Zwangsfragen - unsere Familie ist am Ende!

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Solina

Zwangsfragen - unsere Familie ist am Ende!

Beitrag von Solina »

Hallo zusammen,
voller Verzweiflung und Hoffnung habe ich dieses Forum gefunden. Es geht um meinen 30 jährigen Bruder. Er lebt noch Zuhause bei meiner Mutter, hat eine diagnostizierte Depression. Seit nun mehr 3 Jahren fragt er jeden Tag die selben!!! Fragen - er fragt meine Mutter, mich und meinen Mann. Zukunftsfragen die ihn anfänglich begleitet haben: „ Bekomme ich Irgendwann einen Job? Einen netten Chef? Einen Chef der mich nicht ausnutzt?“ - lange haben wir ruhig und zustimmend Tag ein Tag aus geantwortet. Nun war er dieses Jahr von März bis Juni in einer Tagesklinik - Behandlung seiner Depression. Seine fragerei wurde besser - seitdem er nicht mehr da ist - katastrophal. Wir haben das Gefühl es ist noch schlimmer - er hört auch nicht auf zu fragen, wenn wir „STOP!!!! Hör endlich auf mich zu fragen!!! ich kann nicht mehr“ sagen. Er fragt einfach wieder weiter - immmmer weiter. Unverständlich für einen gesunden Menschen. Wie können diese Fragen immer wieder auftauchen - und vorallem müssen diese Fragen immer wieder beantwortet werden - obwohl er vor einer Stunde schon die gleiche Antwort erhalten hat. Er fragt auch: „sind alle Chefs Narzissten?“ immer und immer wieder. In der Tagesklinik ist darauf nicht eingegangen worden. Scheinbar konnte er diesen Zwang der Wiederholten Fragen stellen dort irgendwie kontrollieren. In seiner gewohnten Umgebung fängt diese Fragerei wieder an! Tag ein Tag aus - er weckt meine Mutter sogar manchmal nachts um eine Frage beantwortet zu bekommen. Das ist doch nicht normal? Was hat mein Bruder? Er will es nicht wahrhaben das er unter zwang fragt.

Wir wissen nicht mehr weiter.
Was hat mein Bruder?
Zählt das zu Zwangsstörung?

Wir sind so verzweifelt - er treibt uns in den Wahnsinn 😭

Wir Brauchen Hilfe.

Kennt jemand Fachärzte in NRW? Wir wohnen im Kölner Raim.
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OCD-Marie
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Registriert: Di 17. Apr 2018, 19:44

Re: Zwangsfragen - unsere Familie ist am Ende!

Beitrag von OCD-Marie »

Hallo Solina,

eure Verzweiflung kann ich nachvollziehen. Die Hoffnung möchte ich allerdings etwas dämpfen...
Eines kann man sicher sagen: Nein, normal ist das Verhalten deines Bruders nicht.

Ob es ein Zwang ist ? Möglich.
Manches spricht dafür. ZB die krampfhafte Suche nach Sicherheit (durch das ständige Rückversichern bei euch) und der Umstand, dass die Beruhigung nicht lange anhält. Dass er immer und immer wieder fragt.
Möglich wäre z.b. aber auch eine Form des zwanghaften Grübelns.
Was er also genau hat, das lässt sich aus der Ferne und lediglich auf Basis der Berichte Dritter nicht mit Sicherheit sagen. Dazu müsste ein Fachmann / eine Fachfrau direkt mit deinem Bruder reden.

Dein Bruder ist längst erwachsen. Und damit erst einmal für sich selbst verantwortlich. Anders ausgedrückt: er muss selbst den Entschluss fassen, an seiner Situation etwas ändern zu wollen. Indem er sich Hilfe sucht.
Ihr seid da freilich die Falschen dafür...

Ihr könnt nur lernen, anders mit seinem Verhalten umzugehen. So, dass es euch nicht mehr so sehr belastet. Dazu ist es erforderlich, dass ihr an euch selbst arbeitet !
Es macht sicher keinen Sinn, seine immer gleichen Fragen immer und immer wieder zu beantworten. Solange ihr das tut, beteiligt ihr euch an der Unterhaltung dieses unheilvollen Kreislaufes. Es geht also darum, dass ihr euer eigenes Verhalten ändert !
Ihr könntet z.B. zu ihm sagen: "Lass gut sein [Name] ! Ich habe dir diese Fragen schon hunderte Male beantwortet. Ich kann dir nicht mehr dazu sagen !" Und danach euch wieder der Tätigkeit zuwenden, bei der er euch unterbrochen hat.
Ihr könntet sein Verhalten z.B. als Regenschauer betrachten. Regen kommt und Regen geht. Immer wieder. Das liegt nicht in unserer Hand. Wir können es einfach regnen lassen. Wir müssen auf einen wiederkehrenden Sommerregen nicht mit Ärger, Wut, Ablehnung, Verzweiflung reagieren. Verstehst du ?

Ich möchte nochmals betonen: es geht hier nur um euch !
Dein Bruder wird mit dem Fragen deshalb nicht einfach aufhören, nur weil ihr die Fragen nicht mehr beantwortet (und ihr solltet darin sehr konsequent sein !). Ich würde eher erwarten, dass sich seine Situation erst einmal noch verschlechtert.
Aber vielleicht ist das ja auch nötig, dass er ausreichend Motivation entwickelt, sich selbst Hilfe zu suchen.
Eine Garantie gibt es dafür freilich nicht.

Im Zweifel holt euch selbst therapeutische Unterstützung für diese alles andere als einfache Zeit. U.U. wäre auch sinnvoll, dass dein Bruder letztlich aus der mütterlichen Wohnung auszieht und z.B. in ein betreutes Wohnen wechselt...
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