Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

KaKop
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Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

Beitrag von KaKop »

Falls noch nicht bekannt … leider nur auf Englisch
https://drmichaeljgreenberg.com/ruminat ... -its-head/
Mit Google translate ins Deutsche übersetzbar.

Bin durch Zufall drauf gestoßen. War gerade dabei, ein Selbsthilfebuch auf Basis von ACT für Zwänge durchzuarbeiten.
Dr. Greenberg ist kein Freund von Mindfulness im Bereich Zwänge. Seine Argumentation hat mich überzeugt.
Also das ACT Buch wieder ad ACTa gelegt.
Sein Ansatz ist nicht kompliziert oder komplex, was nicht heißt, dass er für einen Zängler damit leicht ist. Nur eben nicht viele Werkzeuge, Methoden etc.. Genau das was mich an vielen Selbsthilfebüchern gestört hat. Konkrete therapeutische Hilfe bei Zwängen hatte ich noch nicht, weshalb ich da keinen Vergleich habe.
Ich versuche mal seine Kerngedanken wiederzugeben. Grübeln ist für ihn schon der Problemlösungsmodus, das sich mentale Einlassen auf den Zwang, das man sich nicht tun soll.
Eine Obsession läßt sich beim Auftauchen im Bewusstsein nicht unterdrücken. Der gedankliche Prozess, dieser Obsession jedoch Aufmerksamkeit entgegenzubringen allerdings schon. Und hier gilt es anzusetzen, d.h. eben keine Aufmerksamkeit jedweder Art (auch mit Mindfulness) aufbringen. Damit versucht man nicht, die Obsession aus dem Bewusstsein zu drängen, “nur” eben keine Beachtung zu schenken. Das ist hart - keine Frage, aber eben der zu gehende Weg.
Seine Konfrontation sieht auch anders aus, keine Habituation, d.h. die Angst aushalten. Die Angst (nicht die Furcht) ist für ihn eben ein Ergebnis des gedanklichen Prozesses, d.h. der Zuwendung zur Obsession, des Grübelns, auf das man sich ja gar nicht einlassen soll und es auch verhindern kann. Damit ist die Erzeugung von Angst bzw. das Aushalten selbiger im Rahmen der Exposition gar nicht erwünscht. Es gibt noch einen psyoanalytischen Teil, der hier für mich jedoch den Rahmen sprengen würde.
Ich hoffe, es ansatzweise richtig widergegeben zu haben.
Noch wichtig : Er schreibt, dass sein Ansatz noch experimentell und nicht klinisch getestet ist.
Wie gesagt, ich fands überzeugend, sodass ich diesen mal als Selbsthilfe versuche.

kakop
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SHG
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Re: Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

Beitrag von SHG »

Ich meine auch, dass man das schon bedenken sollte, dass auch die Arbeit gegen ihn den Zwang mit Aufmerksamkeit nähren kann. Da sollte man aber schon auch darauf achten, dass man diese “Gefahr“ nicht als Vorwand nimmt, sich nicht mit auch zunächst nicht so angenehmen Gefühlen oder übertriebenen Ängsten auseinander zu setzen.
Auch Achtsamkeit kann man obsessiv betreiben, glaub ich auch. Allerdings wenn ich zu Zwängen neige, schaue ich eher darauf nicht eine einzige Form von Achtsamkeitsübung strikt einzuhalten und mich nicht immer nur auf eines zu fokussieren. Bei Achtsamkeitsübungen gegen Zwänge würde ich dann eher das Aufmerksamkeitsspektrum ausweiten - mich nicht nur auf die eines / eine Gefahr konzentrieren oder darauf dieses Gefühl der Angst wegzubekommen oder der Erleichterung zu erhalten sondern mehr auf das was sonst noch in und um einen passiert zu schauen/hören/spüren oder fühlen. Nicht an einem hängen bleiben, sondern darauf achten weiter zu machen. Ich möchte nicht dem Zwangsinhalt überhaupt keine oder die absolute Aufmerksamkeit überlassen, sondern mich tendenziell weniger damit beschäftigen, aber es darf dann schon auch wieder mal sein - darf sein, muss aber nicht unbedingt immer sein.

Für mich darf’s von allem bisschen was sein. Mal achtsamer, mal etwas unaufmerksamer - Achtsamkeit ist nicht die Lösung für alles, aber sich in Maßen damit zu beschäftigen schadet nicht.

Ich hab das von Greenberg nicht gelesen und kenne es auch nicht, aber in deiner Beschreibung geht es vor allem darum, was man nicht tut (keine Achtsamkeit, keine klassische Konfrontation / Habituation)
Irgendwie verstehe ich es nicht. Wenn ich einen Zwang habe, dass mache ich „automatisch“ (vereinfacht ausgedrückt- ist nicht so es ist meist auch Zweifel und Entscheidung dabei) etwas übertrieben - sagen wir Kontrollieren / Waschen / Grübeln. Wenn ich jetzt nichts dagegen tue, sondern dem möglichst keine Bedeutung gebe und das wäre ok für mich, dann hätte ich ja keinen Zwang. Klar kann ich mich auch bewusst ablenken oder mich mal auf anderen bewusst konzentrieren oder mich mit anderem beschäftigen, aber es drängt mich halt dazu dem Zwang nachzugeben.
Ist es nicht einfacher was dagegen zu tun, als alles mögliche nicht zu tun?
Tja, vielleicht meint er das damit, dass wir eher glauben, etwas dagegen tun zu müssen, als es mal gut werden zu lassen.
Ich lasse es jetzt gut sein

Irgendwie fallen mir da schon auch bestimmte Corona-Maßnahmen-Gegner dazu ein, die auch recht gegen was waren und damit aber dem ganzen viel mehr Bedeutung gaben, als andere. So im Sinne mindfullness ist gerade ein großes Thema und meine These ist jetzt auch recht bedeutend, weil ich dagegen bin.
TeeCoffee
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Re: Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

Beitrag von TeeCoffee »

Hallo KaKop,

interessant, der Artikel, habs gerade gelesen.
Aber ich verstehs nicht ganz:
1) Ich habe mich auch schon manchmal gefragt, wieso man sich bei Konfrontationen (z.b. mit Verschmutzungsängsten) dann waehrenddessen unter Therapeutenanleitung eine möglichst schlimme Story ausmalen soll mit der maximalen Katastrophe. Natuerlich fördert man Angsttoleranz, aber i.d.R. geht es doch darum dass der ZWangskranke übertrieben schlimme Gefahrensignale im Kopf hat, die unrealistisch sind --- also Stimme ich ihm hier zu und verstehe das klassische Vorgehen nicht voellig.
2) Allerdings: wenn ich alles moegliche Anfassen muesste , was mir Angst macht (aber dennoch ungefährlich ist), dann wuerde mir durch den Kotrollverlust die Angst auch recht hoch gehen. Also dieses "vermeiden Sie gruebeln und tracking und dann ist auch keine Angst mehr da" finde ich auch nicht so ganz richtig (da bin ich eher beim klassischen und verstehe seinen Ansatz nicht komplett.
Fakt ist aber, dass oft das herumgruebeln bei ungeplanten Expositionen die ANgst erst noch richtig hoch gehen laesst, je mehr man versucht es durch denken zu lösen.
3) So oder so: Exposition muss sein, und sie wird nicht ohne Angst ablaufen.
3) Ich denke halt dass Achtsamkeit, Schema, ACT usw sind zusätzliche Rahmen, die das ganze noch einbetten und vielleicht den Zugang erleichtern oder Hilfsmittel sein können, aber auch da bleibt im Kernstück das Expo übrig. Mir kommt es auch so vor, dass man bei mindfulness und ACT und andere "3. Welle Methoden " vermutlich fuer jede psych Erkrankungen jemanden finden kann, der behautpet es kann/soll nützen. Oft ist es dann an einer Uni ein Professor, dessen Lehrstuhl sich auf diese Methode fokussiert oder eine andere. Da kann man dann Bücher schreiben, Vorträge halten, Poster machen, Paper schreiben und schon hat man was "Neues" --- aber das ist nicht nur bei OCD so.
Cheers
KaKop
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Re: Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

Beitrag von KaKop »

Ich kann nicht sagen, ob Dr. Greenberg grundsätzlich etwas gegen ACT hat, oder nur im Kontext von Zwängen. Würde mich in der Tat auch interessieren.
Ich habe meine Meinung bzgl. ACT nicht grundsätzlich geändert. Für Depressionen denke ich, ist es wirklich gut. Aber für Zwänge, hmmm … . Ich versuch einfach mal den Ansatz von Greenberg. Habe soo viele Trigger, dass ich da auch mit Mindfulness überfordert wäre bzw. - überspitzt - fast den Tag damit beschäftigt wäre.

Kakop
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SHG
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Grübeln stoppen.. (too) easy

Beitrag von SHG »

Diesmal nur kurz: Ich war vorgestern schon etwas erschöpft und es gefällt mir nicht besonders, wie ich auf den Beitrag reagiert habe, nämlich wsl. ungerechtfertigt zu kritisch. Ich habe den verlinkten Greenberg-Artikel nun gelesen und nachdem mich das noch weiter interessiert hat gegoogelt, wie man denn das Grübeln besser sein lässt und da bin ich gleich auf einen weiteren Artikel auf derselben Homepage gekommen und ich finde das schon hilfreich - insbesondere da auch darauf eingegangen wird, dass es darum geht das Grübeln einfach und nicht mit Mühe aufzuhören (https://drmichaeljgreenberg.com/how-to-stop-ruminating/).
Also, danke sehr fürs Aufmerksam-machen auf diese Herangehensweise und gutes Gelingen dabei.

Ergänzung: Ich habe gestern Abend -schon etwas müde- das obige geschrieben. Jetzt ist ein neuer Morgen und ich habe mich noch etwas damit beschäftigt. Ich bleibe dennoch skeptisch gegenüber zu einfachen Lösungen. Grübeln ist für ihn eine Art Zwangshandlung -also etwas was man tut, nicht etwas was einem passiert (Anm. von mir: wie Zwangsgedanken) und somit kann man es (einfach) nicht tun. Damit bin ich soweit einigermaßen einverstanden. Dennoch geht das für mich in die Richtung: Die Lösung gegen Zwänge ist Exposition - also: Zwangshandlungen nicht mehr tun oder Vermiedenes wieder tun. Wenn ich absolut davon überzeugt bin, dass das richtig ist, kann ich das auch (relativ) einfach tun. Ich meine aber, dass wir (vielleicht zurecht) gar nicht so überzeugt davon sind, dass es gut ist von diesem Zwang abzulassen. Und nur weil es schon so extrem mühsam ist, verlasse ich mich (!) lieber dabei auf einen überzeugenden Anderen (wie Dr. Greenberg) - damit ist es noch nicht nachhaltig gelöst.

Sorry, dass es wieder länger wurde, aber die Lösung ist nicht so einfach, wie wir das vielleicht gerne hätten - es ist ja auch der Zwang eine relativ EINfache Lösung, die der Komplexität des schönen Lebens aber dann doch nicht gerecht wird.

Allerdings denke ich schon, dass der Ansatz von Greenberg ein Teil der Lösung für so manchen, wie auch mich, sein kann.

Ich bessere an dem Beitrag grad die ganze Zeit wieder herum bzw. ergänze - jetzt lass ich’s dann aber auch gut sein - ihr seht ich hab schon was gelernt: Just let it go - Greenberg: Don‘t try to solve that problem
ChristianOCD
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Re: Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

Beitrag von ChristianOCD »

Hallo KaKop,

was du beschreibst wird im wesentlichen auch in der Metakognitiven Therapie angewandt. Dort heißt es Losgelöste Achtsamkeit (Detached Mindfulness) und ist wesentlicher Bestandteil dieser Therapie.
MCT ist inzwischen gut in Studien untersucht. Ich mache gute Erfahrungen damit.
Zuletzt geändert von ChristianOCD am Do 20. Jul 2023, 22:05, insgesamt 1-mal geändert.
TeeCoffee
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Re: Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

Beitrag von TeeCoffee »

Hallo ChristianOCD,

kannst Du dazu einen link oder Buch/Veröffentlichung zeigen? Ich habe schon von Metakognitiver Therapie gehoert, aber mehr so in Richtung Denkverzerrungen. Mich würde interessieren, was es da in Hinblick auf Kakops Hinweis gibt....
ChristianOCD
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Re: Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

Beitrag von ChristianOCD »

Hi TeeCoffee,
"Sorgenlos und grübelfrei" von Korn und Rudolf ist ein gutes Buch. Bei dem Wunsch nach ambulanter Therapie unbedingt darauf achten, dass der Therapeut eine Ausbildung in MCT hat. Zu finden auf der Seite des MCT-Instituts.
ChristianOCD
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Re: Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

Beitrag von ChristianOCD »

Ich möchte meine Erfahrungen die ich bisher mit der Metakognitiven Therapiegemacht habe schildern.

Jetzt habe ich gerade die anderen Beiträge zu diesem Thread gelesen und musste ein wenig schmunzeln, weil ich mich selbst wiedererkannt kennt: Alles bis ins kleinste Auseinanderbauen, untersuchen, wieder zusammensetzen, Infragestellen und wieder von vorne. Ich glaube, dass ist bisschen typisch für Menschen mit Zwängen und Teil des Problems.

Im der Metakognitiven Therapie wird Grübeln, sich Sorgen, Gedankenunterdrückung, Gefahrenmonitoring und anderes als kognitives Aufmerksamkeitssyndrom bezeichnet. Die Aufmerksamkeit liegt in diesem Bereich, ursächlich und als Reaktion durch falsche Grundannahmen bezüglich des eigenen Denkens (Metakognitionen, das Denken über das eigene Denken).
Die Antwort zur Genesung auf das kognitive Aufmerksamkeitssyndrom ist die erwähnte Losgelöste Achtsamkeit. Es lohnt sich meiner Meinung nach, sich damit zu beschäftigen.

Beispielsweise hier
https://www.addisca.de/magazin/basics/l ... htsamkeit/


Der Clou und Herausforderung ist nun, Losgelöste Achtsamkeit nicht dafür zu verwenden, die Gedanken zu unterdrücken. Die dürfen sein, weil Gedanken sowieso kommen und gehen und Unterdrückung diese verstärken (denk mal nicht an einen rosa Elefanten...), sondern sie einfach zur Kenntnis zu nehmen und nichts mit ihnen zu tun. Wir haben also keinen Einfluss darauf, welche Gedanken kommen, aber wie wir uns auf diese beziehen.

An dieser Stelle rechne ich mit der Frage "aber da liegt doch mein Problem, woher weiß ich, dass es nur Gedanken sind?" Typisch Zwang halt!
In der Metakognitiven Therapie wird das mit Gedanken-Ereignis Fusion erklärt. Menschen mit Zwängen behandeln Gedanken (in ihrem jeweils inhaltlichen Bereichen) wie Realität. Die Ursache liegt in den erwähnten Metakognitionen, die in der Therapie hinterfragt und verändert werden.

Damit bin ich wieder bei meinem ersten Absatz. Wir suchen die Lösung für unsere Zwänge in der übermäßigen Beschäftigung mit ihnen und geben ihm damit alle Energie.
Die Antwort liegt in der Neuausrichtung der Aufmerksamkeit auf das, was im realen Leben stattfindet.
Ich gehe diesen Weg und ja, es ist eine Herausforderung.
KaKop
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Re: Weitere Behandlungsmethode - Rumination focused ERP

Beitrag von KaKop »

MCT hört sich interessant an. Leider kein Therapeut in meiner Nähe. @ChristianOCD - zahlt das die GKV, oder muss man das selber berappen?

Ich denke, eine nachhaltige Therapie bzw. die vermittelten Methoden dürfen nicht zu aufwändig sein. Hier scheint Detached Mindfulness - ähnlich zu Greenbergs Methode - in die richtige Richtung zu gehen.
Was nützt ein umfangreicher Methodenkoffer, der auf Dauer kaum anzuwenden ist. Idealziel: weniger und weniger mentale Energie dem Zwang zukommen zu lassen. Das sollte das Ziel der Therapieform sein.
Wie mehrfach geschrieben, mögen sich die Mittel Detached Mindfulness oder "keine analytische Aufmerksamkeit bzw. Grübeln dem Zwangsgedanken beimessen" simpel anhören - sind sie jedoch mitnichten. Das ist härteste Arbeit. Doch auch (hoffentlich) nicht unmöglich. Daher finde ich dies vielversprechend.


Kakop
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