OCD - wie als Partner umgehen?

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Roggaer
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Registriert: So 19. Jan 2020, 16:50

OCD - wie als Partner umgehen?

Beitrag von Roggaer »

Hallo in die Runde,
gleich vorne weg. Ich fühle mich absolut merkwürdig hierein zu schreiben, aber vielleicht findet sich ja hier jemand, der mir ein guten Ratschlag geben kann oder ähnliche Erfahrungen egal ob als Erkrankter selber oder Angehöriger geben kann.

Ich bin jetzt seit 3 Jahren mit meiner Freundin zusammen und seit Beginn unserer Beziehung haben wir mit Ihrem OCD zu kämpfen. Am Anfang waren es noch so Kleinigkeiten wie Händewaschen, Kleidung wechseln etc.. Als Zusatzinfo hier schon einmal: Es geht bei Ihr nicht darum, dass sie "schmutzig" ist, sondern darum, dass sie damit irgendjemandem Schaden könnte und sei die Wahrscheinlichkeit auch noch so klein oder die physischen Möglichkeiten hierzu gar nicht vorhanden.

Dann kam irgendwann krankhafte Eifersucht hinzu in der ich sie auch via Ultimatum dazu gebracht habe sich in ärztliche Hilfe zu suchen. Inzwischen ist sie seit 1,5 Jahren in Therapie. Letzten Sommer nach einem erneutem Riesenstreit auch für ein paar Monate unter Zuhilfenahme von Medikamenten. Da sie diese von Anfang an nicht nehmen wollte, hat dies nur sehr kurz gehalten - dennoch konnten wir so einen einigermassen ruhigen Sommer verbringen. Und ich möchte auch gleich sagen, dass in unseren guten Zeiten ich mir keinen anderen Partner auch nur vorstellen kann.

Seit mehreren Wochen nun streiten wir mind. 1 wöchentlich heftig. Das Thema spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Was mich dabei unheimlich belastet ist, dass sie mir einfach nicht glaubt oder belanglose Sätze von mir abspeichert und daraus Vorwürfe und Anschuldigungen kreirt. Zwei Beispiele dazu aus den letzten 2 Wochen:

- Ich hatte Ihre Po beim gemeinsamen Kuscheln im Bett berührt. Dieser war Ihrer Meinung nach schmutzig. Also musste ich in Badezimmer gehen und mir die Hände waschen > auf dem Weg dahin, hätte ich unsere Jacken gestreift, sodass diese nun auch kontaminiert sind. Ich sagte ihr direkt, dass ich sie nicht gestriffen habe. Selbst der phyische Beweis nach dem Händewaschen (mein Arm ist gar nicht lang genug, dass das passieren könnte) reichte nicht aus. Also ahndete es wieder in einer Diskussion aus in der ich dann schlussendlich n Machtwort gesprochen habe und gesagt habe sie solle mich in Ruhe lassen. Später kam sie dann an und wollte das Thema, wie so häufig, verdrängen. Ich habe ihr gesagt, dass mir das auch weh tut, wenn sie mir nicht glaubt und stattdessen weiter mit Vorwürfen konfontriert. Sich dafür zu entschuldigen ist aber nicht möglich, was mir suggeriert, dass sie immernoch denkt, dass ich die Jacken gestriffen habe. Mal davon abgesehen, dass das eh alles Quatsch ist.

- Gestern bin ich von einem Skiausflug von der Arbeit wieder gekommen (1 Nacht). Dort wird immer viel gefeiert und ich habe Ihr vorab gesagt, dass ich es dieses Jahr ruhiger angehen lassen möchte, weil ich mehr Skifahren möchte. Gesagt > getan. Ich habe nur sehr wenig getrunken und habe um 2 Uhr Nachts mit einem Kollegen die Disco verlassen, während die meisten anderen Kollegen noch am Feiern waren. Ich war als erster auf der Piste und habe sie als letzter verlassen, weil mir persönlich für eine Nacht auch mal 5-6 Stunden Schlaf reichen und ich fit war. Nach Ansicht meiner Freundin habe ich sie nun "hintergangen" und "angelogen", weil ich ja vorher gesagt hätte ich lasse es ruhiger angehen. Also wurde ich wieder ins Kreuzverhör genommen. Dennoch bin ich (so wie sie es aus vorherigen Situtationen verlangt hat) auf sie zugegangen, habe ihr die Fragen beantwortet und war absolut nett ihr gegenüber. Erst als die Fragen das vierte, fünfte mal aufkamen wurde ich ungeduldig und habe ihr (wie ihr Therapeut mir empfohlen hat) deutlich gesagt: Nein! ich beantworte keine Fragen mehr > du weisst alles, was es zu wissen gibt. Darauf hin wurde weiter gebohrt, geweint und rumgeschrien. Das ganze zieht sich jetzt seit 24 Stunden hin und sie versteht einfach nicht, dass mich das total belastet, wenn sie aus jedem unwichtigen Detail oder Deutungsfrage ein beziehungsentscheidendes Thema wird.

Ich könnte noch unendlich weiter schreiben, denke aber, dass dieser Post eh schon den Rahmen sprengt und hoffe, wer auch immer das liest noch am Ball ist. Vielleicht findet sich ja jemand der ähnliche Erfahrungen gesammelt hat und mir sagen kann, was ich noch tun kann. Ich bin ihr mit sovielen Dingen entgegengekommen um Ihr zu helfen (z.B. bin ich von Neuseeland in die Schweiz für sie gezogen und lernte französisch, damit wir hier bleiben können). Sie scheint sich auch nicht darüber bewusst zu sein, dass ich nicht mit ihr zusammen leben MUSS und inzwischen ist für mich der Punkt erreicht in sich die Frage stellt - Trennung oder Verbesserung der OCD-Auswirkungen. Denn die Respektlosigkeit und der Verlust meiner Glaubwürdigkeit belasten mich zusehends mehr.

Vielen Dank bereits für eure Ideen.
Fisch007
Beiträge: 6
Registriert: Fr 10. Jan 2020, 07:19

Re: OCD - wie als Partner umgehen?

Beitrag von Fisch007 »

Hallo Roggaer,
meine Frau hat seit über 15 Jahren Zwänge - nicht so extrem wie Deine Freundin, sie war aber auch mal in einer stationären Therapie, das hat schon sehr viel gebracht. Trotzdem ist das Zusammenleben alles andere als einfach und es gibt immer wieder Situationen, die einen an die Grenzen bringen. Du musst natürlich selbst entscheiden, was Du noch ertragen willst. Du wirst Dich immer mit dem Zwang auseinandersetzen müssen. Eine Therapie kann ihn zwar verringern, muss aber nicht unbedingt. Das hängt von vielen Dingen ab, nicht zuletzt auch von der Bereitschaft Deiner Freundin, da mitzumachen.
Du kannst Deiner Freundin eine klare Ansage machen: Entweder du gehst in eine stationäre Behandlung und versuchst, deinen Zwang in den Griff zu bekommen - oder ich gehe ! Und dann musst Du natürlich auch gehen, wenn sie nicht in die Klinik geht.
Bei alledem: achte auf Dich selbst und lasse Dich nicht von ihrem Zwang vereinnahmen ! Es ist sehr gut, dass Du manchmal NEIN sagst und nicht mehr weiter diskutierst. Du merkst bestimmt aber auch, dass dies sehr anstrengend und letztendlich unbefriedigend ist.
Du kannst Dich auch einfach dafür entscheiden, Dich sofort zu trennen. Wäre aus meiner Sicht voll verständlich, denn eine Beziehung mit jemandem aufzubauen, der von vorneherein psychisch krank ist, ist eine Herausforderung. Du musst entscheiden, ob Du diese annehmen willst.
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SHG
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Re: OCD - wie als Partner umgehen?

Beitrag von SHG »

Solch strikte Bedingungen zu stellen, davon halte ich nicht so viel - ich denke das bringt weder für die Therapie, noch für die Partnerschaft was gutes. Ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, dem Zwang so viel Bedeutung zu geben, (wenn man ihn beziehungsentscheidend macht, tut man das ja eigentlich schon) - diese Bedeutung führt vielleicht eher zur Erhaltung des Zwangs. Sich mehr auf sich selbst zu konzentrieren und beim Zwang nicht mitmachen, das finde ich auch gut. Argumente im Sinne von, ich habe mich ja bereits so aufgeopfert für die Beziehung, sie steht in meiner Schuld, kann man meiner Ansicht nach lieber sein lassen. Ich wünsche euch, dass ihr einen Weg findet, der euch beiden gut tut.
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OCD-Marie
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Re: OCD - wie als Partner umgehen?

Beitrag von OCD-Marie »

Roggaer hat geschrieben: So 19. Jan 2020, 17:52 Vielleicht findet sich ja jemand der ähnliche Erfahrungen gesammelt hat und mir sagen kann, was ich noch tun kann. Ich bin ihr mit sovielen Dingen entgegengekommen um Ihr zu helfen (z.B. bin ich von Neuseeland in die Schweiz für sie gezogen und lernte französisch, damit wir hier bleiben können). Sie scheint sich auch nicht darüber bewusst zu sein, dass ich nicht mit ihr zusammen leben MUSS und inzwischen ist für mich der Punkt erreicht in sich die Frage stellt - Trennung oder Verbesserung der OCD-Auswirkungen. Denn die Respektlosigkeit und der Verlust meiner Glaubwürdigkeit belasten mich zusehends mehr.
Hallo !

Dein Leiden ist verständlich und nachvollziehbar. Letztlich kannst du nicht allzuviel tun. Es ist vor allem an deiner Freundin, ihre Probleme zu lösen.
Achte auf DICH. Und passe auf, dass du nicht auch selbst noch zu einem Fall für die Ärzte und Therapeuten wirst. Denn wenn du dadurch auch noch krank wirst, dann nutzt das keinem von euch beiden.

Alles Gute
Marie
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