Falls jemand Zeit hat - würde mich freuen wenn das jemand liest. danke!
Verfasst: Di 26. Mai 2020, 23:12
Hallo in die Runde,
ich bin neu hier. Ehrlich gesagt versuche ich gerade meine Gedanken zu ordnen. Ich bin mittlerweile fast 30 Jahre und habe rückwirkend betrachtet Zwänge schon seit 10 Jahren. Seit ungefähr einem Jahr mache ich eine Therapie. Mit mehr oder weniger Erfolg.
Über die Jahre hatte ich mit unterschiedlichen Gedanken und Handlungen zu kämpfen. Alles fing an mit einem Bakterien-Tick. Musste meine Hände immer "ausschütteln" und dazu einen bestimmten Satz sagen. Da war ich 16 und es fanden alle lustig. Im Nachhinein war das wohl der Beginn. Über die Jahre hatte ich immer unterschiedliche Anwandlungen.
>> Oft die Angst, dass jemand etwas Schlimmes passiert wenn ich bestimmte Dinge nicht oder falsch tue. Hat dazu geführt dass ich immer etwas laut
dagegen gesagt habe (wenn ich alleine war).
>> Die Angst jemanden überfahren zu haben, obwohl ich wusste dass es nicht sein kann.
>> Mittlerweile habe ich vor allem Gedanken oder besser gesagt Impulse, in denen mir immer Schimpfwörter in den Kopf kommen. Oft gegen Gott und das obwohl ich ein religiöser Mensch bin. Und das sehr gerne. Weil ich das nicht denken will kämpfe ich dagegen an und um so schlimmer wird es. Die Folge ist das ich sehr viel bete, aber nicht so wie ich es eigentlich möchte. Mehr immer und immer wieder das selbe um meine Gedanken zu erklären. Ich bin mir sicher, dass Gott das versteht und ich das nicht tun müsste aber ich kann einfach nicht auf hören. Oder ich habe Angst jemand zu "verfluchen". Ich würde es als Tourette im Kopf bezeichnen. Kennt das noch jemand?
>> Angst vor Krankheiten/Viren/Bakterien: Ich habe keinen Waschzwang in dem Sinne, dass ich den ganzen Tag putze und mir die Hände wasche. Aber ich habe (natürlich gerade jetzt zu Corona-Zeiten noch mehr) echt Probleme mit der Angst "kontaminiert" zu werden. Ich würde am liebsten sofort alle Klamotten in die Wäsche werfen wenn ich von draußen nach Hause komme. Für mich verschwimmen hier die Grenzen zwischen normal und krank. Und das führt mich zu meiner Frage:
Was mache ich nur? Meine Therapeutin hat mir kurz vor Corona schon mal einen stationären Aufenhalt empfohlen. Mittlerweile habe ich mich sogar schon damit abgefunden. Allerdings bin ich mir dann doch wieder nicht sicher, ob ich das brauche. Denn ich bin kein Zwängler, der 10 Stunden am Tag mit seinem Zwang verbringt. Zum Beispiel habe ich wie oben beschrieben echt ne Macke was Viren angeht, aber bin dennoch nicht jeden Tag am putzen oder Ähnliches. Ich verbringe auch sonst keine 10 Stunden am Tag mit meinen Zwängen, sondern gehe ganz normal meiner Arbeit nach. Dennoch verspüre ich einen Leidensdruck. Ich kann z.B. keinen Abend in Ruhe auf der Couch sitzen, ohne dass ich vorher mehrere "Rituale" gemacht habe (Nein-Schreien gegen meine Beschimpfungen, bis 5 zählen, eine 11 auf die Couch malen und so weiter). Die Rituale haben sich gefühlt schon etwas verselbstständigt. Heißt also, manchmal lasse ich gar keinen Gedanken mehr zu sondern beim ersten Impuls mache ich lieber ein Ritual. Puh, das ist das erste Mal dass ich so ausführlich über etwas berichte. Es ist schwierig zu erklären. Früher war es ungefähr so: ich denke jemand stirbt deshalb schreie ich nein. Heute ist es so, dass ich manchmal "schneller" als die Gedanken bin und dann schon ein Ritual mache damit es erst gar nicht so weit kommt? Sorry, wenn das verwirrend klingt.
Am Schlimmsten ist es aber alles für meinen Mann und meine Familie. Aufgrund von Verlustangst und eines Traumas (Mutter verstorben als ich 10 war, Vater kurz vorher verlassen und kein Interesse an mir) versuche ich alles und jeden zu kontrollieren. Sowohl meinen Mann als auch meine kranken aber dennoch fähigen Großeltern. Z.B. haben sich alle die Hände gewaschen, auch lang genug? Auch dies und das und jenes. Einfach nur um sie zu schützen. Sowohl meinen Großeltern als auch meinen Mann geht das - berechtigterweise - auf den Zeiger. Mein Mann ist nur noch genervt und hält das nicht mehr aus. Meine Großeltern fühlen sich entmündigt, obwohl wir sonst ein super Verhältnis haben. Das tut mir sehr leid, vor allem weil ich es selbst meist nicht merke wie ich auf mein Umfeld wirke.
So, es tat gut das mal loszuwerden. Gibt es hier jemand, der meine oben genannten Probleme kennt? Habt ihr Erfahrungen oder Einschätzungen, ob so eine Geschichte ambulant gut behandelbar ist oder ob man tatsächlich stationär gehen sollte? Hab irgendwie ein bisschen Angst, dass ich in einer Klinik auftauche und dann nach dem Motto heißt "Na so schlimm sind sie ja nicht dran. da hätten sie ja auch ambulant hinbekommen". Ich bin ja wirklich nicht scharf auf so einen Aufenthalt, vor allem weil ich nebenbei auch noch Pflegeperson bin. Aber ich habe Angst, irgendwann meinen Mann zu verlieren und mein Umfeld zu verprellen.
Danke fürs Zuhören.
Herzliche Grüße
Namenlos
ich bin neu hier. Ehrlich gesagt versuche ich gerade meine Gedanken zu ordnen. Ich bin mittlerweile fast 30 Jahre und habe rückwirkend betrachtet Zwänge schon seit 10 Jahren. Seit ungefähr einem Jahr mache ich eine Therapie. Mit mehr oder weniger Erfolg.
Über die Jahre hatte ich mit unterschiedlichen Gedanken und Handlungen zu kämpfen. Alles fing an mit einem Bakterien-Tick. Musste meine Hände immer "ausschütteln" und dazu einen bestimmten Satz sagen. Da war ich 16 und es fanden alle lustig. Im Nachhinein war das wohl der Beginn. Über die Jahre hatte ich immer unterschiedliche Anwandlungen.
>> Oft die Angst, dass jemand etwas Schlimmes passiert wenn ich bestimmte Dinge nicht oder falsch tue. Hat dazu geführt dass ich immer etwas laut
dagegen gesagt habe (wenn ich alleine war).
>> Die Angst jemanden überfahren zu haben, obwohl ich wusste dass es nicht sein kann.
>> Mittlerweile habe ich vor allem Gedanken oder besser gesagt Impulse, in denen mir immer Schimpfwörter in den Kopf kommen. Oft gegen Gott und das obwohl ich ein religiöser Mensch bin. Und das sehr gerne. Weil ich das nicht denken will kämpfe ich dagegen an und um so schlimmer wird es. Die Folge ist das ich sehr viel bete, aber nicht so wie ich es eigentlich möchte. Mehr immer und immer wieder das selbe um meine Gedanken zu erklären. Ich bin mir sicher, dass Gott das versteht und ich das nicht tun müsste aber ich kann einfach nicht auf hören. Oder ich habe Angst jemand zu "verfluchen". Ich würde es als Tourette im Kopf bezeichnen. Kennt das noch jemand?
>> Angst vor Krankheiten/Viren/Bakterien: Ich habe keinen Waschzwang in dem Sinne, dass ich den ganzen Tag putze und mir die Hände wasche. Aber ich habe (natürlich gerade jetzt zu Corona-Zeiten noch mehr) echt Probleme mit der Angst "kontaminiert" zu werden. Ich würde am liebsten sofort alle Klamotten in die Wäsche werfen wenn ich von draußen nach Hause komme. Für mich verschwimmen hier die Grenzen zwischen normal und krank. Und das führt mich zu meiner Frage:
Was mache ich nur? Meine Therapeutin hat mir kurz vor Corona schon mal einen stationären Aufenhalt empfohlen. Mittlerweile habe ich mich sogar schon damit abgefunden. Allerdings bin ich mir dann doch wieder nicht sicher, ob ich das brauche. Denn ich bin kein Zwängler, der 10 Stunden am Tag mit seinem Zwang verbringt. Zum Beispiel habe ich wie oben beschrieben echt ne Macke was Viren angeht, aber bin dennoch nicht jeden Tag am putzen oder Ähnliches. Ich verbringe auch sonst keine 10 Stunden am Tag mit meinen Zwängen, sondern gehe ganz normal meiner Arbeit nach. Dennoch verspüre ich einen Leidensdruck. Ich kann z.B. keinen Abend in Ruhe auf der Couch sitzen, ohne dass ich vorher mehrere "Rituale" gemacht habe (Nein-Schreien gegen meine Beschimpfungen, bis 5 zählen, eine 11 auf die Couch malen und so weiter). Die Rituale haben sich gefühlt schon etwas verselbstständigt. Heißt also, manchmal lasse ich gar keinen Gedanken mehr zu sondern beim ersten Impuls mache ich lieber ein Ritual. Puh, das ist das erste Mal dass ich so ausführlich über etwas berichte. Es ist schwierig zu erklären. Früher war es ungefähr so: ich denke jemand stirbt deshalb schreie ich nein. Heute ist es so, dass ich manchmal "schneller" als die Gedanken bin und dann schon ein Ritual mache damit es erst gar nicht so weit kommt? Sorry, wenn das verwirrend klingt.
Am Schlimmsten ist es aber alles für meinen Mann und meine Familie. Aufgrund von Verlustangst und eines Traumas (Mutter verstorben als ich 10 war, Vater kurz vorher verlassen und kein Interesse an mir) versuche ich alles und jeden zu kontrollieren. Sowohl meinen Mann als auch meine kranken aber dennoch fähigen Großeltern. Z.B. haben sich alle die Hände gewaschen, auch lang genug? Auch dies und das und jenes. Einfach nur um sie zu schützen. Sowohl meinen Großeltern als auch meinen Mann geht das - berechtigterweise - auf den Zeiger. Mein Mann ist nur noch genervt und hält das nicht mehr aus. Meine Großeltern fühlen sich entmündigt, obwohl wir sonst ein super Verhältnis haben. Das tut mir sehr leid, vor allem weil ich es selbst meist nicht merke wie ich auf mein Umfeld wirke.
So, es tat gut das mal loszuwerden. Gibt es hier jemand, der meine oben genannten Probleme kennt? Habt ihr Erfahrungen oder Einschätzungen, ob so eine Geschichte ambulant gut behandelbar ist oder ob man tatsächlich stationär gehen sollte? Hab irgendwie ein bisschen Angst, dass ich in einer Klinik auftauche und dann nach dem Motto heißt "Na so schlimm sind sie ja nicht dran. da hätten sie ja auch ambulant hinbekommen". Ich bin ja wirklich nicht scharf auf so einen Aufenthalt, vor allem weil ich nebenbei auch noch Pflegeperson bin. Aber ich habe Angst, irgendwann meinen Mann zu verlieren und mein Umfeld zu verprellen.
Danke fürs Zuhören.
Herzliche Grüße
Namenlos