Ich habe mir das Interview durchgelesen.
Bei "Entgiftung" und "elektromagnetischer Strahlung" wäre ich jetzt aber fast ausgestiegen. Meine Psychiaterin ist gleichzeitig Homöopathin, ehrlich gesagt stell ich auch deren Kompetenz extrem in Frage.
Ich kenne ja das Buch nicht, aber ihre Gründe im Interview sind ja nicht, dass Psychopharmaka NICHT wirken, sondern dass es besser wäre der Ursache auf den Grund zu gehen. Dabei schlägt sie meiner Meinung nach einfache Lösungen für komplexe Probleme vor. Das ist natürlich immer super verdaulich und glaubt man gerne.
Aufgrung meiner eigenen Geschichte, kann ich nur sagen, das ist das Henne-Ei-Problem. Bewirken psychische Belastungen chemische Reaktionen im Körper die zu Mangeln etc. führen oder ist es umgedreht oder bewirkt es sich gegenseitig wechselhaft.
Das Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Schilddrüsenfehlfunktionen und Nährstoffmängel zu Depressionen führen können ist keine neue Erkenntnis. Wie gesagt, jeder gute Arzt und Psychiater wird all diese Dinge vorher abchecken (zumindest in Deutschland?!). Wobei hier Lebensmittelunverträglichkeiten eher nicht abgecheckt werden, das kann man aber durchaus selber machen lassen.
Zum Thema Ernährungsumstellung und Depressionen: Ja, da habe ich auch schon Dokus gesehen und da wird gerade viel geforscht. Denn bei Depressiven sind wohl die Entzündungswerte höher als bei anderen. Eine Ernährungsumstellung kann bei manchen scheinbar helfen eine Depression abzumildern, zaubern sie aber nicht weg.
Darüber, dass psychische Erkrankungen nicht genetisch bedingt sind habe ich auch schon gelesen. Allerdings hieß es da, dass nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nur nachgewiesen werden kann, dass sich bestimmte Sachen in Familien häufen und deswegen genetisch bedingt sind, aber man weiß nicht genau welche Gene dafür zuständig sind. Man kann diese Gene aber auch wieder "ausschalten" nämlich durch umlernen. Das wiederum bedeutet, dass man der Genetik nicht einfach ausgeliefert ist und die Kette unterbrechen kann. Da ist die Forschung aber noch nicht besonders weit. Ich kann das nicht so gut erklären, hat aber was mit Epigenetik zu tun und das kann man auch gerne selber googlen. Soweit ich das verstanden habe, werden bestimmte genetische Faktoren vererbt die durch Traumata entstanden sein könnten und die dann bei weiteren Generationen durch andere Auslöser zu einem "Fehlverhalten" führen können, also im Grund genommen eine Anpassungsstörung hervorrufen können aber unter guten Umständen passiert das eben nicht.
Seit sich meine Zwänge mit etwa 20 verschlechtert haben und ich damals auch eine Angsstörung/Panikattacken hatte, habe ich immer wieder phasenweise Magen-Darm-Probleme und auch davor hatte ich schon diverse andere gesundheitliche Probleme. Ich habe in den letzten 15 Jahren so viele verschiedene Ärzte besucht und wurde auf die verschiedensten Sachen geprüft. Dabei wurde ich auf Glutenunverträglichkeit, Allergien, alle Möglichen Werte, Fructose- Lactoseintoleranz getestet, ich wurde auf Diabetes getestet und es kam dabei raus, dass ich nichts habe. Was bei mir noch nicht getestet wurde ist eine Histaminintoleranz. Dieses ganze Testen und zum Arztgerenne hat dazu geführt dass ich mich extrem in die Beschwerden reingesteigert habe und davon allein gestresst war.
Ich habe mich in meinem Leben über längere Phasen glutenfrei, zuckerfrei, vegan, vegetarisch, Paleo etc. ernährt. Ich machte Yoga, Meditation, Sport, achte auf Schlaf und achte darauf mich nicht zu sehr zu stressen. Ich gehe an die Sonne, ich habe enge und gute soziale Kontakte. Ich habe soviele Selbsthilfe- und Gesundheitsbücher gelesen, dass ich platze. Habe ich damit die Zwangserkrankung beiseite gelegt? Nein.
Deswegen glaube ich persönlich nicht daran, dass bei jedem mit psychsicher Erkrankung allein eine organische Ursache im Hintergrund steht. Mir erscheinen psychische Erkrankungen viel zu komplex als dass sie einen einfachen Auslöser haben, vielmehr ist es eine Anhäufung von verschiedenen Dingen. Was ich nämlich durch mein ganzes Herumexperimentieren sagen kann, ist, dass bei mir eine Ernähung mit wenig Gluten (weil vermutlich glutensensitiv), Sport, Yoga, Schlaf und weniger Stress zu meinem Wohlbefinden (auch körperlich) beitragen und dafür sorgen dass ich ausgeglichener bin, was auch eine Auswirkung auf meine psychischen Probleme hat. Ist aber nicht so dass ich das durch mehr Sport und mehr Schlaf ins unermessliche steigern könnte. Im umgedrehten hilft mir übrigens Kaffee und Süßes auch damit fertig zu werden
(hab ich aber auch schon komplett drauf verzichtet).
Das heißt diese ganzen Ansätze halte ich für durchaus sinnvoll zu überdenken bzw testen zu lassen und selber auszuprobieren aber nicht für die Lösung des Problems.
Vor allem bei Stress ist es ja so, jeder geht mit Stress unterschiedlich um und das hängt vor allem auch damit zusammen, wie man es gelernt hat oder besser wie man es nicht gelernt hat und eben was man so im Leben erlebt hat. Und vielleicht liegt es eben auch an der Genetik und am Charakter. Das heißt um ein Umlernen kommt man hier gar nicht herum.
Und wenn die Medikamente dabei helfen, dann ist das ja eigentlich was positives. Mir scheint aber auch, zumindest lese ich das Interview so, als wolle sie eben auch verhindern, dass Leute einfach NUR Medikamente nehmen und sonst gar nichts machen. Das halte ich persönlich auch nicht für richtig.