Wenn es ganz schlimm wird mit den Zwangsgedanken :(

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fabian123
Beiträge: 137
Registriert: So 20. Okt 2019, 14:06

Wenn es ganz schlimm wird mit den Zwangsgedanken :(

Beitrag von fabian123 »

Hi,
Es tut mir echt Leid das sich hier aktuell so viele Beiträge verfasse. Wobei dafür ist der Ort hier ja auch da, oder?. :D
Ich habe erste kommende Woche meinen Therapie und einen Psychiater Termin. Aber ich bin ich froh, dass ich weniger als ein Quartal auf die Termine warten musste.
Aber es ist gerade bei mir echt schlimm mit den Zwangsgedanken. Wie erwähnt: Ich kontrolliere so gut wie nichts. Ich versuche nicht nachzugeben. Aber die Panik, Angst und Zwangsgedanken werden immer immenser und fieser bei mir gerade. Mittlerweile macht mein Gehirn aus fast allem ein schrägen Zwangsgedanken-Film. Ich geh joggen und mache Sport, arbeite viel, koche, ich treffe mich mit Freunden, geh mal ein Bier trinken usw. Ich mach alles was ich machen möchte, aber die ganze Zeit ist dieses fiese Hintergrund Rauschen in Form von Zwangsgedanken da. Vielleicht ist es auch ein großes letztes Aufbäumen in mir, bevor ich an all die Traurigkeit, Einsamkeit und Angst in mir dran komme. Ich habe wie gesagt sehr deutlich meine Kindheit und Jugend mittlerweile rekonstruieren können. Ich kann mich stellenweise auch wieder langsam an Dinge langsam erinnern, furchtbare Dinge, welche ich alle in mir über Jahrzehnte weg gepackt habe. Da ist soviel Leid, Angst und Unsicherheit. Um so mehr ich eigentlich das endlich mal anpacken will, und auch mir eingestehen möchte das es ok ist traurig sein zu dürfen, um so krasser werden irgendwie die Zwangsimpulse aktuell bei mir. Also so fühlt es sich an.

Aber darf ich fragen was eure Strategien oder Methoden sind, wenn ihr den Zwangshandlungen Paroli bietet, aber die Zwangsgedanken immer fieser werden? Ich versuche es jetzt gleich mit hoch komplexen Wissenschaftsbücher in einer Kneipe bei einem Getränk: Also Gehirn anstrengen, unter Leuten gehen und von äußeren Einflüssen umgeben sein, welche ich nicht beeinflussen kann.

Ich wünsche euch alles Gute.
Fabian
downtherabbithole
Beiträge: 206
Registriert: Sa 7. Nov 2020, 21:10

Re: Wenn es ganz schlimm wird mit den Zwangsgedanken :(

Beitrag von downtherabbithole »

Hallo Fabian,

was machst du denn im Kopf mit deinen Zwangsgedanken? Von dem was du erzählst frage ich mich, ob du deine Zwangshandlungen einfach physisch nicht ausübst, also einfach übergehst aber dann eben die Zwangshandlungen im Kopf ausübst, also ob sich das ganze bei dir gerade verschiebt? Inwiefern machst du eine weiterführende Exposition wenn du die Handlungen unterlässt?
Ich frage, weil wenn ich versuche eine Zwangshandlung zu unterlassen, kommen bei mir ja starke Emotionen hoch (Angst, Ekel überwiegend, dann geht die Übung so, dass ich die Emotionen zulasse und eine normale Handlung ausführe oder eben einfach nur dastehe. Manchmal wandeln sich Angst und Ekel dann in Wut oder Trauer um und ich fange an zu weinen und weine dann ein paar Minuten oder stampfe mit dem Fuß auf dem Boden rum und schimpfe vor mich hin (manchmal beschimpfe ich auch den Zwang). Gleichzeitig funktioniert eine Expo ja auch so, dass mann in sich hineinspürt, wo diese Emotionen sitzen (Hals, Bauch etc) und sich darauf konzentiert. Die Anspannung fällt irgendwann ab, vorher schießt sie aber mehrfach hoch und runter, je nachdem. Danach bin ich dann erschöpft, aber das weswegen ich die Handlung durchführte löst nicht mehr so eine Angst aus und die Gedanken verflüchtigen sich, bzw hören ganz auf (in dieser Situation zumindest). Je öfter ich das in einer Situation mache, desto leichter verfliegen die Gedanken und desto einfacher kann ich diese spezielle Situation ausüben ohne Zwangshandlung. Ich stehe aber sehr am Anfang von der Ganzen Geschichte und übe zu wenig, deswegen kann man sich das jetzt nicht so vorstellen, dass alles easy läuft und ich weiß auch nicht was passiert wenn ich ganz viele expos hintereinander mache.

Ich weiß nicht genau wie bei anderen Expositionsübungen ablaufen, aber ich habe es so verstanden, dass sie in etwa so laufen (oder ähnlich) und das dient dazu dass man lernt, dass alle Emotionen die da so auf einen zukommen (vor denen man ja Angst hat) aushaltbar sind und man davon nicht Zugrunde geht.

Meine Interpretation von diesem Emotionen hochkommen ist, dass das die fehlgeleiteten Emotionen sind, die ich als Kind unterdrücken musste, die jetzt eben woanders dran haften und die dann natürlich auch noch antraniert sind. Deswegen denke ich in solchen Momenten auch: Aha das sind jetzt die Wut und die Trauer die in mir stecken und die eben raus wollen, aber durch die Zwangshandlungen unterdrücke ich sie ständig. Ich gehe jetzt durch die Wut und durch die Trauer, ich pack das.
Wenn ich gute Tage habe funktioniert das besser und ich habe auch den Eindruck es hat was mit der Einstellung zu tun: Also ich muss wollen dass es mir gleich scheiße geht und das ok finden.

Keine Ahnung ob dir das was hilft, aber ich wollte dir schon ein paarmal damit antworten, hatte aber nicht die richtigen Worte gefunden und es wieder gelöscht.
Birgit
Beiträge: 56
Registriert: Di 5. Okt 2021, 19:17

Re: Wenn es ganz schlimm wird mit den Zwangsgedanken :(

Beitrag von Birgit »

Hey downtherabbithole,

sehr gut erklärt.
Genauso sollte eine Expo meiner Meinung nach ablaufen.

LG
downtherabbithole
Beiträge: 206
Registriert: Sa 7. Nov 2020, 21:10

Re: Wenn es ganz schlimm wird mit den Zwangsgedanken :(

Beitrag von downtherabbithole »

Hallo,

ich habe gerade durch Zufall auf youtube ein Video vom MRD gefunden, indem sehr gut gezeigt wird, wie eine Expo abläuft, und bei der auch Beispiele von mentalen Beruhigungsstrategien vorkommen:

https://www.youtube.com/watch?v=NIksHisCGsk
fabian123
Beiträge: 137
Registriert: So 20. Okt 2019, 14:06

Re: Wenn es ganz schlimm wird mit den Zwangsgedanken :(

Beitrag von fabian123 »

Hey,
Vielen dank für eure Antworten. Das hilft mir im Moment wirklich sehr mich hier mit euch auszutauschen.
Danke auch für den Link zu dem Video. Ich muss als erstes sagen, dass ich es echt extrem mutig finde, dass die Junge Frau im Video, sich von einem Kamera Team in so einer Situation begleiten läßt. Echt, ich find das echt mutig. Mich hat der TV-Beitrag auf vielen Ebenen auch sehr berührt. Auch hätte ich sehr vieles aus dem Video, in einer ähnlichen Situation vermutlich genau so gesagt und getan. Ich kann die Angst, einen Stapel Papier nicht weg werfen zu können, welcher seit Monaten irgendwo nur rum liegt zu hundert Prozent nachvollziehen. Auch die Argumentations-Ketten wie: „vielleicht ist da was wichtiges dabei“, mach ich auch immer so. Danke noch mal für die Link.

Als ich die Antworten hier gerade laß, merkte ich auch, wie gerne ich eigentlich meine Gefühle gerne beschreiben und zulassen würde, aber ich kann es einfach nicht wirklich. Geweint habe ich nur ganz selten in den letzten Jahren. Ein paar mal hatte ich Moment wo es einfach aus mir raus kam, ich weinte sehr lange, dass hat gut getan. Aber das passiert denke ich bei mir zu selten. Ich kontrolliere nicht nur Dinge, sondern ganz stark auch mich selbst.

Jetzt wo ich diesen Beitrag schreibe, ich versuche über meine Gefühle was zu sagen, habe ich nicht nur nervösen Husten bekommen, sondern ich sitze seit ungefähr 60 Minuten hier und unterbreche andauernd mit Zwangshandlungen: ich habe bereits bei meinem Smartphone mehrmals geschaut ob die neueste Version installiert ist, ob ich mein Schlüssel und Portmonee gestern nicht verloren habe und sie an der richtigen Stelle liegen, und habe ca. 10 mal die Passwörter meines E-Mail Postfachs aktualisiert! Es war der Zwanghafte Versuche ein noch „sichereres“ Passwort zu generieren. =(
Ich suche Sicherheit in diesen Handlungen, welche ich über mein Gefühl nicht erhalte. Ich denke, so ist das bei mir.
Ich erkenne ja selbst, dass sobald ich an meine Gefühle ran will, ich direkt mit Zwangshandlungen/Zwangsgedanken reagiere. Meine Zwangshandlungen/Zwangsgedanken und Gedanken riegeln meine Gefühle wie Trauer und Wut scheinbar voll ab. Das ist auch nicht verwunderlich bei meiner persönlichen Geschichte (Kindheit, Jugend etc.).

Ich merke aber gerade, dass ich meine Zwangshandlungen nicht mehr zurückhalten kann, wenn ich versuche wirklich an meine Gefühle etwas ran zu kommen.
downtherabbithole hat geschrieben: Do 27. Okt 2022, 19:41 Von dem was du erzählst frage ich mich, ob du deine Zwangshandlungen einfach physisch nicht ausübst, also einfach übergehst aber dann eben die Zwangshandlungen im Kopf ausübst, also ob sich das ganze bei dir gerade verschiebt? Inwiefern machst du eine weiterführende Exposition wenn du die Handlungen unterlässt?
Ja das kann schon sein, dass ich aus der physischen Kontrolle das ganze dann komplett in Gedanken transformiere. Die Sache ist, ich hatte nie ein spezifisches Thema welches in kontrollieren musste. Manchmal fragte ich mich ob der Herd z.B. aus war, manchmal war es die Tür, das E-Mail Passwort, die Autotür und so weiter. Die Dinge welche ich in der physischen Welt auf vermeintliche Sicherheit kontrolliere können jederzeit wechseln. So kann alles zum Auslöser werden. Tue ich es nicht, drängen sich Angst Szenarien auf, welche dann andere "Katastrophen" in mir auslösen. Ja, vielleicht schiebt sich es Einfach von einer auf die andere Seite, aber es bleibt ein Zwang.

Ich bin einfach total erschöpft gerade. Ich würde aber diese Erschöpfung gerne auch raus lassen können um erschöpft sein dürfen, genauso wie die Wut und die Trauer.
Ich habe mich schon damit abgefunden das die kommenden Tage sicher nicht besser werden.

Irgendwie habe ich aber doch die Hoffnung, dass ich auf einem guten Weg bin. Auch wenn ich wirklich auch nur in ganz kleinen Schritten mir, und meinen Trauma, Ängsten und Leiden auf einer guten art und weise entgegen komme, bedeutet das vielleicht, das ich irgendwann diese Zwangshandlungen und Gedanken nicht mehr brauche, um all das Chaos, Leid und Einsamkeit in mir verarbeiten zu können. Es gibt ja auch mittlerweile viele gute Phasen, dass vergisst man ja leider oft, gerade wenn es einem schlecht geht.

Danke für eure Hilfe auch.
Ich wünsche euch von ganzem Herzen alles Gute.
Fabian
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