Habe ich eine Zwangsstörung ?

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Möllemann
Beiträge: 4
Registriert: Fr 15. Mai 2020, 11:16

Habe ich eine Zwangsstörung ?

Beitrag von Möllemann »

Hallo liebe Forumgemeinde,

ich bin ganz neu hier weshalb ich mich erstmal kurz vorstellen möchte. Ich bin männlich, 30 Jahre alt, noch verheiratet und keine Kinder.
Ich möchte euch hier meine Situation/Krise schildern und würde mich über eure Einschätzung darüber sehr freuen.

Angefangen hat alles erst vor einem halben Jahr. Ich bin seit 5 Jahren verheiratet aber die Ehe war leider nie so wie wir uns das vorgestellt hatten. Dennoch habe ich meine Frau geliebt, mich aber auch emotional sehr von ihr abhängig gemacht. Das wurde mir nun seit letztem Jahr zum Verhängnis und hat zum Ausbruch meiner psychischen Probleme/Krankheiten beigetragen.
Meine Frau distanzierte sich immer mehr von mir und ich habe mich oft einsam und alleine gefühlt. Auch in Ihrem Beisein. Gleichzeitig habe ich wie ich heute weiß Verlustängste entwickelt.

Aufgrund dieser Beziehungskrise habe ich dann vor einem halben Jahr zunächst diverse psychosomatische Beschwerden bekommen. Da sich die Probleme in meiner Beziehung immer mehr zuspitzten bekam ich Anfang diesen Jahres eine mittelschwere depressive Phase und eines Tages beim spazieren gehen verschiedene aufdrängende ängstliche Gedanken. Diese Gedanken hatten vom Inhalt her alle damit zu tun, dass mir etwas zustoßen könnte. Die Gedanken waren teilweise sehr "unreal" z.B. dass ein Hochhaus auf mich stürzen könnte oder das Brötchen vom Bäcker vergiftet sein könnte. Es war mir aber jederzeit bewusst dass diese Gedanken nicht real sind. Trotzdem hat es mir große Angst gemacht.

In Folge dessen habe ich in fast jedes "Objekt" oder auch andere Menschen etwas hineininterpretiert. Abends habe ich dann einen großen Fehler gemacht und nach Zwangsgedanken im Netz gesucht. Dort ist mir ein Bericht zu Augen gekommen welcher sich in meinem Kopf eingebrannt hat. Er handelte von einem Mann der aggressive und auch sexuelle Gedanken gegen verschiedene Menschen hat und dass das extrem belastend für ihn sei...
Kaum hatte ich diesen Bericht gelesen war der komplette Inhalt in meine Gedanken übergegangen. Seitdem werde ich täglich von solchen Gedanken heimgesucht was mich sehr belastet.
Ich stehe morgens schon völlig niedergeschlagen und ängstlich auf mit der Angst wieder mit den Gedanken durch den Tag kommen zu müssen.

Ich habe bis letztes Jahr nie mit psychischen Krankheiten zu tun gehabt, auch wenn meine Kindheit nicht immer rosig war.
Habe ich eurer Meinung nach eine Zwangsstörung entwickelt oder hat das eher mit der Verlustangst zu tun? Vor der Angst alleine zu sein? Habe vor 6 Jahren meinen Großvater an Krebs verloren was mir sehr zugesetzt hat. Ich habe meiner Meinung nach damit nie richtig abschließen können. Und jetzt beziehe ich das möglicherweise auf den Verlust meiner Ehe ?

Würde mich freuen von euch zu hören. Und sorry für den langen Text.

LG Möllemann
Julia4374
Beiträge: 21
Registriert: Mi 6. Nov 2019, 13:42

Re: Habe ich eine Zwangsstörung ?

Beitrag von Julia4374 »

Hi Möllemann, mutet so an als ob es Zwangsgedanken sind. Du beschreibst, dass Du die Gedanken als unreal empfindest aber sehr ängstigend, das ist typisch für Zwänge. Auch dass man sich sozusagen ansteckt mit bestimmten Zwangsthemen wenn man sie hört oder liest ist nicht untypisch. Ich würde DIr sehr empfehlen einen Facharzt aufzusuchen. Kann sein, dass das alles nur kurzfristige Reaktionen aufgrund einer Überlastungssituaion sind. Das kann nur der Fachmann beurteilen. Wehret den Anfängen, Zwänge frühzeitig zu erkennen und zu therapieren ist gold wert.
Ängste haben häufig eine sich verselbständigende Dynamik man rutscht quasi oft ganz unbemerkt immer tiefer in diese hinein und sie verstärken sich. Das gilt es zu verhindern.
VG Julia
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Deluxe
Beiträge: 25
Registriert: Di 17. Apr 2018, 14:53

Re: Habe ich eine Zwangsstörung ?

Beitrag von Deluxe »

Hallo Möllemann ,
Julia hat völlig recht mit allem was sie sagt. Auch mein Tip wäre, so schnell wie möglich einen Therapeuten zu suchen denn je schneller man es angeht desto besser sind die Prognosen für die Zukunft.
Möllemann
Beiträge: 4
Registriert: Fr 15. Mai 2020, 11:16

Re: Habe ich eine Zwangsstörung ?

Beitrag von Möllemann »

Vielen Dank für eure netten Antworten.
Tatsächlich bin ich bereits in Behandlung aber es gibt in meiner Nähe leider keine Therapeuten die sich gut damit auskennen bzw keine mit freien Kapazitäten weshalb ich aktuell nur Verhaltenstherapie machen kann. Ich bin auch schon für einen stationären Klinikaufenthalt in der Schön Klinik Roseneck angenommen worden, allerdings beträgt die Wartezeit momentan aufgrund von Corona mehrere Monate.

Ich kann oftmals sehr gut Abstand von diesen Gedanken nehmen oder denke Sie zu Ende wenn doch mal einer auftaucht. Ich bin eher mit der Angst vor den Gedanken als mit den Gedanken selbst beschäftigt. Man sagt ja dass diese Gedanken mehr als eine Stunde eines Tages in Anspruch nehmen müssen damit es sich um eine Zwangsstörung handelt oder ist das zu Beginn dieser Krankheit noch nicht so ausgeprägt?

LG Möllemann
Möllemann
Beiträge: 4
Registriert: Fr 15. Mai 2020, 11:16

Re: Habe ich eine Zwangsstörung ?

Beitrag von Möllemann »

Eine bekannte hatte mir dazu geraten das Buch "Kobold im Kopf" zu lesen. Macht es denn Sinn eine Exposition auf eigene Faust zu machen oder haltet ihr das für "gefährlich" ?
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Deluxe
Beiträge: 25
Registriert: Di 17. Apr 2018, 14:53

Re: Habe ich eine Zwangsstörung ?

Beitrag von Deluxe »

Man sagt ja dass diese Gedanken mehr als eine Stunde eines Tages in Anspruch nehmen müssen damit es sich um eine Zwangsstörung handelt oder ist das zu Beginn dieser Krankheit noch nicht so ausgeprägt?
Das sind natürlich irgendwelche Richtwerte die nicht wirklich aussagekräftig sind bei einem ist es so bei anderem anders. In erster Linie müssen die Gedanken quälend und aufdringlich sein ob die jetzt mehr oder weniger als ne stunde dauern ist meiner Meinung nach zweitrangig. Aber letztendlich sollte auf jeden Fall ein Facharzt die richtige Diagnose stellen.


Das von dir genannte Buch ist sehr gut und informativ und ist auf jeden Fall lesenswert wenn man unter Zwängen leidet.
Möllemann
Beiträge: 4
Registriert: Fr 15. Mai 2020, 11:16

Re: Habe ich eine Zwangsstörung ?

Beitrag von Möllemann »

Danke dir für deine prompte Antwort.
Kannst du mir noch etwas zur Exposition in Eigenregie sagen ? Bzw was ich hinsichtlich der Gedanken noch tun könnte um die Zeit bis zum Klinikaufenthalt zu überbrücken.
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Deluxe
Beiträge: 25
Registriert: Di 17. Apr 2018, 14:53

Re: Habe ich eine Zwangsstörung ?

Beitrag von Deluxe »

Ich persönlich würde eine Exposition nur mit Absprache mit einem Fachmann machen. Was man aber als Überbrückung machen kann sind Entspannung, Meditation und auch Achtsamkeitsübungen. Sowas wirkt wahre Wunder wenn es regelmäßig gemacht wird, denn entspannter Körper = entspannter Geist.
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