieder bewusster zu machen. Was ich darunter verstehe: Es macht eben einen Unterschied, ob es da zB eine für mich kontaminierte Stelle gibt und meine zT widersprüchlichen Ängste (ist das zu gefährlich es zu berühren.. oder zu übertrieben und lebenseinengend es zu reinigen..) und es spielt sich dabei alles rund um meine Gedanken, Handlungen, Gefühle und die Versuche, wie ich das lösen könnte, ab ODER kommt etwas dazu, nämlich dass ich mit anderen darüber rede, hier schreibe, andere beobachte, wie die damit umgehen und mir erlaube das ev. auch in meine Entscheidungen miteinzubeziehen...

Welche Unterstützung erhoffe ich von eingeweihten engen Angehörigen, (Co-)Therapeuten, ..? Erst mal fällt mir das gar nicht so leicht, so eine Schwäche -die mich womöglich auch noch abhängig von der Hilfe anderer abhängig macht - einzugestehen (könnte auch was sein, was man sich wg. Eltern abgewöhnt hat). Ich fordere da tatsächlich dazu auf, nicht den Zwang zu unterstützen - und, wenn es dann heißt, dass sich der/die andere aber meine Gereiztheit nicht antuen möchte, sage ich schon, dass es mir ein Anliegen wäre, wenn der/die andere das versucht auszuhalten. Ich sollte schon anerkennen, dass ich da womöglich schwer erträglich bin für die anderen (und auch für mich selbst).
Ich bitte schon auch andere zu verstehen und als momentane Tatsache anzuerkennen, dass ich in manchem eine Gefahr wahrnehme, die für andere nicht als solche da ist. Nehmen wir das Bsp. mit dem Tierefüttern. Dass es für ihn (und ich kenne das von mir auch) eine Gefahr bedeutet ist jetzt halt mal so. Was man daraus macht, ist eine andere Frage (sich überwinden, dem Zwang nachgeben, vermeiden) - aber es ist einfach mal so, dass das für uns nicht etwas ist was ganz nett und lustig ist und dann kichert man ein bisschen, weils dieses Abschlecken halt doch bissi grauslich ist.. so ist das halt bei uns nicht - bei uns macht das Angst und Gedanken über Krankheit und ev. Sterben.. und selbst wenn ich mich überwinden lerne und mir die Normalität wieder angewöhne. Zunächst löst es das in meinem Hirn aus und das kann ich mir nicht aussuchen und kostet mir Kraft. Ich sage nicht, dass das schon so passt und bleiben muss .. aber jetzt ist es für den anderen vielleicht nicht viel anders als mit einem Stofftier spielen und für mich zumindest eine Herausforderung, wenn nicht sogar Überforderung.

Ich erzähl noch, wie das jetzt am Wochenende im Tierpark war, damit es nicht so trockene (!) Theorie ist (jetzt fange ich auch schon mit so langen Postings an, das werde ich mir wieder abgewöhnen): Ich füttere die Tiere dort nicht, weil mir das zu unhygienisch ist und es mir momentan auch nicht wert ist, mir das anzugewöhnen. Meine Begleitung hat aber die Tiere gefüttert und sie hat sich auch danach die Hände gewaschen. Dass sie sich zwischen Füttern und Händewaschen aber ständig die eigene Kleidung angefasst hat und in die Haare gefahren ist, daran denkt die gar nicht - ich schon und damit wird auch sowas heute eine kleine Übung für mich - früher hätte ich Ähnliches wsl. wenn überhaupt nur sehr schwer ausgehalten. Wenn mich jetzt die Begleitung fragen würde (und ähnliche Szenen gibt es manchmal) "Irgendwie ekelig, jetzt hat mich das Viech abgeschleckt, soll ich mir jetzt die Hände waschen bevor ich dem Kind das Jausenbrot auspacke?" Dann erinnere ich schon daran, dass ich mich bei solchen Situation (noch) schwer tue eine vernünftige Entscheidung zu finden und der andere soll so tun, wie er meint. Oder vielleicht würde ich auch sagen: "Ich würde mir schon die Hände waschen, aber ich hätte mir sie schon waschen müssen, bevor ich das einpapierlte Jausenbrot aus den Rucksack rauskrame. Aber ich weiß von mir auch, dass ich mir zu oft die Hände wasche, wenn es höchstwahrscheinlich nicht notwendig wäre." - "Ja und warum wäschst du sie dir, wenn du dir denkst, dass es gar nicht notwendig wäre." - "Das habe ich leider selbst noch nicht ganz herausgefunden."

Das ist meine ich wirklich fast das Eigenartigste am Zwang, dass wir eigentlich ja schon ziemlich genau unterscheiden können, wann wir etwas wegen dem Zwang machen und wann nicht. Und trotzdem können wir uns nicht sagen: Ok, das würde ich jetzt wg. dem Zwang machen - darum mache ich das jetzt nicht.
Das ist wirklich sowas von schräg und absurd - andererseits, wenn wir nichts unterbewusst machen würden, gings auch nicht.
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
Sunshine
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Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Sunshine »

Silvia hat geschrieben: Mi 24. Apr 2019, 17:06 Hallo Sunshine,

ich glaube, Du machst Dir selbst etwas vor...

Dein Partner hat keine Zeit sich um einen Therapieplatz zu bemühen?
.... wie soll er dann die Zeit finden, in die Therapie zu gehen und die besprochenen Dinge umzusetzen?

Dein Partner ist der Meinung, er kann die Zwänge alleine bewältigen, aber Du bist anderer.... und deswegen habt Ihr Euch dazu entschieden, dass er sich Hilfe holt?
.... für mich hört es sich so an, als hättest Du das mehr oder weniger entschieden und es Deinem Partner „aufgeschwatzt“, denn wenn der Leidensdruck bei ihm so groß wäre, wäre er nicht mehr der Meinung, er könne es alleine schaffen und vor allem, würde ER alles dafür tun, einen passenden Therapieplatz zu finden.

Natürlich sollst Du Deinen Partner unterstützen, gar keine Frage, aber ganz entscheidend ist eben wie.
Meiner Meinung nach, übernimmst Du Dinge die ER tun müsste.
Sei für ihn da, redet miteinander, gib ihm Halt und Sicherheit, aber übernimm nicht seine Aufgaben. Damit förderst Du den Zwang, anstatt ihm entgegen zu wirken.

Habt Ihr auch schon mal Eure kleine Familie unter die Lupe genommen?
Vielleicht liegt auch hier Nährboden für den Zwang.

Liebe Grüße, Silvia
Hallo Silvia,

hmm... ich werde darüber noch einmal nachdenken. Vielleicht ist meine Hilfsbereitschaft für diese Art von Krankheit zu hoch... das kann gut möglich sein. Ich werde versuchen davon Abstand zu nehmen und es noch einmal objektiv betrachten. Es kann sein dass man im täglichen Trott kein Auge mehr dafür hat, was man alles so macht und ob das auch alles so gut ist.
Ich werde es mir zu Herzen nehmen.
Deine Tipps finde ich plausibel und klar.

Nein, unsere kleine Familie haben wir nicht unter die Lupe genommen. Wir sind noch sehr auf seine Familie konzentriert, weil es da wohl mit dem Vater einige Dinge gab, die ihm das Selbstwertgefühl genommen haben und er denkt dass dies auch unter anderem für die zwänge verursacht haben könnte.

Silvia, darf ich fragen wie du zu diesem Forum gefunden hast?
Sunshine
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Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Sunshine »

Yorge hat geschrieben: Mi 24. Apr 2019, 20:41 Es gibt tatsächlich Lebensbereiche in denen das verstärkt ist, dass ich mich mehr auf mich selbst zurückziehe - ich möchte das jetzt hier nicht konkretisieren, aber ist interssant mir das wieder bewusster zu machen. Was ich darunter verstehe: Es macht eben einen Unterschied, ob es da zB eine für mich kontaminierte Stelle gibt und meine zT widersprüchlichen Ängste (ist das zu gefährlich es zu berühren.. oder zu übertrieben und lebenseinengend es zu reinigen..) und es spielt sich dabei alles rund um meine Gedanken, Handlungen, Gefühle und die Versuche, wie ich das lösen könnte, ab ODER kommt etwas dazu, nämlich dass ich mit anderen darüber rede, hier schreibe, andere beobachte, wie die damit umgehen und mir erlaube das ev. auch in meine Entscheidungen miteinzubeziehen...

Welche Unterstützung erhoffe ich von eingeweihten engen Angehörigen, (Co-)Therapeuten, ..? Erst mal fällt mir das gar nicht so leicht, so eine Schwäche -die mich womöglich auch noch abhängig von der Hilfe anderer abhängig macht - einzugestehen (könnte auch was sein, was man sich wg. Eltern abgewöhnt hat). Ich fordere da tatsächlich dazu auf, nicht den Zwang zu unterstützen - und, wenn es dann heißt, dass sich der/die andere aber meine Gereiztheit nicht antuen möchte, sage ich schon, dass es mir ein Anliegen wäre, wenn der/die andere das versucht auszuhalten. Ich sollte schon anerkennen, dass ich da womöglich schwer erträglich bin für die anderen (und auch für mich selbst).
Ich bitte schon auch andere zu verstehen und als momentane Tatsache anzuerkennen, dass ich in manchem eine Gefahr wahrnehme, die für andere nicht als solche da ist. Nehmen wir das Bsp. mit dem Tierefüttern. Dass es für ihn (und ich kenne das von mir auch) eine Gefahr bedeutet ist jetzt halt mal so. Was man daraus macht, ist eine andere Frage (sich überwinden, dem Zwang nachgeben, vermeiden) - aber es ist einfach mal so, dass das für uns nicht etwas ist was ganz nett und lustig ist und dann kichert man ein bisschen, weils dieses Abschlecken halt doch bissi grauslich ist.. so ist das halt bei uns nicht - bei uns macht das Angst und Gedanken über Krankheit und ev. Sterben.. und selbst wenn ich mich überwinden lerne und mir die Normalität wieder angewöhne. Zunächst löst es das in meinem Hirn aus und das kann ich mir nicht aussuchen und kostet mir Kraft. Ich sage nicht, dass das schon so passt und bleiben muss .. aber jetzt ist es für den anderen vielleicht nicht viel anders als mit einem Stofftier spielen und für mich zumindest eine Herausforderung, wenn nicht sogar Überforderung.

Ich erzähl noch, wie das jetzt am Wochenende im Tierpark war, damit es nicht so trockene (!) Theorie ist (jetzt fange ich auch schon mit so langen Postings an, das werde ich mir wieder abgewöhnen): Ich füttere die Tiere dort nicht, weil mir das zu unhygienisch ist und es mir momentan auch nicht wert ist, mir das anzugewöhnen. Meine Begleitung hat aber die Tiere gefüttert und sie hat sich auch danach die Hände gewaschen. Dass sie sich zwischen Füttern und Händewaschen aber ständig die eigene Kleidung angefasst hat und in die Haare gefahren ist, daran denkt die gar nicht - ich schon und damit wird auch sowas heute eine kleine Übung für mich - früher hätte ich Ähnliches wsl. wenn überhaupt nur sehr schwer ausgehalten. Wenn mich jetzt die Begleitung fragen würde (und ähnliche Szenen gibt es manchmal) "Irgendwie ekelig, jetzt hat mich das Viech abgeschleckt, soll ich mir jetzt die Hände waschen bevor ich dem Kind das Jausenbrot auspacke?" Dann erinnere ich schon daran, dass ich mich bei solchen Situation (noch) schwer tue eine vernünftige Entscheidung zu finden und der andere soll so tun, wie er meint. Oder vielleicht würde ich auch sagen: "Ich würde mir schon die Hände waschen, aber ich hätte mir sie schon waschen müssen, bevor ich das einpapierlte Jausenbrot aus den Rucksack rauskrame. Aber ich weiß von mir auch, dass ich mir zu oft die Hände wasche, wenn es höchstwahrscheinlich nicht notwendig wäre." - "Ja und warum wäschst du sie dir, wenn du dir denkst, dass es gar nicht notwendig wäre." - "Das habe ich leider selbst noch nicht ganz herausgefunden."

Das ist meine ich wirklich fast das Eigenartigste am Zwang, dass wir eigentlich ja schon ziemlich genau unterscheiden können, wann wir etwas wegen dem Zwang machen und wann nicht. Und trotzdem können wir uns nicht sagen: Ok, das würde ich jetzt wg. dem Zwang machen - darum mache ich das jetzt nicht.
Das ist wirklich sowas von schräg und absurd - andererseits, wenn wir nichts unterbewusst machen würden, gings auch nicht.
Yorge, das ist total verrückt aber genauuuu asooo läuft es bei uns ab... wirklich alles was du grade in deinem Beispiel beschrieben hast... es ist, als würde mein Freund schreiben! Bloß dass er mich immer ermahnt mir nicht mir den Händen in die Haare zu fahren :lol: ... ich muss da später noch einmal was zu schreiben... im Moment bin ich nur baff ...
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Yorge
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Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Yorge »

Hey, weil du dich ja Sunshine nennst: Ich habe mal beim Thema Literatur die Fabel “Die Sonne und der Wind“ erwähnt - ich finde sie passt auch irgendwie zu deiner Suche danach, wie du deinen Freund zu mehr Glückseeligkeit verhelfen kannst. Wenn du es googlest, kannst du sie b Wikipedia lesen - ist ganz kurz.
Ich erwarte mir selbstverständlich baldigst eine ordentliche Erörterung (so hieß das bei uns in der Schule immer) darüber :ugeek: .
Das gute Leben .. ist eine Richtung, kein Ziel. [Carl Rogers]
Sunshine
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Registriert: Di 9. Apr 2019, 13:40

Re: Waschzwang des Partners

Beitrag von Sunshine »

Yorge hat geschrieben: Fr 26. Apr 2019, 00:00 Hey, weil du dich ja Sunshine nennst: Ich habe mal beim Thema Literatur die Fabel “Die Sonne und der Wind“ erwähnt - ich finde sie passt auch irgendwie zu deiner Suche danach, wie du deinen Freund zu mehr Glückseeligkeit verhelfen kannst. Wenn du es googlest, kannst du sie b Wikipedia lesen - ist ganz kurz.
Ich erwarte mir selbstverständlich baldigst eine ordentliche Erörterung (so hieß das bei uns in der Schule immer) darüber :ugeek: .
Ja die Fabel spricht für sich. Es ist wie du es gesagt hattest in deinen vorherigen posts.
Ich finde allerdings, dass da auch eine Menge Geduld dazu gehört und Durchhaltevermögen. Das, was ich auch noch lernen muss, vor allem Geduld.
In manchen Situationen könnte man der "Sonne" in den allerwertesten treten und den "wind" raushängen lassen. Naja man ist halt Mensch mit Emotionen... auch in uns ist mal wind oder eben mal "sunshine" ;-)

Zu der Situation im Tierpark nochmal: wenn deine Begleitung sich mit der abgeschlabberten Hand in die Haare fährt und dann noch den Rucksack anfasst und das Brot herausholt... wie verhältst du dich dann? Würdest du das Brot noch essen?
Wie überwindet du es, dass du dich dann zurück hältst und dann deine Begleitung"machen lässt"?
Was passiert wenn du wieder nach Hause kommst? Hände waschen von draussen ok, aber wechselst du dir die Kleidung?
Sorry, fragen über Fragen aber ich möchte diese Prozesse verstehen.
Mein Freund sagt immer: "Ich weiss dass es unsinnig ist, aber ich MUSS das machen, sonst finde ich keine Ruhe" ... solche Aussagen will ich nachvollziehen können (wenn ich das überhaupt irgendwann mal kann) und vor allem will ich selber für mich damit umgehen können. Im Moment löst es irgendwie Agressionen aus, weil es für mich sich so anhört, als würde ihn JEMAND dazu zwingen (im Kopf natürlich) und dieser jemand lässt ihn nicht in Ruhe... wie schlimm muss es sein, einen Kampf sozusagen mit sich selber zu führen?!
Für mich als Angehörige eine sehr schwierige Situation (und vor allem als Mama mit einem Beschützerinstinkt) diesem JEMAND nicht ordentlich eine zu verpassen :shock:
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