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Sinnhaftigkeit von Klinikaufenthalt?

Verfasst: Do 24. Jun 2021, 12:43
von Lina
Hallo,

mir geht es im Moment sehr schlecht mit meinen Zwängen, sodass ich demnächst einen Klinikaufenthalt antrete.

Ich würde diesen gern als Hoffnung sehen, dass es bald besser wird. Leider plagen mich aber Zweifel, wieviel dieser überhaupt bringen kann.

Ich werde voraussichtlich 6-7 Wochen in dem ökumenischen Hainich Klinikum Mühlhausen verbringen. Mir wurde gesagt, dass das Programm einmal die Woche Einzelverhaltenstherapie beinhaltet, dann zweimal Gruppentherapie und ansonsten halt Entspannung, Ergo etc.

Ich finde die Aussicht auf nur einmal die Woche Einzeltherapie sehr ernüchternd. Denn das habe ich ja im Moment auch schon (ambulant). Das wären da ja nur 6-7 Sitzungen, zumal mit einer Therapeutin, die mich noch überhaupt nicht kennt. Außerdem findet kein Austausch zwischen meinem jetzigen Therapeuten und der Therapeutin des Klinikums statt. Ich müsste also in 6-7 Sitzungen von null anfangen. In meiner ambulanten Therapie haben wir noch nicht einmal genau herausgefunden, was der Sinn meiner Zwänge ist, sprich, ich habe noch keine Exposition gemacht.
Unter diesen Voraussetzungen habe ich Zweifel, was der Klinikaufenthalt mir eigentlich bringen soll. Hätte ich 2-3 Mal Therapie würde es mir leichter fallen, darin eine Hoffnung auf Besserung zu sehen.

Ich weiß, es gibt noch Gruppentherapie etc, aber macht das wirklich so einen großen Unterschied?

Ich würde mich sehr freuen, wenn hier jemand schonmal in einer Klinik war, und mir ein bisschen Hoffnung machen könnte.
Ich bin im Moment nämlich wirklich verzweifelt was meine psychische Gesundheit angeht und habe das Gefühl, dass es nie besser werden wird.

LG

Lina

Re: Sinnhaftigkeit von Klinikaufenthalt?

Verfasst: Do 24. Jun 2021, 15:48
von michael_m
Hallo Lina,

deine Zweifel kann ich gut nachvollziehen. Steh ich selber doch seit einigen Jahren vor ähnlichen Gedanken.
Ich hatte bisher zwei ambulante Verhaltenstherapien. Den Schritt in die Spezialklinik (bzw. ggf. auch Reha) habe ich bisher gescheut bzw. mich nicht überwinden können.

Auch ich habe Zweifel daran, ob man in der Klinik so viel mehr für sich mitnehmen kann. Einen Punkt, den ich aber schon sehe: Du bist während der Zeit aus deinem Alltag heraus und kannst somit auch u. a. zusätzlich wieder "Luft holen". Und vielleicht hilft das auch, dass man bei der Behandlung die entscheidenden Schritte vorwärtskommt.

Was ich über die SHG und Bekanntenkreis bzgl. Spezialklinik oder generell Reha als Rückmeldung bekommen habe, war im deutlich überwiegenden Teil positiv. Die meisten haben die Zeit nicht bereut und es hat sie weitergebracht.

LG, Michael

Re: Sinnhaftigkeit von Klinikaufenthalt?

Verfasst: Fr 25. Jun 2021, 20:50
von Tango
Hallo Lina,

Deine Bedenken kann ich gut verstehen.
Meinen ersten Klinikaufenthalt habe ich vor lauter Angst sehr lange hinausgezögert.
Im Nachhinein betrachtet war es eine sehr wertvolle Zeit, an die ich auch gerne zurückdenke.
Auch ich hatte im dreimonatigen stationären Klinikaufenthalt (als Kassenpatient) pro Woche nur eine Einzeltherapie.
Privatpatienten hatten wöchentlich immerhin zwei Einzeltherapien.
Grundsätzlich stimme ich Dir zu, dass es in Relation zur Gesamtaufenthaltsdauer nicht viel Zeit ist, die einem zur Verfügung stehen.
Man kann sich dennoch gezielt ganz gut darauf vorbereiten und dann sollte es klappen.
Ich würde mir nicht allzu viele Sorgen machen. Insbesondere die Gruppentherapien (z.B. Zwangsbewältigungstherapie) sind durchaus sehr lehr- und hilfreich.
Und nicht zu vergessen: der Erfahrungsaustausch mit den Patienten in der Klinik. Die zahlreichen Freiräume zwischen den Veranstaltungen sollte man dafür nutzen. Ebenso für Expos, die man mit der Zeit auch alleine durchführen kann.

Gruß
Tango